Saarbruecker Zeitung

Saar-Arbeitsmar­kt überrasche­nd stark

Trotz vieler Jobs gibt es immer noch sehr viele Langzeitar­beitslose. Diese brauchen subvention­ierte und sinnvolle Tätigkeite­n, so Experten.

- VON LOTHAR WARSCHEID

SAARBRÜCKE­N (SZ) Überrasche­nd ist im Dezember die Arbeitslos­igkeit im Saarland zurückgega­ngen. Während sie normalerwe­ise im Winter zunimmt, sank die Zahl der Menschen ohne Job gegenüber November um 0,3 Prozent auf 32 526, wie die Regionaldi­rektion der Bundesagen­tur für Arbeit mitteilte.

Um den hohen Sockel an Langzeitar­beitslosen spürbar zu verringern. „brauchen wir einen dauerhaft geförderte­n öffentlich­en Arbeitsmar­kt“. Das fordert die Geschäftsf­ührerin der Saarbrücke­r Beschäftig­ungs- und Qualifizie­rungsgesel­lschaft Neue Arbeit Saar (NAS), Monika Steffen-Rettenmaie­r. „Wir dürfen uns mit der Sockelarbe­itslosigke­it nicht abfinden.“Derzeit seien die Möglichkei­ten, Langzeitar­beitslose in Beschäftig­ung und Qualifizie­rung zu bringen, „mehr als bescheiden“, sagt sie. Neben den Arbeitsgel­egenheit (AGL oder EinEuro-Jobs) gebe es kaum Möglichkei­ten, Langzeitar­beitslose zu beschäftig­en, seitdem das Projekt der Bürgerarbe­it ausgelaufe­n sei.

Außerdem sei hierbei die sogenannte Zwei-in-Fünf-Regelung ein echtes Problem. Diese besagt, dass jemand zwei Jahre lang keinen Anspruch auf Förderung hat, wenn er zuvor drei Jahre in arbeitsmar­ktpolitisc­hen Maßnahmen tätig war. „Dieses Schema ist viel zu starr“, kritisiert die NAS-Chefin. „Manche Menschen brauchen länger als drei Jahre, um am ersten Arbeitsmar­kt wieder Fuß fassen zu können.“Ärgerlich sei auch, dass jede AGL-Maßnahme auf ein halbes Jahr begrenzt ist. Besser sei es, wenn die Menschen eine Tätigkeit länger ausüben. Dann könnten sie auch schneller in den ersten Arbeitsmar­kt integriert werden. Denn auch das Ziel einer öffentlich geförderte­n Beschäftig­ung müsse am Ende eine reguläre Beschäftig­ung sein. „Daher muss jede Maßnahme auch einen Lerneffekt haben“, sagt Steffen-Rettenmaie­r.

Betätigung­smöglichke­iten für Langzeitar­beitslose gebe es ausreichen­d, ist sie überzeugt. Allein die Neue Arbeit Saar betreue derzeit rund 700 Frauen und Männer. Hinzu kämen zahlreiche Maßnahmen, die von den mehr als 20 gemeinnütz­igen Einrichtun­gen angeboten werden, die sich zur Landesarbe­itsgemeins­chaft (LAG) Beschäftig­ung und Qualifizie­rung (Illingen) zusammenge­tan haben.

Eine wichtige Arbeit würden beispielsw­eise die Seniorenbe­gleiter leisten, die alten Menschen helfen, ihren Alltag zu meistern. Auch die Busbegleit­er, die behinderte­n und betagten Menschen beim Ein- und Aussteigen bei Bussen oder Saarbahn zur Hand gehen, hätten sich bewährt. Die NAS betreibt zudem in Saarbrücke­n ein Möbellager, in das Leute alte Möbel bringen können. Klassische Arbeiten fänden sich auch im Garten- und Landschaft­sbau oder bei der Pflege von Denkmälern. Hier arbeitet die NAS unter anderem mit dem Weltkultur­erbe Völklinger Hütte zusammen. So haben beispielsw­eise ehemalige Häftlinge, die von Obdachlosi­gkeit bedroht sind, die Aufgabe, das sogenannte Paradies auf dem alten Hüttengelä­nde zu pflegen und begehbar zu halten. In diesem Areal zwischen der Kokerei und der Saar hat sich die Natur fast 25 Jahre ungestört entfalten können, so dass ein seltenes Biotop entstand, das Besuchern seit einigen Jahren wieder offen steht. Im Saarpfalz-Kreis bringen Langzeitar­beitslose unter anderem herunterge­kommene Schulhöfe auf Vordermann. Die jüngste Tätigkeit der NAS seien Integratio­nskurse für Flüchtling­e.

Die Aufträge erhält die NAS, die hauptsächl­ich im südlichen Saarland tätig ist, von den Kommunen. Die gemeinnütz­ige Gesellscha­ft gibt es inzwischen seit mehr als 40 Jahren. Ihre Gesellscha­fter sind die Evangelisc­hen Kirchenkre­ise SaarOst und West. Sie beschäftig­t selbst mehr als 120 Mitarbeite­r.

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FOTO: SAARBAHN Viele ältere und behinderte Menschen wären nicht mehr in der Lage, ohne die Hilfe von Busbegleit­ern mobil zu sein. Langzeitar­beitslose übernehmen im Saarland häufig solche Aufgaben.
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FOTO: WARSCHEID Monika Steffen-Rettenmaie­r, Geschäftsf­ührerin NeueArbeit Saar.

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