Rehlinger will SPD-Basis stärker beteiligen
Die designierte Vorsitzende der SaarSPD will der Basis mehr Mitsprachemöglichkeiten geben. Sogar NichtMitglieder sollen künftig eingebunden werden.
Beim Landesparteitag der SPD im März soll Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger die Nachfolge von Landes-Chef Heiko Maas antreten. Rehlinger strebt eine Partei-Reform an, bei der sie die Mitglieder zukünftig stärker an Entscheidungen beteiligen will.
Beim Landesparteitag der SPD Anfang März im Dillinger Lokschuppen wird eine Ära zu Ende gehen. 17 Jahre lang hat Heiko Maas die Saar-SPD geführt – und damit länger als alle seine Vorgänger mit Ausnahme von Oskar Lafontaine (1977 bis 1996). Maas übernahm den Vorsitz im Dezember 2000 im zarten Alter von 34, um einen Generationenwechsel einzuleiten. Und er gibt ihn nun mit 51 Jahren ab, damit sich die Partei abermals erneuern kann.
Wirtschaftsministerin und Vize-Regierungschefin Anke Rehlinger soll seine Nachfolge antreten. Die 41-Jährige wurde am Wochenende vom Landesvorstand einstimmig nominiert. „Es ist eine folgerichtige Entscheidung“, sagte Maas am Samstag. „Anke Rehlinger führt die Partei hier landespolitisch faktisch ohnehin schon.“Sie übe die wichtigsten Funktionen aus, die die SPD innerhalb der Landesregierung zu vergeben habe, und mache das mit großem Engagement. „Sie hat sich viel Vertrauen erworben in der saarländischen Bevölkerung.“Rehlinger spricht von einer „Zäsur“. Sie will einiges anders machen, doch dazu später mehr.
Maas hatte die SPD nach der verlorenen Landtagswahl 1999 übernommen, als sie bei 44,4 Prozent stand (das damals schlechteste Ergebnis seit 1975) und mehr als 35 000 Mitglieder hatte. Seine Karriere in der Landespolitik hatte eigentlich schon 1995 begonnen, als Maas, damals aufmüpfiger Juso-Landesvorsitzender, es gewagt hatte, über eine Zukunft der SaarSPD ohne den Übervater Oskar Lafontaine nachzudenken. Im Jahr darauf, oh Wunder, machte Lafontaine den jungen Juristen zum Umwelt-Staatssekretär. Da hatte er gerade sein Zweites Staatsexamen in der Tasche.
Zum Ende seiner Amtszeit steht die saarländische SPD objektiv gesehen schlechter da als im Jahr 2000: Die Mitgliederzahl ist mehr als halbiert, das Wahlergebnis auf knapp 30 Prozent nach unten gerauscht. Gleichwohl wäre es einfältig, die Schuld dafür beim Landesvorsitzenden abzuladen. Zwar gingen und gehen Maas jene Leutseligkeit und jener Hang zum Populismus ab, die sowohl Lafontaine als auch Peter Müller zu ihren Wahlerfolgen verhalfen. Doch Maas musste Nackenschläge in Serie verkraften, die ihm seine drei Landtagswahlen verhagelten: der Abtritt Lafontaines, die bei den Gewerkschaften und also auch in der Saar-SPD besonders ungeliebte Agenda- und Hartz-IV-Politik, Lafontaines Rückkehr in die Landespolitik und schließlich der bundesweite Niedergang der SPD.
Wie aber wird sich Rehlinger als SPD-Landesvorsitzende von ihrem Vorgänger abheben? Die künftige Parteichefin sagte am Samstag, es werde kein „Weiter so“geben. Bloß, was heißt das konkret?
Einen ersten Ansatzpunkt nannte sie: „Ich glaube, wir müssen darüber nachdenken, wie wir die Mitglieder mehr beteiligen können, und zwar von der Basis her, ohne dass wir jetzt unsere Strukturen ganz auf den Kopf stellen. (…) Wir werden sicherlich darüber nachdenken, welche Entscheidungen auf welcher Ebene unter welcher Beteiligung stattzufinden haben.“Was das genau heißt, ob die Mitglieder künftig Spitzenkandidaten für Landtagswahlen oder Bürgermeisterkandidaten per Urwahl küren, das ist bislang nicht bekannt.
Zweite Neuerung: Die Saar-SPD müsse schauen, „wie wir offener werden für die Mitarbeit von Bürgerinnen und Bürgern“, also für Nicht-Mitglieder. Für solche Mitglieder und Nicht-Mitglieder, die nur themenbezogen mitarbeiten wollten, soll es ebenfalls neue Angebote geben. Bei der Partei-Reform „sollten wir uns gar keine Denkverbote auferlegen, sondern uns den Herausforderungen der neuen Zeit stellen“, sagte Rehlinger. Über all das, auch wie die Satzung gegebenenfalls verändert werden müsste, soll eine Kommission beraten, die vom Landesparteitag im März eingesetzt werden soll.
Bleibt die Frage, was aus Heiko Maas wird? Eine Rückkehr in die
Landespolitik scheint ausgeschlossen. Welche Rolle er künftig in der Bundespolitik spielen wird, entscheidet sich gerade bei den Sondierungen von Union und SPD und beim Bundesparteitag am 21. Januar. Maas sagt, im Fokus seiner Arbeit sei jetzt sein Bundestags-Wahlkreis Saarlouis/Merzig-Wadern. Eine Neuauflage der großen Koalition ist vermutlich Maas‘ einzige Chance, in Berlin im Spiel zu bleiben, zumindest in der ersten Reihe. „Wir werden es von den Inhalten abhängig machen“, sagt er – und sieht den Sondierungen freudig entgegen. „Es muss jetzt auch mal Schluss sein mit grundsätzlichen Debatten. Jetzt geht es um die Inhalte, um hopp oder topp, jetzt muss geliefert werden.“
„Anke Rehlinger führt die Partei landespolitisch faktisch ohnehin schon.“
Heiko Maas
über den Wechsel an der Parteispitze