Wer jagt hier die Jäger?
Neu im Kino: „Die Spur“von Agnieszka Holland – Dorf-Öko-Thriller aus dem ländlichen Polen
Die Leiche im Wald sieht nicht sehr appetitlich aus. Offenkundig haben sich schon Tiere an dem Kadaver des Mannes gütlich getan. Janina Duszejko kannte den Toten, einen der Honoratioren im nahen Ort, zudem ein passionierter Jäger. Vermutlich traf ihn eine Kugel der eigenen Jagdgefährten.
So genau kann Janina der Polizei dazu auch keine Angaben machen. Die an sich freundliche ältere Dame mit der Plastiktüte ist ja nur die Totenfinderin, ansonsten eher die Englischlehrerin im Ort und in der Freizeit passionierte Astrologin, außerdem liebt sie Tiere. Dass eines Morgens ihre beiden Hunde verschwanden und es auch blieben, hat in Janina etwas verändert. Dann gibt es einen weiteren Toten, und dann noch einen.
Das könnte auch ein neuer, bizarrer skandinavischer Thriller sein, tatsächlich aber spielt der Film im Glatzer Kessel, im hügeligen Grenzgebiet zwischen Polen und Tschechien und ihm liegt der von Olga Tokarczuk verfasste Roman „Der Gesang der Fledermäuse“zugrunde. Im Buch ist die Heldin die Erzählerin, im Film ist sie erzählte Hauptfigur, weil es – weitgehend – keine subjektiven Kamerablickwinkel gibt. Janina, gespielt von Agnieszka Mandat als großmütterliche Hexe mit Öko-Appeal und scharfem Pendelausschlag zwischen Lieblichkeit und Verbissenheit, ist zwar Einzelgängerin, aber keineswegs isoliert. Sie unterhält eine zwinkernde Freundschaft mit dem Nachbarn, unterstützt eine junge Frau dabei, das Sorgerecht für ihr Kind zu erlangen, und sie hilft einem ehemaligen Schüler, dem Epileptiker Dyzio, die Texte von William Blake zu übersetzen. Hierbei stellt das Gedicht „The Mental Traveller“eine mystische, philosophische Komponente dar, die der Handlung eine gedankliche Ebene einbringt, über die nachzudenken nicht verkehrt ist.
Lange ist dieser verschmitzt operierende Thriller, den Agnieszka Holland mit ihrer Tochter Kasia Adamik mit klassischen Versatzstücken des Suspense inszenierte, ein gleichermaßen amüsant wie hintergründig spannender Dorfkrimi. Auf der Zielgeraden allerdings überdreht die Handlung dann leichtfertig ins Märchenhafte.
Pol/D u.a. 2017, 128 Min., Fimhaus (Sb); Regie: Agnieszka Holland; Buch: Holland, Olga Tokarczuk; Kamera: Jolanta Dylewska, Rafal Paradowski; Musik: Antoni Lazarkiewicz; Darsteller: Agnieszka Mandat, Wiktor Zborowski, Jakub Gierszal, Patrycja Volny.
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