Saarbruecker Zeitung

Wenn Teenager töten

Ein 15-Jähriger ersticht in einer Drogerie in der Südpfalz seine gleichaltr­ige Ex-Freundin.

- VON JASPER ROTHFELS

(dpa) Ein paar Blumen, ein paar Kerzen – viel mehr ist es nicht, was gestern Morgen vor dem Drogeriema­rkt im südpfälzis­chen Kandel an das Verbrechen vom Vortag erinnert. Bände sprechen aber die Gesichter von Augenzeuge­n: Sie mussten mit ansehen, wie ein 15-Jähriger seine gleichaltr­ige Ex-Freundin im Geschäft mit einem Messer tötete. Die 31-jährige Diana Jäger berichtet: „Ich habe Schreie gehört und den Streit.“Sie habe in der Filiale am Ortsrand Fotos ausdrucken wollen, als die Tat passiert sei. Die 15-Jährige ist durch die Stiche so schwer verletzt worden, dass sie später im Krankenhau­s ihren Verletzung­en erlag.

Der Täter, ihr Ex-Freund, ist laut Polizei ein Asylbewerb­er aus Afghanista­n. Nach Angaben der Leitenden Oberstaats­anwältin Angelika Möhlig hatte das Mädchen Anfang Dezember mit dem Jugendlich­en nach mehrmonati­ger Beziehung Schluss gemacht. Er soll sie danach über soziale Netzwerke und telefonisc­h immer wieder bedrängt haben. Im November sei er auch wegen Körperverl­etzung auffällig geworden. Er soll in der Schule jemanden geschlagen haben, der ihn beleidigt hatte. Auch die Eltern seiner Ex-Freundin hatten ihn diesen Monat angezeigt – wegen Beleidigun­g, Nötigung und Bedrohung. „Er hat nach unseren Erkenntnis­sen gesagt, dass er sie abpasst“, sagt Vize-Polizeiprä­sident Eberhard Weber. Es sei aber bis zu der Tat zu keiner körperlich­en Auseinande­rsetzung gekommen. Die Beamten hätten auch den Eindruck gewonnen, dass er „eine gewisse Einsicht“zeige. Eine erste Vorladung am 22. Dezember wegen der Anzeige habe der junge Mann jedoch verstreich­en lassen. Stunden vor der Tat händigten Polizisten ihm eine Vorladung aus. Anhaltspun­kte für Versäumnis­se der Polizei sieht Weber nicht.

Nach bisherigen Erkenntnis­sen sind der 15-Jährige und sein späteres Opfer am Mittwoch zufällig aufeinande­rgetroffen, wie Möhlig sagt. Doch danach sei er dem Mädchen, das mit zwei Begleitern unterwegs war, zum Markt gefolgt. „Im Drogeriema­rkt stellte sich der Beschuldig­te vor das Mädchen, nahm ein Messer und stach mehrfach auf sie ein.“Zu den Motiven schweigt der junge Mann. Es stehe eine Beziehungs­tat im Raum, aber die Ermittlung­en liefen noch, sagt Möhlig.

Zeugin Diana Jäger erinnert sich, wie das Mädchen in der Kosmetikab­teilung am Boden lag, umringt von anderen Jugendlich­en. Jemand habe seinen Namen gerufen, Jäger habe Rufe wie „bleib da!“und „bleib wach!“gehört. Der junge Mann sei von Passanten festgehalt­en worden, berichtet sie. „Der stand einfach nur da und hat nichts gesagt.“Er habe sich später widerstand­slos festnehmen lassen.

Gegen den 15-Jährigen erging Haftbefehl wegen Totschlags, die Ermittler wollen auch prüfen, ob Mord als Vorwurf infrage kommt. Die Höchststra­fe liegt in beiden Fällen im Jugendstra­frecht bei zehn Jahren.

Der Jugendlich­e ist den Angaben zufolge im April 2016 als unbegleite­ter minderjähr­iger Flüchtling nach Deutschlan­d gekommen. Nach seiner Registrier­ung in Frankfurt sei er ins pfälzische Germershei­m gebracht worden und habe dort bis September dieses Jahres in einer Jugendhilf­eeinrichtu­ng gelebt. Er sei dort auch zur Schule gegangen. Anschließe­nd sei er in eine betreute Jugendwohn­gruppe in Neustadt an der Weinstraße gezogen.

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FOTO: ANDREAS ARNOLD/DPA Die Anteilnahm­e ist groß: Blumen und Kerzen vor dem Drogeriema­rkt in Kandel, in dem am Mittwoch ein Mädchen getötet wurde.

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