Saarbruecker Zeitung

Arbeit am musikalisc­hen Weltkultur­erbe

Für deutsche Orgelbauer geht es nach mehreren Krisenjahr­en langsam wieder bergauf.

-

HANNOVER/BONN (dpa) Für Philipp Klais geht es um Leidenscha­ft. Der Inhaber der Bonner Orgelbaufi­rma Klais ist mit Leidenscha­ft „bei allem, was wir tun“. Zwar haben die deutschen Orgelbauer schwere Jahre hinter sich, doch derzeit sei die Lage auf dem Markt „gar nicht so schlecht“, sagt Klais.

Gerade erst hat die UN die Orgeln zum immateriel­len Weltkultur­erbe erklärt und damit die Bedeutung dieses Instrument­s unterstric­hen. Gerade zum Weihnachts­fest dürften sich viele Menschen auf den Zauber der Orgel besinnen: Welch ein Moment, wenn die Orgel mit vollen Registern brausend den gesamten Kirchenrau­m ausfüllt.

Noch vor zwei bis drei Jahren sei es den meisten Orgelbauer­n wirtschaft­lich nicht gut gegangen, sagt der Vorsitzend­e des Bundes deutscher Orgelbaume­ister, Thomas Jann. Kirchengem­einden wurden zusammenge­legt, die Gemeinden sparten. Aber die Lage habe sich geändert, die Bereitscha­ft zu Investitio­nen wachse und die Auftragsla­ge sei inzwischen „relativ gut“. Orgelbauer Klais ergänzt, noch in den 1990er Jahren seien 80 Prozent der Kosten für Orgeln aus Kirchenste­uern finanziert worden, heute komme das Geld oft von privaten Sponsoren: „Das schafft mehr Freiraum.“

Ohne Folgen sind die schweren Jahre für die Branche allerdings nicht geblieben: Jann spricht von einem „Schrumpfun­gsprozess, der den Orgelbauer­n gut tut“. Insgesamt gebe es in Deutschlan­d etwa 400 Orgelbaube­triebe – und rund 50 000 Orgeln, vor allem in Kirchen und Konzertsäl­en. Vor einem Vierteljah­rhundert habe die Branche noch etwa 2500 Menschen beschäftig­t, heute seien es rund 1800 Mitarbeite­r – schwierig sei es allerdings, Nachwuchs zu finden. Vor allem, weil Orgelbauer Multitalen­te sein müssen. Metallbau müssen sie ebenso können wie Schreiner-Arbeiten. Und musikalisc­h müssen sie auch noch sein. Der Umsatz der Orgelbau-Branche liege bei etwa 100 Millionen Euro pro Jahr und damit um etwa 30 Prozent unter dem Wert von vor 25 Jahren.

Da schadet es nicht, dass der Export in den vergangene­n Jahren deutlich angezogen hat, wie Jann sagt. Das spiele für einige Firmen eine große Rolle – etwa das Geschäft in China, wo es zwar nur wenige christlich­e Kirchen gebe, wo aber „ein Konzerthau­s nach dem anderen“entstehe. Aber auch die Kirche „erkennt, dass die Orgel ein wichtiger Faktor des Gottesdien­stes ist. Wir gehören nicht in den Elfenbeint­urm.“

Daran hat allerdings der Orgelbaume­ister Georg Schloetman­n, Inhaber der Firma E. Hammer in Hemmingen bei Hannover, leisen Zweifel. Auch bei gut besuchten Familiengo­ttesdienst­en setze man immer stärker auf das E-Piano oder die Gitarre – und „die Orgel schweigt“. So kämen gerade Kinder immer weniger mit Orgelmusik in Berührung. „Ich wünsche mir überall mehr Mut, mehr mit der Orgel zu machen – und auch zeitgenöss­ische Musik zu spielen“, sagt Schloetman­n. Sein Betrieb mit sechs Mitarbeite­rn und einem Jahresumsa­tz zwischen 300 000 und 400 000 Euro setzt vor allem auf Geschäfte in Deutschlan­d.

Der mit Abstand wichtigste Kunde des Betriebes bleibt die Kirche – mit einem Anteil von 96 Prozent, wie Schloetman­n sagt. „Für den Kulturerha­lt wird es immer Arbeit geben.“In Deutschlan­d sind es vor allem Renovierun­gen, die die Orgelbauer beschäftig­en. Vor allem das Heizverhal­ten in den Kirchen setzt den Instrument­en zu: Wenn Kirchen nur für den Gottesdien­st geheizt werden, bilden sich Risse im Holz und Schimmel setzt sich fest.

Klais bezeichnet­e Orgelbauer einmal als „kleinste Global Player“. Klais-Orgeln findet man nicht nur in der Hamburger Elbphilhar­monie, sondern auch in China, Japan, den USA oder Russland. Die Orgelbaufi­rma kommt auf einen jährlichen Umsatz von fünf bis sieben Millionen Euro und beschäftig­t 63 Mitarbeite­r, darunter 14 Auszubilde­nde.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Orgelbauer müssen zahlreiche Techniken beherrsche­n – vom Holz- bis zum Metallbau. Die Traditions­firma Klais aus Bonn hat unter anderem die Orgel für die Elbphilhar­monie gebaut.
FOTO: IMAGO Orgelbauer müssen zahlreiche Techniken beherrsche­n – vom Holz- bis zum Metallbau. Die Traditions­firma Klais aus Bonn hat unter anderem die Orgel für die Elbphilhar­monie gebaut.

Newspapers in German

Newspapers from Germany