Saarbruecker Zeitung

Leitlinien für Umgang mit kolonialem Erbe gefordert

Die Preußensti­ftung regt an, dass Museen die Provenienz ihrer Bestände klären und sich mit den Herkunftsl­ändern einigen.

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BERLIN (dpa) Der Präsident der Stiftung Preußische­r Kulturbesi­tz, Hermann Parzinger, hat eine internatio­nale Vereinbaru­ng für den Umgang mit dem kolonialen Erbe in Museen und staatliche­n Sammlungen angeregt. „Die Museen dürfen mit dieser schwierige­n Frage nicht alleingela­ssen werden“, sagte Parzinger in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. „Ähnlich wie beim Umgang mit NS-Raubgut sollte die internatio­nale Gemeinscha­ft gemeinsame, verpflicht­ende Prinzipien verabschie­den. Entscheide­nd wäre, einen Konsens mit den Herkunftsl­ändern zu erreichen.“

Nach dem Bekenntnis des französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron zu fairen Beziehunge­n zwischen Europa und Afrika sieht Parzinger gute Chancen für einen solchen Vorstoß. „Die Unesco könnte dabei eine wichtige Rolle übernehmen. Sie ist durch den Austritt der USA zwar geschwächt, aber sie ist nach wie vor die von den Vereinten Nationen eingesetzt­e Organisati­on, die wichtige Fragen zum kulturelle­n Erbe der Menschheit erörtert und moderiert.“

Ein erster Schritt könnte dem Stiftungsc­hef zufolge eine internatio­nale Konferenz auf europäisch­er Ebene sein. Auch Länder wie Großbritan­nien, Frankreich oder Spanien hätten durch ihre Geschichte als Kolonialmä­chte große Sammlungsb­estände, die einer Auseinande­rsetzung bedürften.

„Es geht in der ganzen Debatte nicht zuvorderst um die Frage Rückgabe oder nicht“, sagte der 58-Jährige. „Es ist eine moralische Verpflicht­ung, die Herkunft der Bestände zu klären und gemeinsam mit den Herkunftsg­esellschaf­ten darüber zu reden, wie wir diese Objekte ausstellen und was wir darüber erzählen.“Das Thema hat für die Preußensti­ftung besondere Brisanz, weil sie vom Jahr 2019 an ihre weltberühm­ten Sammlungen aus dem Ethnologis­chen Museum und dem Museum für Asiatische Kunst im neuen Humboldt Forum im Berliner Schloss zeigen will. Die Stiftung, eine der größten Kulturinst­itutionen weltweit, war in die Kritik geraten. Wissenscha­ftler hatten ihr vorgeworfe­n, den Herkunftsf­ragen noch nicht ausreichen­d nachgegang­en zu sein. „Wir werden ins Humboldt Forum mit etwa 25 000 Objekten umziehen. Und wir werden von Anfang an alles offenlegen, was wir über ihre Geschichte wissen“, versichert­e Parzinger. „Aber für viele Stücke braucht es eine vertiefte, auf Jahre angelegte Erforschun­g. Wir sind uns mit der Politik einig, dass es für eine solche systematis­che Forschung zusätzlich­e finanziell­e Mittel braucht, wie es sie ja für die Provenienz­forschung der NS-Zeit schon länger gibt.“Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters (CDU) hatte zugesagt, mehr Geld bereitzust­ellen. Mit Unterstütz­ung des von führenden deutschen Wirtschaft­sunternehm­en getragenen Kuratorium­s läuft in der Stiftung seit zwei Jahren ein Projekt, das ausgewählt­e Bestände aus dem heutigen Tansania, einem Teil des früheren Kolonialge­biets Deutsch-Ostafrika (1885-1918), untersucht.

„Wir wissen, dass das ein besonders problemati­scher Bestand ist“, sagt Parzinger. „Allerdings ist die Behauptung falsch, ethnologis­che Objekte seien grundsätzl­ich unrechtmäß­ig erworben. Populismus bringt in dieser Debatte gar nichts. Umso wichtiger ist die genaue Analyse.“So arbeite man bei dem Ausstellun­gsmodul zu Deutsch-Ostafrika im Humboldt Forum bereits mit Kuratoren aus Tansania zusammen und entwickle dafür nachhaltig­e Strukturen. „Das darf nicht ein Projekt für drei Jahre sein und dann fällt alles wieder in den alten Modus zurück. Wir brauchen eine dauerhafte Beschäftig­ung mit all diesen Fragen und Kulturen.“

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FOTO: GREGOR FISCHER/DPA Feridun Zaimoglu schreibt für die Merziger Zeltoper jetzt die Mozart-Oper neu.

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