Saarbruecker Zeitung

Wir sollten Willi Graf endlich ein Denkmal setzen

Vor 100 Jahren wurde Willi Graf geboren. Am Dienstag kommt der Trierer Bischof um den Widerstand­skämpfer zu würdigen. Die Stadt bewirbt eine ganze Veranstalt­ungsreihe. Was weiter fehlt ist ein Erinnerung­sort mitten in der Stadt.

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Der Graue Orden – als mir vor einigen Jahren eine alte Dame zum ersten Mal von dieser Organisati­on erzählte, war ich überrascht. Erst recht, als sie mir versichert­e, dass Saarbrücke­n eine ganz wichtige Stadt für diesen Orden war. Die alte Dame schwärmte von einem jungen Mann, einem der führenden Köpfe dieses Grauen Ordens, einem der sie und andere begeistern konnte, der junge Menschen mitnahm zum Gebet, zu Wanderunge­n, zu Gesprächen über die Bibel. Der Graue Orden war ein Bund der katholisch­en Jugend in finsterer Zeit, als die Nationalso­zialisten katholisch­e und andere Bünde verboten hatten, weil sie eine Gefahr in ihnen sahen. Der junge Mann war Willi Graf.

Das Erzbistum München hat diese Woche mitgeteilt, eine „Voruntersu­chung“zur Seligsprec­hung von Willi Graf einzuleite­n. Die Seligsprec­hung ist, vereinfach­t formuliert, die Vorstufe der Heiligspre­chung. Dass das in dieser Woche bekanntgeg­eben wurde, hängt mit einem Tag in der kommenden Woche zusammen, dem 2. Januar. An diesem Tag vor 100 Jahren wurde Willi Graf in Euskirchen im Rheinland geboren. Mit vier Jahren kam er mit seiner Familie nach Saarbrücke­n. Er machte am Ludwigsgym­nasium Abitur, war Messdiener in der Basilika.

Dass die Nachricht zum Seligsprec­hungsverfa­hren aus München kam, liegt daran, dass die Nazis Willi Graf dort am 12. Oktober 1943 im Gefängnis Stadelheim mit dem Fallbeil enthauptet haben, nachdem die Gestapo ihn monatelang gefoltert hatte, um Namen aus ihm herauszube­kommen. Namen aus der Organisati­on, die bekannter wurde als der Graue Orden: die Widerstand­sgruppe Weiße Rose.

Willi Graf wurde posthum zum Saarbrücke­r Ehrenbürge­r ernannt. Unweit seiner Grabes auf dem Alten Friedhof St. Johann wurde eine Straße nach ihm benannt, auch das Ufer unterhalb der Berliner Promenade trägt seinen Namen. Das Bistum Trier hat zwei seiner Saarbrücke­r Schulen nach Willi Graf benannt. Das ist gut. Aber ich glaube, dass es an der Zeit ist, diesem mutigen Mann ein großes Denkmal zu setzen an einem zentralen Ort in unserer, in seiner Stadt. Denn zum einen leben wir in Zeiten, in denen wir nicht genug denken können an die finstere, menschenve­rachtende Epoche, die einen Grauen Orden und eine Weiße Rose notwendig gemacht hat. Zum anderen werden die Alten, die uns noch von Willi erzählen können, immer weniger.

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