Ein Typ zum Pferdestehlen
Neu ab 28.12.: Die Flügel der Menschen“von Aktan Arym Kubat – Einblicke in eine gar nicht so fremde Welt
Ein wertvolles Pferd wurde gestohlen; wieder einmal. Irgendjemand hat es darauf abgesehen, den Oligarchen im Distrikt ihre Statussymbole abspenstig zu machen. Karabay, der für seinen Hengst ein Vermögen zahlte, will sich das nicht bieten lassen. Er lässt den Kleinkriminellen Sadyr auf den Dieb los, irgendwann wird der schon in die Falle gehen.
Das wäre dann der Mann, den alle Zentaur nennen. Der lebt fast wie ein Nomade, hat eine junge Frau, Maripa, und einen kleinen Sohn, und er trifft sich mit der Witwe Sharapat, die einen Stand auf dem Markt führt. Schnell zerreißen die Leute sich das Maul und streuen Gerüchte aus. Maripa und Sharapat setzt das hart zu, doch Zentaur gibt sich gleichgültig. Er möchte einem weiteren Pferd die Freiheit schenken, der Rest ist zweitrangig.
Denn Zentaur erinnert sich an eine Zeit in den Weiten Kirgistans, da waren die Pferde den Menschen wie Brüder verbunden. Weil sie dabei unzertrennlich in Eintracht lebten, nannte man die Pferde die Flügel der Menschen. So sagt es ein alter Mythos und den hat Regisseur und Ko-Autor Aktan Arym Kubat, der auch die Hauptrolle Zentaur spielt, als Fundament seines neuen abendfüllenden Spielfilms ausgelegt. Wie schon zuvor in „Der Dieb des Lichts“(2010) kontrastiert Kubat den archaischen Mythos mit einer raffgierigen Gegenwart und lässt einen unerschrockenen Pragmatiker gegen die Merkantilisierung von Mensch und Natur aufbegehren.
Das kann man gern als modernen Desperado-Western begreifen; selbst die Kulissen können so und ähnlich einem Reservat in den nordwestlichen Bundesstaaten der USA gefunden werden. Kubat ist da durchaus Romantiker, allerdings romantisiert er nicht. Vom Jurtenkino deutscher Independent-Prägung der 90er Jahre ist er zum Glück weit entfernt.
Seine Notizen aus der Provinz der Gesetzeslosen zeigen einen Alltag, der Videoüberwachung ebenso kennt wie Flachbildschirme und Internet. Es gibt sogar Bettelprediger an der Haustür; nur sind diese hier in der islamischen Diaspora verortet. Die Flucht zurück auf dem Rücken eines Pferdes erscheint da unversehens als eine sehr vernünftige Idee.
KIR/NL/D/F/JAP 2017; Regie: Aktan Arym Kubat; Drehbuch: A.A.Kubat, E.Abdyjaparov; Kamera: Khassan Kydyraliv; Musik: Andre Matthias; Darsteller: Aktan Arym Kubat, Zarema Asanalieva, Taalaikan Abazova, Ilim Kalmuratov.
Zentaur (Aktan Arym Kubat) lebt mit seiner Familie in den Weiten Kirgistans.