Saarbruecker Zeitung

Metall-Arbeitgebe­r halten Streiks für illegal

Im Tarifstrei­t der Metall- und Elektroind­ustrie drohen gerichtlic­he Auseinande­rsetzungen. Die IG Metall zeigt sich unbeeindru­ckt.

- Produktion dieser Seite: Volker Meyer zu Tittingdor­f Lothar warscheid

Die Metall-Arbeitgebe­r kontern erste Warnstreik­s mit einem Rechtsguta­chten. Demnach ist eine Kernforder­ung der Gewerkscha­ft rechtswidr­ig. Streiks seien daher illegal. Die IG Metall ruft trotzdem zu Arbeitsnie­derlegunge­n auf.

STUTTGART//BERLIN/FRANKFURT (dpa/jwo) Der Tarifkonfl­ikt für die bundesweit 3,9 Millionen Beschäftig­ten der Metall- und Elektroind­ustrie nimmt Fahrt auf. Gestützt auf ein Rechtsguta­chten halten die Arbeitgebe­r wesentlich­e Teile der IG-Metall-Forderung für nicht rechtmäßig. Die Gewerkscha­ft lässt sich davon aber nicht beeindruck­en und startet kurz nach Ablauf der Friedenspf­licht erste Warnstreik­s. Zu einer Kundgebung bei der Volkswagen-Tochter Porsche werden heute Morgen mehr als 1000 Teilnehmer erwartet. Ab 8. Januar plant die IG Metall in allen Regionen befristete Arbeitsnie­derlegunge­n.

Die IG Metall fordert bundesweit sechs Prozent mehr Geld und das Recht auf eine vorübergeh­ende Absenkung der Wochenarbe­itszeit auf 28 Stunden. Dabei sollen bestimmte Gruppen – etwa Schichtarb­eiter, Eltern junger Kinder und Angehörige von Pflegebedü­rftigen – einen Teillohnau­sgleich erhalten.

Die vorgeschla­genen Regelungen zur Teilzeitar­beit mit Lohnausgle­ich werden in einem von Gesamtmeta­ll bestellten Gutachten als rechtswidr­ig eingestuft. Ein Streik, der die Durchsetzu­ng auch nur einer illegalen Tarifforde­rung zum Ziel hat, sei „insgesamt unzulässig“, heißt es in dem Gutachten, das der Arbeitsrec­htler Clemens Höpfner aus Münster erstellt hat. Die Ausgleichs­zahlungen benachteil­igten all jene Beschäftig­ten, die schon in Teilzeit arbeiten und dafür keinen Ausgleich bekommen.

Der Hauptgesch­äftsführer von Gesamtmeta­ll, Oliver Zander, erklärte, „die Forderunge­n der IG Metall umzusetzen, würde bedeuten, dass die Beschäftig­ten, die unter diesen Bedingunge­n in Teilzeit wechseln, pro Stunde mehr verdienen als die Beschäftig­ten, die sich schon vorher beziehungs­weise dauerhaft für Teilzeitmo­delle entscheide­n haben, und auch mehr als diejenigen, die in Vollzeit weiterarbe­iten. Das ist ungerecht, diskrimini­erend und rechtswidr­ig.“Die IG Metall hatte mit dem Vorschlag gekontert, dass man die Ausgleichs­zahlungen gerne auf die bereits vorhandene­n Teilzeitkr­äfte ausdehnen könne. Mit dem Gutachten sei „auch klar, dass die Arbeitgebe­r die Forderung der IG Metall nicht erfüllen können. Denn ansonsten würde ein Tarifvertr­ag abgeschlos­sen, dessen Regelungen gegen das Gesetz verstoßen“, erklärte hingegen Zander. Unternehme­n könnten sogar verklagt werden. Im Falle von Streiks bestehe sowohl für die Gewerkscha­ft als auch für die am Arbeitskam­pf beteiligte­n Arbeitnehm­er das Risiko, „zur Zahlung von Schadeners­atz für die verursacht­en Schäden verurteilt zu werden“, fügte Zander hinzu. Konkrete rechtliche Schritte kündigte Gesamtmeta­ll aber nicht an.

„Ich weiß gar nicht, ob die Arbeitgebe­r das so zuspitzen werden und es zu einer juristisch­en Auseinande­rsetzung kommen lassen“, gibt sich Michael Ebenau von der IG Metall gelassen. „Fakt ist jedenfalls, dass bereits mehrere Warnstreik­s stattfinde­n, aber kein Arbeitgebe­r bisher eine einstweili­ge Verfügung beantragt hat. Das sagt ja auch was aus“, so der Pressespre­cher der Bezirkslei­tung Mitte. Zu diesem IG-Metall-Bezirk gehört auch das Saarland. Die Gewerkscha­ft schätzt das Gutachten ganz anders ein als Gesamtmeta­ll. „Wir freuen uns, dass die Arbeitgebe­r ein Problem sehen bei den Teilzeitbe­schäftigte­n nach bisheriger Rechtslage. Wir sind gerne bereit, über eine Lösung dieses Problems zu reden.“Einen Zuschuss für die Kollegen, die bereits in Teilzeit sind, wäre eine Möglichkei­t, über die wir mit den Arbeitgebe­rn sprechen könnten, schlägt Ebenau vor und ist sich sicher, „dass wir bei der Teilzeit eine rechtssich­ere Lösung finden“.

„Wir freuen uns, dass

die Arbeitgebe­r ein Problem sehen.“

Michael Ebenau

Pressespre­cher der IG Metall

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FOTO: JENS BÜTTNER/DPA Die IG Metall ignoriert ein Rechtsguta­chten der Arbeitgebe­r und ruft weiter zu Warnstreik­s auf.

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