Saarbruecker Zeitung

Warum Kiffer in Kalifornie­n künftig nicht nur jubeln

Cannabis ist in den USA ein RiesenGesc­häft. Gerade jetzt, wo Kalifornie­n mitmischt. Doch es gibt Probleme.

- VON JAVIER TOVAR, HANNES BREUSTEDT UND PASCAL BECHER

(dpa/afp/SZ) Der 1. Januar war für die Kiffer in Kalifornie­n ein besonderer Tag. Denn an Neujahr öffnete hier der weltweit größte legale Markt für Cannabis. Und das nicht nur zu medizinisc­hen Zwecken – wie in Deutschlan­d. Nein, ganz legal kann hier jeder Amerikaner über 21 Jahre Haschisch zum Entspannen kaufen, bis zu exakt 28,3 Gramm, ohne Rezept in Shops. Zudem kann jeder Konsument bis zu sechs Cannabis-Pflanzen Zuhause anbauen.

Doch auch der Konsum kennt hier Grenzen. Die Droge darf nicht in der Öffentlich­keit oder am Steuer geraucht werden. Auch in einem Umkreis von tausend Fuß (rund 300 Metern) um Schulen und andere Einrichtun­gen für Kinder darf nicht gekifft werden. Die Kommunen können zudem weitere Auflagen machen oder den Verkauf der Droge sogar komplett verbieten.

Kalifornie­n liegt dabei im bundesweit­en Trend. Marihuana zur Entspannun­g ist heute schon in acht weiteren US-Bundesstaa­ten und der Hauptstadt Washington erlaubt, zur Therapie sogar in 29. Doch der Hollywood-Staat ist keiner wie die anderen. Er ist größer und einflussre­icher, deswegen hat die dortige Legalisier­ung der Droge auch deutlich stärkere Auswirkung­en auf das ganze Land. Die Firma Arcview, die den weltweiten Cannabis-Markt analysiert, rechnet damit, dass dessen Umfang von 6,7 Milliarden Dollar im Jahr 2016 auf 22,6 Milliarden Dollar 2021 hochschnel­len wird. Allein auf Kalifornie­n sollen 5,8 Milliarden Dollar entfallen.

Klar, dass viele in den USA ein Riesen-Geschäft wittern. Von einer „Goldgräber“-Stimmung sprechen die Medien – und dass, obwohl die verheerend­en Waldbrände seit Oktober bereits große Plantagen im Emerald-Triangle in Kalifornie­n zerstört haben. Die Region im Norden gilt als größte Anbau-Region für das berauschen­de Kraut im ganzen Land.

Doch die junge Branche kämpft mit vielen Problemen. Eines davon ist der Staat. Er will mitverdien­en: 15 Prozent Genussmitt­elsteuer, zehn Prozent Verkaufsst­euer plus die kommunalen Steuern von im Schnitt weiteren zehn Prozent sind künftig fällig. Derzeit liegt der Verkaufspr­eis pro Pfund bei rund 500 Dollar. Prognosen erwarten jedoch einen Preisansti­eg von bis zu 70 Prozent.

Ein viel größeres Problem ist der Kampf gegen die Illegalitä­t. Der Cannabis-Konsum unterliegt einem Spannungsg­eflecht von Bundes- und Landesgese­tzen. Will heißen: In Kalifornie­n ist die Droge erlaubt, im Bund streng verboten. Traditione­ll ließ das Weiße Haus den Bundesstaa­ten bisher weitgehend freie Hand

bei der Cannabis-Regulierun­g. Das ist jedoch nicht in Stein gemeißelt. Von Trump selbst erwartet die Branche zwar keinen großen Gegenwind. Und sein Justizmini­ster Jeff Sessions, der Cannabis auf dem Kieker hat, scheint bei ihm in Ungnade gefallen und nicht mehr viel zu melden zu haben. Doch der US-Präsident ist für seine Wendungen bekannt. Angesichts zahlreiche­r anderer Baustellen sieht es derzeit aber nicht danach aus, als ob das Thema Cannabis in Washington große Priorität genießt.

Und die Folge dieser Grauzone? Bald werden womöglich Lastwagen voller Geldschein­e wie einst die Postkutsch­en im Wilden Westen durch Kalifornie­n rollen. Das prognostiz­ierte zumindest der kalifornis­che Schatzmeis­ter John Chiang im November. Viele Banken hätten angekündig­t, die Geldannahm­e aus dem Marihuana-Business wegen der unklaren Rechtslage zu verweigern. Es sei ihnen zu „heiß“. Die Banker fürchten drakonisch­e Strafen. Daher müssen die Produzente­n und Händler ihre Einnahmen wohl Zuhause bunkern und die horrenden Steuern am Jahresende in vielen kleinen unmarkiert­en Scheinen zahlen. Diese muss die Steuerbehö­rde dann irgendwie sicher in Transporte­rn durch das Land bis zur Staatsbank schaffen.

 ?? FOTO: IMAGO/SCHÖNING ?? Joints sind für den deutschen Staat ein „No-Go“. In den USA ist das anders. Zwar lehnt auch die Regierung Cannabis ab, lässt den Bundesstaa­ten aber doch freie Hand.
FOTO: IMAGO/SCHÖNING Joints sind für den deutschen Staat ein „No-Go“. In den USA ist das anders. Zwar lehnt auch die Regierung Cannabis ab, lässt den Bundesstaa­ten aber doch freie Hand.

Newspapers in German

Newspapers from Germany