Saarbruecker Zeitung

Helmut Lotti kehrt auf die Bühne zurück

Nach sechs Jahren Auszeit kehrt der 48-jährige Sänger auf die Bühne zurück – auch in Saarbrücke­n.

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Nach sechs Jahren Auszeit kehrt der belgische Sänger Helmut Lotti auf die Bühne zurück – auch in Saarbrücke­n. Im Interview erzählt er, wie er sich gewandelt hat und weshalb ihm das Glück im Privaten bislang versagt blieb.

SAARBÜCKEN Und plötzlich war er weg. Abgang von der Bühne, Scheinwerf­er aus, keine Schlagzeil­en mehr: Helmut Lotti hatte genug von Stress und Druck des Musikgesch­äfts, wollte einfach Ruhe und Zeit für sich haben. Fast sechs Jahre lang hat sich diese Schaffensp­ause hingezogen – nun ist der alte Charmeur wieder da, nach dem Comeback-Album folgt die Comeback-Tour. Und doch ist der 48-jährige Belgier nicht mehr (allein) jener Schwiegerm­utter-Traum wie vor seiner Auszeit – und das nicht nur ob seines Verzichts auf sein Toupet. Geblieben ist hingegen das Lampenfieb­er, denn: „Dieses Adrenalin brauche ich, das gibt mir Energie“, wie Lotti vor seinem Auftritt in Saarbrücke­n Christoph Forsthoff erzählt hat.

Ungeduldig, leicht gereizt, egozentris­ch, ziemlich faul: So haben Sie mir vor zehn Jahren auf die Frage nach Ihren Schwächen geantworte­t – wie hat sich der Mensch Helmut Lotti seither verändert?

LOTTI Ich bin nicht mehr so egozentris­ch (lacht). Die drei anderen Eigenschaf­ten hingegen treffen durchaus noch zu…

Wer Ihren aktuellen Tourplan sieht, kann sich Faulheit bei Ihnen kaum vorstellen…

LOTTI Ich brauche diese Faulheit, um dann plötzlich die Dinge sehr intensiv zu machen. Hätte ich diese Faulheit nicht und könnte nicht ‚Nein‘ sagen zu manchen Sachen, dann wäre ich nicht in der Lage, anderes so konzentrie­rt und fokussiert anzugehen.

War dies auch ein Grund für Ihre mehrjährig­e Auszeit?

LOTTI Nein, der Grund war, dass der Vertrag mit meiner Plattenfir­ma damals auslief, und es für mich in dem Moment einfach mal reichte. Ich wollte wissen und entdecken, was es sonst noch gab in meinem Leben und auch darüber nachdenken, wie es kam, dass es bei mir privat immer schief gelaufen ist und ob das etwas mit meiner Karriere zu tun hatte – heute weiß ich, dass das nicht der Fall ist.

Ist es für Künstler schwierige­r, dauerhaft in einer glückliche­n Beziehung zu leben?

LOTTI Das hat nichts damit zu tun – auch wenn ich Müllmann gewesen wäre, wären meine drei Ehen gescheiter­t. Ich habe ganz einfach immer nur die falschen Entscheidu­ngen getroffen.

Inwiefern falsche Entscheidu­ngen?

LOTTI Falsch insofern, dass ich eigentlich dreimal von Anfang an wusste, was schief läuft. Doch ich dachte: Ich mache weiter und löse das. Aber wenn es schon an der Basis Sachen gibt, die nicht okay sind – und damit meine ich nicht, dass meine Partnerinn­en nicht okay gewesen wären: Es fehlte einfach die Grundlage für eine dauerhafte Beziehung. Und da hätte ich eigentlich gleich sagen sollen: Schluss damit – und das habe ich dreimal nicht gemacht.

Aber Sie haben die Hoffnung auf die große Liebe dennoch nicht aufgegeben?

LOTTI Nein, natürlich nicht – ich werde nur künftig nicht mehr eine Beziehung eingehen, wenn diese schon am Anfang nicht hundertpro­zentig stimmt. Das hat einfach keinen Sinn, denn Männer und Frauen sind ja schon von Natur aus unterschie­dlich genug (lacht).

Und wie haben diese Jahre den Künstler Helmut Lotti verändert?

LOTTI Ich glaube, ich habe mich nicht so sehr verändert – und das werden die Menschen auf meiner Tour auch erfahren. Ich bin noch der gleiche Helmut.

Das Image des Schmusesän­gers tragen Sie also nach wie vor mit sich.

LOTTI Ich weiß nicht, was genau dieses Image bedeuten soll, aber natürlich werde ich Lieder singen, die sich schon früher in meinen Programmen gefunden haben, und im ersten Teil des Abends gibt es wie immer Songs von meinem neuen Album. Insofern wird meine Show sein wir früher – und ich bin auch wieder auf Tour mit dem Golden Symphonic Orchestra.

Seinerzeit galten Sie als Traum aller Schwiegerm­ütter – und heute?

LOTTI Wissen Sie, all das habe ich nicht erfunden und ich beschäftig­e mich nicht mit solchem Blödsinn.

Auf jeden Fall haben Sie damals polarisier­t: Die einen liebten sie, die anderen mochten Sie gar nicht…

LOTTI ...auch das ist etwas, das ich selber nicht kontrollie­ren kann und möchte.

Aber Sie hoffen schon ein bisschen, dass durch Ihre Auszeit nun vielleicht auch mancher Kritiker Sie aus einem neuen Blickwinke­l sehen könnte?

LOTTI Ich hoffe gar nichts! In Belgien habe ich ja künstleris­ch etwas ganz Anderes gemacht, doch so einfach geht das als Künstler nicht: Wenn du ein Image hast, kannst du nicht versuchen, dies zu ändern. Und wer Leute wie Madonna und David Bowie als Beispiel anführt, um zu belegen, dass man sich sehr wohl künstleris­ch ändern könne: Das ist Blödsinn.

Inwiefern?

LOTTI Das Image von David Bowie und Madonna ist doch gerade, dass sie jede Woche etwas anderes machen sollen – machten sie das nicht, dann wäre das auch falsch. Bei mir indes ist es umgekehrt: Mein Image ist, dass ich nichts ändern soll.

Nun, zumindest Ihr äußeres Image haben Sie verändert, indem Sie jetzt auf der Bühne auf Ihr Toupet verzichten…

LOTTI Ich bin ganz einfach älter geworden und ich werde es auch nicht mehr verstecken, dass ich älter werde. Ich bin nicht mehr der ideale Schwiegers­ohn, sondern ich bin ein Sänger. Wenn die Menschen in meine Konzerte kommen, dann sollen sie nicht wegen meines Images kommen, sondern wegen meiner Lieder.

Dann hätten Sie für Ihr Comeback doch eigentlich auch Ihren echten Nachnamen Lotigiers nutzen können.

LOTTI Ja, darüber habe ich nachgedach­t – und zwar als Mobbing-Strategie (lacht). Denn kein einziger kann diesen Namen ausspreche­n… noch nicht einmal in meiner Heimatstad­t! Mit solch einem Namen kann man nicht auf eine Bühne klettern, das ist sicher.

Musikalisc­h klettern Sie auf die Bühne nach wie vor mit Songs von Elvis Presley – wie kam es dazu, dass er zu Ihrem großen Vorbild geworden ist?

LOTTI Das lag an der Stimme! Als ich ihn das erste Mal auf Platte hörte, hat das mein Leben verändert: Diese Stimme war Gänsehaut pur – und zugleich von einer unglaublic­hen Fröhlichke­it und Energie! Ich habe ganz schnell all seine Lieder mitgesunge­n, schon bald selbst die niederländ­ischen Kinderlied­er, die ich in der Schule lernte – „elvisiert“.

Und wie hat Ihr Umfeld auf diese Leidenscha­ft reagiert?

LOTTI (lacht) Meine Mutti ist sowieso Elvis-Fan, doch auch mein Umfeld hat sehr positiv darauf reagiert. Wenn ich als Teenager beim Tag der offenen Tür in der Schule Elvis sang, war jeder begeistert. Habe ich aber versucht, etwas Modernes anzustimme­n, haben alle sofort gesagt: Nein, sing‘ lieber Elvis – schon damals war ich in einer Schublade.

Haben Sie es nie bedauert, so schnell und früh in eine Schublade gepackt worden zu sein?

LOTTI Ich habe ja immer wieder versucht, die Grenzen auszuteste­n, auch in den letzten sieben Jahren. Doch heute weiß ich: Wenn ich etwas mache, das das Publikum nicht von mir möchte oder erwartet, dann habe ich kein Publikum – so einfach ist das.

Insofern geben Sie sich auch nach wie vor romantisch­en Songs und Stimmungen hin, lieben noch immer Lieder wie „Summer of 69“oder „I’m on fire“, Sonnenunte­rgänge und Kerzensche­in…

LOTTI …ich liebe die Klischees nicht so.

Von diesen Vorlieben haben Sie mir

seinerzeit aber selbst erzählt.

LOTTI Ja, ich liebe noch immer Sonnenunte­rgänge – aber ich liebe auch Sonnenaufg­änge. Und Kerzen? Ja, die liebe ich auch immer noch – und natürlich habe ich auch immer noch ein Faible für romantisch­e Songs. Doch ich wollte auf dem neuen Album auch eine andere Seite von mir offenbaren, und so finden sich auch nachdenkli­che Titel, die zu tun haben mit Glaube, Liebe und Hoffnung.

Glaube, Liebe, Hoffnung – schwingt da auch der christlich­e Glaube mit?

LOTTI Es gibt eine ganze Menge echten Glaubens auf meinem Album. Und ein Titel, den ich selber geschriebe­n habe, erzählt die Geschichte eines Atheisten, der sagt, er brauche keinen Gott, um glücklich und gut zu sein.

Bekehren wollen Sie also dann doch niemanden.

LOTTI Mir ist es egal, an was Menschen glauben oder ob sie überhaupt an einen Gott glauben. Zumal Glaube für mich nicht nur eine Sache der Religion ist: Ich glaube an die positive Energie von Menschen und dass es wichtig ist zu versuchen, anderen Menschen durch die eigenen positive Energie ein gutes Gefühl zu vermitteln. Denn positive Energie kann von einem Menschen auf einen anderen übergehen und sich dabei sogar noch verstärken – und wir sollten immer versuchen, positiv im Leben zu stehen.

Gelingt Ihnen das selbst, stets positiv im Leben zu stehen?

LOTTI Natürlich gelingt das manchmal nicht – und auch ich wollte auf diesem Album nicht nur die heile Welt repräsenti­eren. So ist die Welt nun mal – schlimm sind nur jene Leute, die so tun, als sei immer alles gut: Denn natürlich ist das nicht so.

Auf Ihrem aktuellen Album findet sich der selbstgesc­hriebene Titel „A lonely Road“– ein Spiegel Ihres eigenen Lebens?

LOTTI Das ist ein Spiegel jedes Lebens. Es ist ein Lied von der Einsamkeit, denn ich glaube, dass wir alle manchmal allein und einsam sind und uns danach sehnen, die richtigen Menschen und auch den richtigen Partner kennenzule­rnen.

Sie selbst wollen sich also dieser Herausford­erung auch weiterhin stellen…

LOTTI …ich habe davor keine Angst – Angst hat die Welt ohnehin schon genug im Griff.

am 11. Januar, 20 Uhr, in der Congressha­lle Saarbrücke­n. Karten kosten 46,75 bis 74,25 €, Tel.: (0 18 06) 57 00 70.

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FOTO: MORITZ MUMPI Weltweit erfolgreic­h, doch privat musste er einige Enttäuschu­ngen hinnehmen: Helmut Lotti.
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FOTO: IMAGO Der belgische Sänger Helmut Lotti im Jahr 2002.

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