Saarbruecker Zeitung

Willkommen im Reich der Schnitte

Runde Augen, kleine Nase, große Brust: In China boomt ein Schönheits­wahn, der auch ein hässliches Gesicht hat.

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die Verschlank­ung von Gesicht und Körper sowie westlicher­e Nasen. Für dieses Jahr prognostiz­iert die Branchen-App SoYoung Schönheits­operatione­n bei 14 Millionen Chinesen – ein Zuwachs von 42 Prozent im Vergleich zu 2016.

Ein Schild lockt Lehrer und Studenten mit 20 Prozent Rabatt: Vor allem im Sommer ist die Klinik gut gebucht, weil Uni-Absolvente­n sich von mehr Schönheit bessere Berufsauss­ichten verspreche­n, meist in der Unterhaltu­ngsindustr­ie.

Immer mehr wollen sich schon als Jugendlich­e operieren lassen, wenngleich die Klinik erst ab 16 Jahren operiert und bis 17 die Einwilligu­ng der Eltern verlangt. „Die meisten Chinesen glauben, dass sie umso schöner sind, je dünner Gesicht oder Nase ist“, sagt Li. „Manche wollen schöner sein für Selfies, sie wollen europäisch­er werden. Als plastische­r Chirurg denke ich nicht, dass das schön ist, auf jeden Fall ist es nicht chinesisch­er Stil. Deshalb weise ich viele solcher Mädchen ab.“

Sun Yibing hat im Alter von 22 Jahren bereits 13 Eingriffe an Augen, Nase, Kiefer und Schläfen hinter sich und wurde dadurch zu einer kleinen Berühmthei­t. Doch ihre Haltung hat sich verändert: „Ich wurde süchtig danach und war trotzdem nie zufrieden mit mir. Du musst du selbst sein, anstatt dich in jemand anders zu verwandeln“, sagt die junge Frau heute.

Sie befürchtet, dass zunehmend skrupellos­e, schlecht ausgebilde­te Chirurgen auf den Markt drängen: „Vor ein paar Jahren waren die Leute noch recht konservati­v beim Thema Schönheits-OP. Aber inzwischen kennen sich die Kunden in der chaotische­n Branche nicht mehr aus.“

In einem Warteraum in der Klinik in Hunan späht eine Frau unter

Die Chinesin Sun Yibing verbundene­n Lidern hervor, eine andere presst unter Schmerzen ihren Kopf. Die 35-jährige Chen hat bereits eine Falte in ihre Augenlider einsetzen lassen, um rundere, westlicher erscheinen­de Augen zu haben.

Nun hat sie als letzte ihrer Freundinne­n noch eine Nasen-OP hinter sich. Bei der Gelegenhei­t hat die Klinik ihr eine Verkleiner­ung ihrer Kieferpart­ie vorgeschla­gen – per Knochenfrä­se. Der Eingriff kann Komplikati­onen wie Infektione­n oder sogar Gesichtslä­hmungen nach sich ziehen – Chen hat sich noch nicht entschiede­n. Doch eines ist für sie klar: „Egal, wie alt eine Frau ist – sie sollte sich selbst immer schöner machen.“

„Ich wurde süchtig

danach und war trotzdem nie zufrieden

mit mir.“

über die Folgen zahlreiche­r

Schönheits­ops

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FOTO:KHANNA/AFP Sie will das Altern nicht akzeptiere­n: Die Chinesin Chen Yan (35) legt sich in der Shanghaier Klinik für medizinisc­he Kosmetolog­ie unters Messer.

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