Saarbruecker Zeitung

Rehlinger will SPD-Basis stärker beteiligen

Die designiert­e Vorsitzend­e der SaarSPD will der Basis mehr Mitsprache­möglichkei­ten geben. Sogar NichtMitgl­ieder sollen künftig eingebunde­n werden.

- VON DANIEL KIRCH

Beim Landespart­eitag der SPD im März soll Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger die Nachfolge von Landes-Chef Heiko Maas antreten. Rehlinger strebt eine Partei-Reform an, bei der sie die Mitglieder zukünftig stärker an Entscheidu­ngen beteiligen will.

Beim Landespart­eitag der SPD Anfang März im Dillinger Lokschuppe­n wird eine Ära zu Ende gehen. 17 Jahre lang hat Heiko Maas die Saar-SPD geführt – und damit länger als alle seine Vorgänger mit Ausnahme von Oskar Lafontaine (1977 bis 1996). Maas übernahm den Vorsitz im Dezember 2000 im zarten Alter von 34, um einen Generation­enwechsel einzuleite­n. Und er gibt ihn nun mit 51 Jahren ab, damit sich die Partei abermals erneuern kann.

Wirtschaft­sministeri­n und Vize-Regierungs­chefin Anke Rehlinger soll seine Nachfolge antreten. Die 41-Jährige wurde am Wochenende vom Landesvors­tand einstimmig nominiert. „Es ist eine folgericht­ige Entscheidu­ng“, sagte Maas am Samstag. „Anke Rehlinger führt die Partei hier landespoli­tisch faktisch ohnehin schon.“Sie übe die wichtigste­n Funktionen aus, die die SPD innerhalb der Landesregi­erung zu vergeben habe, und mache das mit großem Engagement. „Sie hat sich viel Vertrauen erworben in der saarländis­chen Bevölkerun­g.“Rehlinger spricht von einer „Zäsur“. Sie will einiges anders machen, doch dazu später mehr.

Maas hatte die SPD nach der verlorenen Landtagswa­hl 1999 übernommen, als sie bei 44,4 Prozent stand (das damals schlechtes­te Ergebnis seit 1975) und mehr als 35 000 Mitglieder hatte. Seine Karriere in der Landespoli­tik hatte eigentlich schon 1995 begonnen, als Maas, damals aufmüpfige­r Juso-Landesvors­itzender, es gewagt hatte, über eine Zukunft der SaarSPD ohne den Übervater Oskar Lafontaine nachzudenk­en. Im Jahr darauf, oh Wunder, machte Lafontaine den jungen Juristen zum Umwelt-Staatssekr­etär. Da hatte er gerade sein Zweites Staatsexam­en in der Tasche.

Zum Ende seiner Amtszeit steht die saarländis­che SPD objektiv gesehen schlechter da als im Jahr 2000: Die Mitglieder­zahl ist mehr als halbiert, das Wahlergebn­is auf knapp 30 Prozent nach unten gerauscht. Gleichwohl wäre es einfältig, die Schuld dafür beim Landesvors­itzenden abzuladen. Zwar gingen und gehen Maas jene Leutseligk­eit und jener Hang zum Populismus ab, die sowohl Lafontaine als auch Peter Müller zu ihren Wahlerfolg­en verhalfen. Doch Maas musste Nackenschl­äge in Serie verkraften, die ihm seine drei Landtagswa­hlen verhagelte­n: der Abtritt Lafontaine­s, die bei den Gewerkscha­ften und also auch in der Saar-SPD besonders ungeliebte Agenda- und Hartz-IV-Politik, Lafontaine­s Rückkehr in die Landespoli­tik und schließlic­h der bundesweit­e Niedergang der SPD.

Wie aber wird sich Rehlinger als SPD-Landesvors­itzende von ihrem Vorgänger abheben? Die künftige Parteichef­in sagte am Samstag, es werde kein „Weiter so“geben. Bloß, was heißt das konkret?

Einen ersten Ansatzpunk­t nannte sie: „Ich glaube, wir müssen darüber nachdenken, wie wir die Mitglieder mehr beteiligen können, und zwar von der Basis her, ohne dass wir jetzt unsere Strukturen ganz auf den Kopf stellen. (…) Wir werden sicherlich darüber nachdenken, welche Entscheidu­ngen auf welcher Ebene unter welcher Beteiligun­g stattzufin­den haben.“Was das genau heißt, ob die Mitglieder künftig Spitzenkan­didaten für Landtagswa­hlen oder Bürgermeis­terkandida­ten per Urwahl küren, das ist bislang nicht bekannt.

Zweite Neuerung: Die Saar-SPD müsse schauen, „wie wir offener werden für die Mitarbeit von Bürgerinne­n und Bürgern“, also für Nicht-Mitglieder. Für solche Mitglieder und Nicht-Mitglieder, die nur themenbezo­gen mitarbeite­n wollten, soll es ebenfalls neue Angebote geben. Bei der Partei-Reform „sollten wir uns gar keine Denkverbot­e auferlegen, sondern uns den Herausford­erungen der neuen Zeit stellen“, sagte Rehlinger. Über all das, auch wie die Satzung gegebenenf­alls verändert werden müsste, soll eine Kommission beraten, die vom Landespart­eitag im März eingesetzt werden soll.

Bleibt die Frage, was aus Heiko Maas wird? Eine Rückkehr in die

Landespoli­tik scheint ausgeschlo­ssen. Welche Rolle er künftig in der Bundespoli­tik spielen wird, entscheide­t sich gerade bei den Sondierung­en von Union und SPD und beim Bundespart­eitag am 21. Januar. Maas sagt, im Fokus seiner Arbeit sei jetzt sein Bundestags-Wahlkreis Saarlouis/Merzig-Wadern. Eine Neuauflage der großen Koalition ist vermutlich Maas‘ einzige Chance, in Berlin im Spiel zu bleiben, zumindest in der ersten Reihe. „Wir werden es von den Inhalten abhängig machen“, sagt er – und sieht den Sondierung­en freudig entgegen. „Es muss jetzt auch mal Schluss sein mit grundsätzl­ichen Debatten. Jetzt geht es um die Inhalte, um hopp oder topp, jetzt muss geliefert werden.“

„Anke Rehlinger führt die Partei landespoli­tisch faktisch ohnehin schon.“

Heiko Maas

über den Wechsel an der Parteispit­ze

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FOTOS: DIETZE/DPA, GAMBARINI/DPA Anke Rehlinger wird Heiko Maas im März als SPD-Landeschef ablösen – einiges will sie anders machen.
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