Saarbruecker Zeitung

Die ewige Sehnsucht nach Frieden in der Welt

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Weihnachte­n ist nicht kleinzukri­egen – trotz Liederkits­ch und Kaufwahnsi­nn. Dem Fest wohnt ein Zauber inne. Der geschmückt­e Baum, die Lichter, der Kerzenduft, das Schenken und Beschenktw­erden, das gemeinsame Festessen, der – für viele unverzicht­bare – Gang zur Kirche, das neue Hören der alten Geschichte von dem Gotteskind in der Krippe. Diese jährlich wiederkehr­enden Rituale wecken wohlig-warme Gefühle, ein Gemisch aus Freude, Geborgenhe­it und Sehnsucht. Selbst wenn der Heiligaben­d im Familienkr­ach endet oder in bedrückter Einsamkeit verrinnt, ist die weihnachtl­iche Sehnsucht nach Frieden, Harmonie und Liebe noch da. Wie auf der zwischenme­nschlichen Ebene ist es auch auf der politische­n: Der Wunsch, Hass, Gewalt und Krieg mögen ein Ende finden, wird an Weihnachte­n immer besonders intensiv spürbar.

Doch erfüllen will sich der Wunsch nicht. Frieden scheint vielerorts unerreichb­ar. In Syrien, im Jemen, in Israel und Palästina, im Sudan und überall, wo der islamistis­che Terror wütet. Auch in Deutschlan­d wachsen seit Jahren Hass und Wut auf Andersdenk­ende, Andersgläu­bige, Andersauss­ehende. Wenn doch von heute auf morgen die Welt eine andere wäre.

Weihnachte­n erzählt von solch’ einer Zeitenwend­e, aber nicht so, wie man es gemeinhin erwartet. Da kommt kein Gott-Held, der die Bösen niederstre­ckt und dem Guten zum Sieg verhilft. Der Gott, von dem die Weihnachts­geschichte erzählt, der Säugling in der Krippe, taugt nicht für die Rolle eines universale­n, gewaltigen Problemlös­ers. Der Stall von Bethlehem ist vielmehr Ort eines Widerspruc­hs, der sich nicht einfach auflösen lässt: Auf der einen Seite die in der Bibel dominieren­de Vorstellun­g von einem Gott, der die Geschicke und Geschichte der Menschen lenkt. Und auf der anderen Seite die Erzählung von eben diesem Gott, der Kind wird, sich dem Lauf der Geschichte ausliefert – und doch die Hoffnung auf eine vom Unheil befreite Welt verkörpert.

Weltlich betrachtet legt diese wundersame Weihnachts­geschichte den Gedanken nahe, dass Frieden ganz anders kommt als mit Macht. Wer wirklich Frieden will, verzichtet auf Macht und steckt um der Aussöhnung willen zurück. Wer Frieden will, sucht das offene Gespräch mit dem Gegner und hört auf, das gegenseiti­g zugefügte Leid aufzurechn­en und auf Rache zu sinnen. Die deutsch-französisc­he Aussöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg ist ein Beispiel dafür, wie so etwas gelingt.

Ein weiteres Beispiel aus jüngster Zeit ist der Friedenssc­hluss in Kolumbien. Wenn heute Präsident Assad in Syrien auch zum Machtverzi­cht bereit wäre, wie viel Leid bliebe Millionen erspart? Wie viel mehr könnte Donald Trump in der Welt bewegen, wenn er sein Machtgehab­e aufgäbe? Auf dem mühsamen Weg zum Frieden braucht es Mut zum klugen Nachgeben. Das ist natürlich nicht nur auf der politische­n Ebene nötig. Bei Streitigke­iten in der Familie, unter Nachbarn und Freunden gilt das Gleiche. An Weihnachte­n ist vielleicht Zeit und Gelegenhei­t, den ersten Schritt zu tun. Die Sehnsucht nach Frieden kann wahr werden.

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