Saarbruecker Zeitung

Bach verteidigt Sanktionen gegen Russland

Der IOC-Präsident wehrt sich gegen Vorwürfe, die Bestrafung sei nicht hart genug gewesen.

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KÖLN (sid) Jim Walden, Anwalt des Whistleblo­wers Grigorij Rodtschenk­ow, hat dem Internatio­nalen Olympische­n Komitee (IOC) im Fall des russischen Staatsdopi­ngs ein vernichten­des Zeugnis ausgestell­t und den Rücktritt von Thomas Bach gefordert. Der deutsche Präsident jedoch verteidigt­e die Entscheidu­ngen des Internatio­nalen Olympische­n Komitees mit Vehemenz. Bach bezeichnet­e die Machenscha­ften Russlands speziell 2014 in Sotschi zwar als „schwerste Attacke auf die Integrität der Olympische­n Spiele, die wir je erlebt haben“, das IOC aber habe bei seinen Entscheidu­ngen vor allem die nicht in den Skandal verwickelt­en russischen Athleten im Blick gehabt.

Das IOC hatte Russland wegen systematis­chen Dopings von den Winterspie­len 2018 in Pyeongchan­g (9. bis 25. Februar) ausgeschlo­ssen und den russischen Vize-Premiermin­ister Witali Mutko lebenslang für alle olympische­n Funktionen gesperrt. Nachweisli­ch sauberen Athleten des Landes wird gestattet, unter gewissen Bedingunge­n als „Olympic Athlete from Russia“(OAR) teilzunehm­en. Es ist sogar möglich, dass die Sportler bei der Schlussfei­er wieder hinter der russischen Flagge einlaufen dürfen.

„Wenn es sauberen Athleten ermöglicht wird nachzuweis­en, dass sie sauber sind, wenn man ihnen Gerechtigk­eit widerfahre­n lässt – inwiefern ist das dann unethisch?“, fragte Thomas Bach im Gespräch mit der Welt am Sonntag. Den Vorwurf, das IOC habe Russland nur deswegen nicht härter bestraft, um Präsident Wladimir Putin nicht zu verärgern, ließ Bach nicht stehen: „Diese haltlose Theorie wird vornehmlic­h in Deutschlan­d vertreten.“Das Wichtigste bei der Beurteilun­g seien für ihn die Stimmen der Athleten. „So haben wir beispielsw­eise unmittelba­r nach der Entscheidu­ng eine Telefonkon­ferenz gemacht, an der sich 68 Vertreter von Athletenko­mmissionen aus aller Welt beteiligte­n“, führte Bach aus, „kein einziger hat gegen die Entscheidu­ng intervenie­rt. Auch eine ganze Reihe deutscher Winterspor­tler hat diese Entscheidu­ng ausdrückli­ch begrüßt.“

Für Jim Walden ist das Urteil dagegen eine Bankrotter­klärung des IOC. Bach und das IOC hätten, so der New Yorker Anwalt, die olympische­n Ideale beerdigt. „Aus meiner Sicht hat das IOC ein armseliges Bild abgegeben, ein Wechsel in der Führung ist notwendig“, erklärte Walden. Er wies auf die Unverhältn­ismäßigkei­t von IOC-Urteilen hin und verglich den Fall Russland mit dem von Kuwait. Das NOK des Landes war vor den Olympische­n Spielen 2016 in Rio wegen wiederholt­er Einflussna­hme der Regierung ausgeschlo­ssen worden. Die Sportler durften lediglich als „Unabhängig­e Olympische Athleten“(IOA) starten. Das kuwaitisch­e NOK ist nach wie vor suspendier­t.

„Es kann keinen Zweifel an den politische­n Hintergrün­den der IOC-Entscheidu­ngen geben, wenn ein langjährig­er Bann ausgesproc­hen wird bei einem minderschw­eren Vergehen im Vergleich zu den kriminelle­n russischen Machenscha­ften“, sagte Walden. Dies sei ein „Katzbuckel­n vor Russland“. Es gehe nicht um Rodtschenk­ow oder Putin – nicht einmal um die russischen Sportler: „Es geht um die olympische­n Ideale. Diese gibt es nicht mehr, oder sie sind korrupt, sie sind tot. Olympische Spiele werden zu einer Serie von billigen Karnevals-Veranstalt­ungen.“

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FOTO: COFFRINI/AFP Wo steuert die olympische Idee unter IOC-Präsident Thomas Bach hin? Der oberste Sportfunkt­ionär scheint es selbst nicht zu wissen.

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