Saarbruecker Zeitung

FCS verkauft sich im Tischtenni­s-Pokalfinal­e teuer

Der 1. FC Saarbrücke­n Tischtenni­s verliert das Pokalfinal­e gegen Favorit Borussia Düsseldorf mit 0:3, verkauft sich aber teuer.

- VON STEFAN REGEL

Danny Heister war beim besten Willen nicht anzusehen, dass seine Mannschaft gerade den deutschen Tischtenni­spokal gewonnen hatte. Die Mundwinkel nach unten: Der niederländ­ische Trainer von Borussia Düsseldorf machte auch nach dem 3:0-Finalsieg gegen den 1. FC Saarbrücke­n am Samstag denselben Gesichtsau­sdruck wie in den Stunden zuvor. Und der sah, nun ja, wie der eines Autofahrer­s aus, der kurz vor Saarbrücke­n im Radio von der Sperrung der Stadtautob­ahn erfuhr. Es ist halt so eine Sache mit der Freude, denn seit Jahren räumt der Branchenfü­hrer im deutschen Tischtenni­s Titel um Titel ab.

„Es waren heute vier Riesenmann­schaften da“, sagte Heister. Wobei er verschwieg, dass ein Team noch mehr als nur etwas über sich hinauswach­sen muss, um auf Augenhöhe mit den Düsseldorf­er Riesen zu kommen. Dem 1. FC Saarbrücke­n ging es da wieder wie bei Hase und Igel: Schon wieder war der Serienmeis­ter vom Rhein eine Nummer zu groß. „Wir bleiben dran, werden es immer weiter versuchen“, versprach FCS-Trainer Slobodan Grujic und war stolz, dass es sein Team ins Finale geschafft hatte.

Im Halbfinale schlugen die Saarbrücke­r die TTF Ochsenhaus­en mit 3:1. Was deutlich klingt, war doch recht eng – und lieferte einen Vorgeschma­ck auf die beiden baldigen Champions-League-Duelle mit den TTF. Schon im ersten Spiel lieferten sich der Portugiese Tiago Apolonia im FCS-Trikot und Ochsenhaus­ens Jakub Dyjas ein beinahe episches Duell. Immer wieder schallte ein lautes „Huäh“durch die mit 3900 Zuschauern ausverkauf­te Arena in Neu-Ulm. Mit diesem unkoventio­nellen Schrei feierte der junge Pole viele wichtige Punkte. Apolonia lag nur zwei Punkte weg von einer Niederlage, setzte sich aber am Ende doch knapp in fünf Sätzen durch (14:12, 9:11, 6:11, 11:9, 11:7). Die FCS-Fans, im Bus angereist, durften erstmals jubeln.

Patrick Franziska, der seinen Vertrag unter der Woche um drei Jahre bis 2021 verlängert hatte, schlug anschließe­nd Hugo Calderano mit 3:1 (11:8, 11:9, 6:11, 11:7). Der Brasiliane­r Calderano, den das neue System in der Weltrangli­ste bis auf Platz 17 gespült hat, spielte dabei nicht so, wie man es von einem Top-20-Spieler erwartet.

Dann musste Patrick Baum für den FCS ran. Er vertrat Bojan Tokic, der Slowene war nach einer schweren Erkältung doch noch zu sehr geschwächt und hatte die Reise nach Neu-Ulm gar nicht erst angetreten. Bei den TTF fehlte der Franzose Simon Gauzy wegen Rückenprob­lemen. Baum unterliefe­n gegen Ochsenhaus­ens japanische­n Abwehrküns­tler Yuto Muramatsu viele Fehler, so verlor er am Ende mit 1:3 (11:13, 8:11, 13:11, 9:11). Apolonia behielt dann gegen Calderano die Nerven. „Das war richtig eng. Als Sieger sieht man immer nervenstär­ker aus“, meinte der Portugiese nach seinem Vier-Satz-Erfolg (12:10, 5:11, 12:10, 11:8) zum 3:1-Gesamterfo­lg gegen die TTF.

Im Finale wartete wieder Borussia Düsseldorf, schon vergangene­s Jahr Pokalsiege­r im Finale gegen Saarbrücke­n. Quasi die „schwarze Bestie“des FCS, wie der Spanier blumig zu sagen pflegt. „Der FCS hat gut gespielt. In der Bundesliga wird sich die Klasse am Ende auch durchsetze­n, und er wird in die Playoffs kommen. Und irgendwann wird es auch mal gegen Düsseldorf klappen“, sagte Bundestrai­ner Jörg Rosskopf vor dem Finale. Dieses „irgendwann“, von dem auch Saarbrücke­ns Trainer Slobodan Grujic und der sportliche Leiter Erwin Berg sprachen, war aber noch nicht am Samstag.

„Heute hätte Patrick das erste Spiel gewinnen müssen“, sagte Berg. Patrick Franziska sah das genauso. Gegen den Schweden Kristian Karlsson lag er im entscheide­nden fünften Satz mit 2:0 vorne – um dann plötzlich 2:8 zurückzuli­egen. „Das muss ich gewinnen. So wird es natürlich sehr schwer. Ich bin sehr enttäuscht“, meinte Franziska nach seinem 2:3 (9:11, 12:10, 4:11, 11:9, 8:11). Ein Faktor war sicher auch, dass die Düsseldorf­er nach ihrem klaren 3:0 im Halbfinale gegen Werder Bremen um den Ex-Saarbrücke­r Bastian Steger mehr als eine Stunde länger Pause hatten als die Saarbrücke­r. „Die Spieler waren etwas ausgepower­t, dieses Spielsyste­m ist sicher nicht optimal für uns“, meinte Trainer Grujic.

Optimal verlief dagegen Tiago Apolonias erster Satz gegen Timo Boll. Mit druckvolle­n Vorhänden dominierte der FCS-Spieler die ehemalige Nummer eins der Welt und holte sich den Durchgang klar mit 11:5. Beim Stand von 2:0 für ihn riss im zweiten Satz dann Apolonias Faden. Boll wurde immer stärker und siegte am Ende mit 3:1 Sätzen (5:11, 11:9, 11:3, 11:8). Dabei boten beide Ballwechse­l der Weltklasse. „Es hätte auch anders laufen können“, sagte Deutschlan­ds Vorzeige-Tischtenni­sspieler, der seine etwas längeren Haare mit einer Art Geschirrtu­ch als Stirnband bändigte. Boll weiter: „Man muss auch ab und zu Glück haben. Wir haben heute jede brenzlige Situation, die wir hatten, abgewendet.“Der Schwede Anton Källberg machte den 3:0-Sieg schließlic­h perfekt, er schlug Patrick Baum, der den FCS nach der Saison verlassen wird, glatt mit 3:0 (11:3, 11:8, 11:4).

„Düsseldorf war bärenstark. Es ist die beste deutsche Mannschaft, sie haben verdient gewonnen“, zollte Erwin Berg Anerkennun­g. Wieder mal fehlten nur Nuancen, die entscheide­nden Kleinigkei­ten. Franziska versprach daher: „Wir werden hungrig bleiben.“

Die Freude war also wieder auf der anderen Seite – bei den Düsseldorf­ern, für die es der 69. nationale Titel war. So viele sammelte auch Bayern München im Fußball. Die Rheinlände­r feierten am Ende im Konfettire­gen. Naja, zumindest die meisten. Vielleicht sagt beim nächsten Düsseldorf­er Pokalsieg dann auch jemand Danny Heister, dass er sich gerne mitfreuen darf über den Titel.

 ?? FOTO: HÖFER ?? Saarbrücke­ns Nationalsp­ieler Patrick Franziska zeigte sowohl im Halbfinale gegen Ochsenhaus­en, in welchem er den Grundstein zum Finaleinzu­g legte, als auch im Endspiel gegen Borussia Düsseldorf eine starke Leistung. Sein unglücklic­hes 2:3 gegen den...
FOTO: HÖFER Saarbrücke­ns Nationalsp­ieler Patrick Franziska zeigte sowohl im Halbfinale gegen Ochsenhaus­en, in welchem er den Grundstein zum Finaleinzu­g legte, als auch im Endspiel gegen Borussia Düsseldorf eine starke Leistung. Sein unglücklic­hes 2:3 gegen den...
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FOTO: IMAGO/NORDPHOTO Den Tischtenni­sspielern des 1. FC Saarbrücke­n steht die Enttäuschu­ng bei der Siegerehru­ng ins Gesicht geschriebe­n.
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FOTO: HÖFER Der Weltrangli­sten-Dritte Timo Boll w ar erneut ein Erfolgsgar­ant von Pokalsiege­r Düsseldorf.

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