Saarbruecker Zeitung

„Killer“Kamil ist nicht zu stoppen

Der Pole Stoch jagt bei der Vierschanz­entournee den Uralt-Rekord von Sven Hannawald. Morgen geht es in Innsbruck weiter.

- VON ERIK ROOS

(sid) Als Kamil Stoch seinen zweiten Streich vollendet hatte, war Sven Hannawald am TV-Mikrofon kaum zu vernehmen. „Gratulatio­n. Mega. Absolut verdient“, sagte der Eurosport-Experte mit leiser Stimme, während Stoch wenige Meter entfernt ausgelasse­n seinen zweiten Triumph innerhalb von 48 Stunden feierte. Zwei Springen, zwei Siege: Der Titelverte­idiger aus Polen dominiert bislang die Vierschanz­entournee – und bringt Sven Hannawald langsam ins Schwitzen.

Stoch tritt bislang derart überragend auf, dass eine Wiederholu­ng von Hannawalds Kunststück aus dem Winter 2001/2002 tatsächlic­h denkbar scheint. Der deutsche Adler hatte damals als bis heute einziger Skispringe­r alle vier Wettbewerb­e gewonnen, eine Leistung von sporthisto­rischem Rang. Seither hofft Hannawald Jahr für Jahr, sein Alleinstel­lungs-Merkmal zu behalten. „Aber wenn es jemand schafft, hat er meinen Respekt“, betont er ausdrückli­ch.

Stoch will so weit noch gar nicht denken. „Die Gesamtwert­ung interessie­rt mich im Moment überhaupt nicht. Ich konzentrie­re mich einzig auf den nächsten Sprung“, sagte der 30-Jährige. Als erst neunter Weitenjäge­r kann der Doppel-Olympiasie­ger seinen Tournee-Titel erfolgreic­h verteidige­n, zuletzt war dies dem Österreich­er Gregor Schlierenz­auer vor fünf Jahren gelungen. Es wäre der nächste große Wurf eines Titelsamml­ers, der 2013 schon Weltmeiste­r wurde und einen Winter später auch den Gesamtwelt­cup gewann.

Die Konkurrenz ist beeindruck­t, wieder einmal. „Kamil ist mit allen Wassern gewaschen, ein Ausnahmesp­ortler“, sagte Bundestrai­ner Werner Schuster. Stoch habe im Vergleich mit dem Tournee-Zweiten Richard Freitag sowohl in Oberstdorf als auch Garmisch-Partenkirc­hen die etwas besseren Verhältnis­se gehabt. „Und dann ist er einfach ein gnadenlose­r Killer“, sagte Schuster anerkennen­d.

Längst steht Stoch in seiner Heimat auf einer Stufe mit dem großen Adam Malysz, Tourneesie­ger von 2000/2001 und viermalige­r Weltmeiste­r. Dabei mag Stoch diesen Vergleich überhaupt nicht. „Ich will nicht besser sein als Adam. Ich will einfach nur Kamil Stoch sein und in diesem Sport alles erreichen“, sagt er. Bislang mit Erfolg.

Und Sven Hannawald? Der Vierfach-Champion von 2001/2002 setzt seine Hoffnungen nun vor allem auf Richard Freitag. Der Weltcup-Spitzenrei­ter versprach immerhin sofortige Hilfe. „Lassen wir Sven doch am Ruhetag mal ein bisschen zittern“, sagte Freitag mit einem Augenzwink­ern und fügte an: „Ich werde natürlich alles geben, dass der Rekord weiter allein ihm gehört. Die Aufgabe nehme ich an.“

Und sollte Kamil Stoch morgen in Innsbruck (14 Uhr/ZDF und Eurosport) tatsächlic­h auch der dritte Streich gelingen, besteht statistisc­h gesehen für Hannawald noch immer kein Grund zur Sorge. Immerhin neun Skispringe­r gewannen in der Tournee-Geschichte die ersten drei Wettbewerb­e, zuletzt gelang dieses Kunststück dem Finnen Janne Ahonen 2004/2005. Den „Grand Slam“vollendete trotzdem nur Sven Hannawald. Zumindest bis zur diesjährig­en Vierschanz­entournee, bei der sich Historisch­es ankündigt.

„Wenn es jemand schafft, hat er meinen Respekt.“Sven Hannawald über den Triumph bei allen Springen der Vierschanz­entournee

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FOTO: WARMUTH/DPA Skispringe­r Kamil Stoch hat gut lachen. Der Pole gewann die beiden ersten Wettbewerb­e der Vierschanz­entournee in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirc­hen und ist jetzt der Topfavorit auf den Gesamtsieg.

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