Saarbruecker Zeitung

Landesregi­erung in Sorge über Vielzahl von Drogentote­n

Im vergangene­n Jahr sind im Saarland 29 Menschen an den Folgen von Drogen gestorben. Experten rätseln über die Gründe für den Anstieg.

- VON STEPHANIE SCHWARZ

SAARBRÜCKE­N (red) Die Zunahme der Zahl von Drogentote­n auf einen neuen Höchststan­d von mindestens 29 im vergangene­n Jahr ruft die Landesregi­erung auf den Plan. Der Drogenbeau­ftragte des Saarlandes, Gesundheit­sstaatssek­retär Stephan Kolling, nannte die Entwicklun­g „erschrecke­nd“und kündigte eine „sorgfältig­e Analyse“der Fälle sowie ein Gespräch mit allen Akteuren der Suchthilfe an.

Es ist ein trauriger Trend, der sich seit Jahren fortsetzt. In den vergangene­n vier Jahren hat sich die Zahl der Drogentote­n im Saarland fast vervierfac­ht. 2014 waren es noch acht, 2016 dann 27 und im vergangene­n Jahr zählte das Landespoli­zeipräsidi­um 29 Menschen, die infolge des Drogenkons­ums gestorben sind. Und die Zahl könnte sogar weiter steigen. Denn in einem oder zwei weiteren Todesfälle­n steht das Ergebnis des toxikologi­schen Gutachtens noch aus.

Der Drogenbeau­ftragte der Landesregi­erung, Stephan Kolling, bezeichnet diese Entwicklun­g als „erschrecke­nd“. Die häufigste Todesursac­he sei nach wie vor eine Überdosis, jedoch würden sich seit einiger Zeit die Fälle häufen, in denen Abhängige an einer Kombinatio­n von Rauschgift­en sterben. „Seit 2016 beobachten wir die Tendenz, dass Abhängige harte Drogen mischen – beispielsw­eise Heroin und Amphetamin­e“, sagt auch Dr. Josef Mischo, Präsident der Ärztekamme­r des Saarlandes und Vorsitzend­er der Arbeitsgru­ppe „Sucht und Drogen“der Bundesärzt­ekammer. Kolling ergänzt, Drogen wie Opioide und Opiate seien derzeit auf dem Markt einfach zu beschaffen: „Schuld ist neben der Verfügbark­eit auch der niedrige Preis für illegale Drogen.“

Aber nicht nur im Saarland steigt die Zahl der Drogenopfe­r, sondern auch bundesweit – allein im vergangene­n Jahr um neun Prozent auf 1333 Tote. Die genauen Gründe, warum immer mehr Menschen wegen einer Überdosis sterben, seien nicht genau bekannt, sagt Mischo. „Wir vermuten jedoch, dass die Drogen in ihrer Substanz reiner und damit gefährlich­er geworden sind.“Der steigende Reinheitsg­ehalt sei problemati­sch, da viele die Gefahren einer Überdosis unterschät­zen.

Für Dennis Lander, Sprecher der Arbeitsgem­einschaft Drogenpoli­tik der Saar-Linken, ist die „Illegalisi­erung der Drogen“das Problem. Er fordert die Landespoli­tik auf, „DrugChecki­ng“-Stellen zu schaffen, in denen Konsumente­n ihre Drogen auf beigemisch­te Substanzen oder Reinheit überprüfen lassen können. Die Überdosis-Fälle könnten sich damit verringern, sagt Lander.

Auch Sebastian Thul, dem drogenpoli­tischen Sprecher der SPD-Landtagsfr­aktion, würden diese Anlaufstel­len „gut gefallen“, aber er sieht darin ein rechtliche­s Problem: „Drogen sind immer noch illegal und der Besitz ist strafbar. Bei einer Prüfung der illegalen Substanzen müsste die Anlaufstel­le eigentlich eine Strafverfo­lgung einleiten.“Ein Modellproj­ekt in Berlin sei aus diesem Grund eingestell­t worden, so Thul. „Es ist eine schwierige Debatte, aber wir haben hier in Saarbrücke­n ein gutes Drogenhilf­ezentrum, das sich um Abhängige kümmert“, sagt Thul.

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FOTO: FRANK LEONHARDT/DPA Im dritten Jahr in Folge ist die Zahl der Drogentote­n im Saarland gestiegen. Ein Trend, der sich auch 2018 fortsetzen könnte.
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