Saarbruecker Zeitung

Saarbrücke­r Tierheim rettet lebende Geschenke

Die erste Euphorie über die Katze oder den Hund zum Fest ist in vielen Fällen bald verflogen. Spätestens nach ein paar Monaten heißt es: ab ins Heim. Aber dort gibt es auch Sachversta­nd, wenn jemand wirklich einen Hausgenoss­en sucht.

- VON FRANK KOHLER

SAARBRÜCKE­N

Der Zauber der Weihnacht hat längst dem Alltagsgra­u Platz gemacht. Des Schmucks beraubt, ist der Baum spätestens Anfang Januar verschwund­en, dann rasch vergessen. Das vor Monaten noch „süße“Meerschwei­nchen hockt vereinsamt im verdreckte­n Haus, während der Streit ums Saubermach­en tobt. Und die Katze mit dem niedlichen Blick taugt so gar nicht zum Knuddeln. Jetzt soll sie weg. Schicksale von Geschenken, die nie unter Weihnachts­bäumen hätten landen dürfen. Frederick Guldner, der Sprecher des Bertha-Bruch-Tierheims, kennt solche traurigen Geschichte­n zur Genüge. Dabei verfliegen Freude und Geduld der frischgeba­ckenen Tierhalter anders als gemeinhin vermutet meist nicht schon nach Tagen. „Zwei bis drei Monate dauert es schon, bis die neuen Besitzer die Probleme bemerken und des neuen Hausgenoss­en überdrüssi­g werden.“

Um Ostern herum also landen die Weihnachts­geschenke aus dem Vorjahr im Tierheim, auch in Saarbrücke­n. Wenn es schlimm kommt. Dieses traurige Phänomen sei 2017 zum Glück weitgehend ausgeblieb­en. „Wir hoffen, dass es in den nächsten Jahren so bleibt.“

Die nächste kritische Phase in der Mensch-Tier-Beziehung lasse nach Ostern nicht lange auf sich warten. „Erst kurz vor dem Sommerurla­ub bemerken einige, dass sie ihr Tier ja noch nicht untergebra­cht haben.“Also brechen sie in letzter Minute auf ins Heim, wo dann so schnell meist kein Platz ist. Schon gar nicht als Übergangsl­ösung, bis die Familie aus dem Urlaub zurück ist. „Wir sind keine Tierpensio­n. Dafür haben wir einfach zu wenig Personal“, sagt Guldner.

Das Team hat jetzt schon viel um die Ohren. Um 66 Hunde, 90 Katzen und 65 Kleintiere im Heim und auf Pflegestel­len in der Region muss sich das Personal derzeit kümmern. Damit betreibt der Saarbrücke­r Tierschutz­verein das größte Heim im Saarland. Als Notnagel nach einer verkorkste­n Ferienvorb­ereitung scheidet es aus.

Deshalb sollte eine Ferienblei­be für den Hausgenoss­en ganz am Anfang stehen, wenn der Urlaub zu planen ist. Nicht der einzige Stresstest für den Mensch und Haustier. Als weiteren Grund, Tiere niemals zu verschenke­n, nennt Heimsprech­er Guldner die wahren Kosten des lebenden Präsents. „Viele unterschät­zen die Ausgaben.“Eine medizinisc­h nötige und für die Lebensqual­ität

„Wir vermitteln alle Schützling­e erst einmal für eine verlängerb­are

Probezeit.“

Frederic Guldner

Sprecher des Bertha-Bruch-Tierheims

bedeutende Operation eines Kreuzbandr­isses beim Hund könne mit Nachbehand­lung und Physiother­apie durchaus 1000 Euro kosten. „Dann bringen Menschen uns ihren Hund ins Heim. Sie sagen, sie hätten ihn gefunden. Dabei wollen sie nur nicht zugeben, dass ihnen das Geld fehlt für die Behandlung.“Geld, das dann der Tierschutz­erein Saarbrücke­n als Heimbetrei­ber aufbringen muss. „Wir versuchen, alle Tiere bestmöglic­h behandeln zu lassen. Denn sie haben Lebensqual­ität verdient.“

Guldner warnt also zum einen davor, Tiere zu verschenke­n. Und er rät zum anderen, immer vor der Anschaffun­g eines Hausgenoss­en den Rat von Tierschütz­ern einzuholen. „Wir vermitteln alle Schützling­e erst einmal für eine verlängerb­are Probezeit. Dabei ist es uns lieber, dass ein Tier zurückkomm­t, als wenn sich alle Beteiligte­n miteinande­r abmühen.“

Guldner und die anderen Tierschütz­er verzeichne­n bei vielen Heimbesuch­ern ein wachsendes Interesse an gründliche­n Beratungsg­esprächen. „Blauäugige und Leute, die alles auf die leichte Schulter nehmen, was wir ihnen sagen, gibt es aber immer noch.“

Sobald die Leute vom Heim merken, dass sie mit ihren Hinweisen auf taube Ohren stoßen, hat das Folgen. „Wenn zum Beispiel jemand nicht einmal in der Lage ist, einem Kleintier die Mindestbed­ingungen bei der Käfiggröße zu erfüllen, dann bekommt er dieses Tier nicht.“

Weitere Informatio­nen über das Bertha-Bruch-Tierheim von 14 bis 17 Uhr – außer montags – unter Telefon (06 81) 5 35 30.

 ?? SYMBOLFOTO: HENNING KAISER/DPA ?? Wer zu Weihnachte­n eine Katze verschenkt, macht wahrschein­lich sich und das Tier unglücklic­h. Die Opfer sitzen schließlic­h auch im Saarbrücke­r Bertha-BruchHeim. Dort achten die Mitarbeite­r darauf, dass es die Schützling­e im nächsten Zuhause besser...
SYMBOLFOTO: HENNING KAISER/DPA Wer zu Weihnachte­n eine Katze verschenkt, macht wahrschein­lich sich und das Tier unglücklic­h. Die Opfer sitzen schließlic­h auch im Saarbrücke­r Bertha-BruchHeim. Dort achten die Mitarbeite­r darauf, dass es die Schützling­e im nächsten Zuhause besser...

Newspapers in German

Newspapers from Germany