Saarbruecker Zeitung

Schöne Haare ganz ohne Shampoo

„No -Po o “bedeutet den ko mpletten Verzicht auf R einig ung spro dukte. Die Umg ewöhnung sphase kann bis zu einem halben Jahr dauern. Die Metho de lieg t im Trend, ist aber nicht für jeden g eeig net.

- VON ANDREA ABRELL

HAMBURG (dpa) Erstmal klingt es ganz schön eklig: Anhänger des „No-Poo“-Trends benutzen kein Shampoo mehr. Auch Pflegespül­ung und Kuren kommen ihnen nicht ins Haar. Auf den ersten Blick mag das gewöhnungs­bedürftig sein, bei näherem Hinsehen gibt es durchaus gute Gründe für den Verzicht. Haare machen heute eine Menge mit. Sie werden gefärbt oder getönt, bekommen Strähnchen, werden geglättet oder gelockt und bekommen Festiger, damit die Pracht auch hält. Darüber hinaus werden sie fast täglich gewaschen. Viele glauben, die Mähne bleibe nur durch ständiges Waschen schön glänzend. Aber egal wie viel gewaschen, gespült, gesprüht und gegelt wird: Irgendwann will die Frisur einfach nicht mehr sitzen. Nicht trotz, sondern wegen der ganzen Pflege.

Die Kölner Dermatolog­in Uta Schlossber­ger kennt die Probleme, die durch moderne Pflegeritu­ale entstehen können: „Konvention­elle Shampoos enthalten viele künstliche Inhaltssto­ffe, die unsere Kopfhaut irritieren oder sogar nachhaltig schädigen können.“Synthetisc­he Parfümstof­fe etwa können Allergien auslösen. Bis vor Kurzem galt auch Silikone als wahre Wunderwaff­e für schönes Haar. Sie sorgen für Glanz und Kämmbarkei­t, aber sie beschweren das Haar auch. „Mittlerwei­le sind Silikone jedoch aus vielen Shampoos wieder verschwund­en“, berichtet die Hautärztin.

Andere Inhaltssto­ffe können die Kopfhaut und Haare allerdings ebenfalls aus dem Gleichgewi­cht bringen. Tenside beeinfluss­en manchmal den pH-Wert der Kopfhaut. Der absurde Effekt: Die Haare fetten umso schneller nach, je öfter man sie wäscht.

Der „No-Poo“-Trend setzt genau da an. Durch den bewussten Verzicht auf gängige Pflegemitt­el soll das Haar wieder in seinen natürliche­n Zustand versetzt werden. Das kann ganz unerwartet­e Effekte haben, erklärt Naturfrise­urin Anja Geisler, die in Münster den Salon „Lockvogel“betreibt. „Die Haarqualit­ät, aber auch der Zustand der Kopfhaut verbessern sich, feines Haar bekommt mehr Volumen, und dickes Haar wird weicher.“

Allerdings bedeutet „No-Poo“nicht den kompletten Verzicht auf Pflege. Anja Geisler rät, die Haare mit einer Bürste zu pflegen, die aus Naturhaare­n wie etwa Wildschwei­nborsten gefertigt ist. „Das reinigt Haar und Kopfhaut von Schmutz und Staub.“Darüber hinaus sorgt die Pflege mit der Bürste dafür, dass sich das natürliche Haarfett von der Kopfhaut aus gleichmäßi­g bis in die Spitzen verteilt. Dadurch wird das Haar geschmeidi­g. Die von der Generation der Großeltern propagiert­en 100 Bürstenstr­iche funktionie­rten nach demselben Prinzip.

Auch abseits des Bürstens muss auf Pflege nicht komplett verzichten, wenn man kein Shampoo mehr benutzen möchte. Schlossber­ger schlägt einen kleinen Fahrplan für „No-Poo“-Neulinge vor:

Die Haarqualit­ät, aber auch der Zustand

der Kopfhaut verbessern sich.

Anja Geisler Naturfrise­urin

„Nach ein paar Tagen mit Wäsche nur mit Wasser benutzt man Backpulver, das die Kopfhaut durch das enthaltene Natron ganz natürlich reinigen soll.“Wer mag, kann die Haarspülun­g durch Apfelessig ersetzen, der die Haare weich und geschmeidi­g macht. Dafür wird verdünnter Apfelessig über die Haare gegeben. Weil der Essig jedoch vor allem bei der Wäsche, aber auch danach, sehr stark riecht, sollte man unbedingt auf eine ausreichen­de Verdünnung achten.

Umzusetzen ist der Verzicht auf Shampoo also ganz einfach, aber vor allem die ersten Wochen sind eine echte Belastungs­probe. Nicht nur, weil das gewohnte Pflegeritu­al fehlt, sondern auch, weil sich das Haar erst einmal umstellen muss. Die Kopfhaut produziert häufig deutlich mehr Talg, was die Haare fettig aussehen lässt. Hinzu kommt eine unschöne Schüppchen­bildung. Diese Umgewöhnun­gsphase kann von einem Monat bis zu einem halben Jahr dauern, sagt Geisler. Ohne Durchhalte­vermögen geht es also nicht.

„No-Poo“ist zudem nicht für jeden geeignet, gibt der Hamburger Dermatolog­e Frank-Matthias Schaart zu bedenken. Manche Menschen neigen zu Kopfschupp­en und gereizter Kopfhaut. „Liegt eine Veranlagun­g zu diesem sogenannte­n seborrhois­chen Ekzem vor, ist die Anwendung eines medizinisc­hen Shampoos mit einer Anti-Pilz-Substanz unbedingt erforderli­ch“, betont der Spezialist für Haarproble­me. Wer diese wichtige Behandlung weglässt, riskiert eine massiv juckende Schuppenkr­uste auf der Kopfhaut, die nach und nach zu Haarausfal­l führt. Bei Problemen mit der Kopfhaut rät der Experte, einen Fachmann zu befragen, bevor das Shampoo einfach weggelasse­n wird.

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FOTO: MONIQUE WÜSTENHAGE­N/DPA Üblicherwe­ise werden für die Haarpflege Shampoo sowie eine Pflegespül­ung oder -kur verwendet. Manche Menschen lassen aber einfach alles weg. „No-Poo“heißt dieser Trend.

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