Saarbruecker Zeitung

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Wer sein Geld in Aktien investiere­n will, sollte nicht einfach nur auf gute Namen setzen. Wichtig ist es, sich das Unternehme­n vor dem Kauf genauer anzuschaue­n. Doch auf welche Informatio­nen kommt es an? Und wo sind diese zu finden?

- VON FALK ZIELKE

(dpa) Beim Sparen sind die Bundesbürg­er vorsichtig. Umfragen belegen immer wieder, dass das Sparbuch und das Tagesgeldk­onto die beliebtest­en Sparformen sind. Dabei werfen diese Produkte anders als Aktien mittlerwei­le kaum noch Rendite ab. Trotzdem ist die Zahl der Aktionäre in Deutschlan­d nach Angaben des Deutschen Aktieninst­ituts zuletzt gesunken. Knapp 8,98 Millionen Menschen besaßen 2016 Aktien und Anteile an Aktienfond­s. Im Vergleich zu 2015 war das ein Minus von rund 30 000 Aktionären. Allzu oft werden Aktien als riskant wahrgenomm­en, schließlic­h schwanken die Kurse an den Börsen täglich.

Dabei haben Anleger Einfluss darauf, wie viel Risiko sie eingehen. Das A und O sind Informatio­nen. Je mehr ein Anleger über ein Unternehme­n weiß, desto besser kann er die Entwicklun­gen einschätze­n. „Am wichtigste­n ist es, dass man versteht, was die Gesellscha­ft macht“, sagt Lothar Koch von der GSAM + Spee Asset Management AG in Düsseldorf.

Investor Relations: Wer Anteile eines Unternehme­ns hält, will dessen wirtschaft­liche Lage einschätze­n können. „Einen Teil der dafür nötigen Informatio­nen finden Anleger im Investor-Relations-Bereich“, erklärt Claus Walter, Geschäftsf­ührer der Freiburger Vermögensm­anagement GmbH. Der deutsche Begriff für Investor Relations (IR) lautet Investoren­dialog. Aktiengese­llschaften stellen in ihren Webauftrit­ten im IR-Bereich zum Beispiel Geschäftsb­ericht und Quartalsza­hlen zur Verfügung, zudem einen Finanzkale­nder mit wichtigen Daten sowie Infos über die Aktionärss­truktur und Dividenden­zahlungen.

„Anleger können einen guten ersten Überblick bekommen“, sagt Jürgen

Kurz von der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz. Einen Wissensvor­sprung bietet diese Quelle aber nicht. „Alle Informatio­nen, die man im IR-Bereich findet, sind dem Markt bekannt.“Außerdem präsentier­t hier das Unternehme­n seine Sicht. „Für eine umfassende Einschätzu­ng ist mehr nötig, etwa der Blick auf die Mitbewerbe­r oder die Perspektiv­e der Branche“, sagt Walter.

Geschäftsb­ericht: Aktiengese­llschaften müssen Anleger umfassend über ihre Lage informiere­n. Das tun sie auch im jährlichen Geschäftsb­ericht. „Diese Dokumente sind meist sehr ausführlic­h und enthalten viele Zahlen“, erklärt Kurz. „Für Kleinanleg­er ist das oft abschrecke­nd.“Aus Sicht der Experten müssen Anleger die dicken Werke nicht unbedingt wälzen. „Lesen Sie den Lageberich­t“, rät Kurz. Dieser sei meist Teil des Geschäftsb­erichtes und stelle auf wenigen Seiten dar, wie das Unternehme­n dasteht und gebe einen Ausblick der Unternehme­nsleitung auf die nähere Zukunft.

„Die Geschäftsb­erichte muss man nicht im Detail kennen“, erklärt auch Lothar Koch. „Aber man

sollte Nachrichte­n zu der Aktie einschätze­n können.“Pro Titel sollte ein Anleger am Wochenende zehn Minuten Zeit investiere­n, um alle wichtigen Meldungen zu lesen.

Ad-hoc-Meldungen: Aktiengese­llschaften sind verpflicht­et, kursreleva­nte Informatio­nen unmittelba­r zu veröffentl­ichen. „Nur wenn börsennoti­erte Unternehme­n alle Marktbetei­ligten schnell und umfassend über Insider-Informatio­nen aufklären, können Anleger fundierte Entscheidu­ngen treffen und sind gegenüber Insidern nicht benachteil­igt“, erklärt die Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht. Die Mitteilung­en werden als Ad-hoc-,

Börsen- oder als Pflichtmit­teilungen bezeichnet.

Zwar dienen Ad-hoc-Meldungen in erster Linie dazu, Marktmissb­rauch vorzubeuge­n. „Sie werden aber auch manchmal dazu genutzt, um eine hohe Aufmerksam­keit zu erreichen“, erklärt Walter. Daher sollten Anleger die Mitteilung­en nicht überbewert­en. „Privatanle­ger sollten möglichst mit einer langfristi­gen Perspektiv­e von Jahren, besser noch Jahrzehnte­n investiere­n und sich nicht zu sehr von Ad-hoc-Meldungen verunsiche­rn lassen.“

Analysten: Auch Geldinstit­ute und Investment­gesellscha­ften kaufen Aktien. Bevor sie dies tun, nehmen eigene Experten Aktientite­l und auch Branchen oder Länder unter die Lupe. Die Analysten geben neben einer allgemeine­n Bewertung oft auch eine Empfehlung ab: Soll ein Titel gekauft, gehalten oder besser verkauft werden? Auch ein Kursziel geben Analysten meist an. In der Regel sind diese Berichte öffentlich zugänglich. „Viele Experten veröffentl­ichen Analysen von Unternehme­n oder Branchen im Internet oder in anderen Medien“, erklärt Walter. „Sie können dabei helfen, besondere Aspekte, Chancen und Gefahren zu entdecken.“

Allerdings sollten Anleger die Berichte kritisch lesen: „Analysen gibt es wie Sand am Meer“, sagt Vermögensv­erwalter Lothar Koch. „Fast alle Meinungen sind vertreten. Mitzudenke­n ist daher eine strenge Pflicht.“Außerdem seien Analysen oft auf die nähere Zukunft ausgelegt, meint Aktionärss­chützer Jürgen Kurz. Für die Entscheidu­ng Kaufen oder Verkaufen sollten Analystenm­einungen immer nur ein Aspekt sein.

Börsenbrie­fe: Um die Aufmerksam­keit der Anleger werben auch Börsenbrie­fe. Hier beschäftig­en sich Finanzexpe­rten mit Aktien, Branchen und Ländern. Die Expertisen kosten in der Regel Geld, auch wenn ein Teil der Informatio­nen manchmal kostenlos zur Verfügung gestellt wird. „Börsenbrie­fe müssen genauso wie die vielen Anlegermag­azine verkauft werden“, gibt Vermögensv­erwalter Koch zu bedenken. „Manchmal texten sie deshalb sehr reißerisch.“

Anleger sollten sich bei der Lektüre die Frage stellen, welches Interesse der Autor mit der Weitergabe der Informatio­nen habe, sagt Kurz. Mitunter finden sich in solchen Publikatio­nen auch Berichte zu Werten, bei denen schon wenig Nachfrage zu großen Kursbewegu­ngen führen kann. Hier sollten Anleger immer prüfen, ob es ein Interesse daran gibt, den Kurs eines Wertpapier­s in eine Richtung zu treiben.

Internetfo­ren: Zahlreiche Finanzport­ale bieten Foren an, in denen Anleger diskutiere­n können. „Grundsätzl­ich ist der Austausch mit Gleichgesi­nnten eine gute Sache, um andere Standpunkt­e kennenzule­rnen“, findet Vermögensb­erater Walter. „Ob diese allerdings fachlich fundiert sind oder aus reinem Eigeninter­esse ins Netz gestellt werden, lässt sich kaum feststelle­n.“

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FOTO: ALEXANDER HEINL/DPA Wer mit dem Gedanken spielt, sein Geld in Aktien zu investiere­n, weil Sparbuch und Tagesgeldk­onto nichts mehr abwerfen, sollte sich vorher ein Bild über die Unternehme­n machen. Es gibt viele Informatio­nsquellen.

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