Saarbruecker Zeitung

Wie Deutschlan­d den IS weiter bekämpfen will

Nach dem Zoff mit der Türkei ist die Bundeswehr für viel Geld nach Jordanien gezogen. Der Feind ist so gut wie besiegt, ein Abzug aber nicht in Sicht.

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AL-ASRAK (dpa) Es dröhnt laut, als die F15 ihre Kreise tief über der jordanisch­en Wüste zieht. Geschmeidi­g schneidet das US-Kampfflugz­eug durch den blauen Himmel. Auf dem Rollfeld ist es so laut, dass man sein eigenes Wort kaum versteht. Ursula von der Leyen steht zwischen einem Tornado und einem riesigen Tankflugze­ug der Bundeswehr. Sie schüttelt den Piloten lächelnd die Hand, stellt Fragen, lässt sich informiere­n. Die Verteidigu­ngsministe­rin ist zum ersten Mal hier, seit die Bundeswehr aus der Türkei auf den Stützpunkt Al-Asrak umgezogen ist.

Eigentlich wollte sie bereits im November nach Jordanien fliegen. Doch damals sollte ein Jamaika-Bündnis geschmiede­t werden, die CDU-Politikeri­n wurde in Berlin gebraucht. Jetzt, nach dem Sondierung­smarathon mit der SPD, hat sich von der Leyen mit Parlamenta­riern auf den Weg nach Al-Asrak gemacht. Viele Verbündete führen von hier aus den Kampf gegen die Terrormili­z Islamische­r Staat. Die Tornados aus Deutschlan­d machen Bilder, um IS-Ziele zu bombardier­en. Von der Leyens Antrittsbe­such ist politisch aufgeladen. Schließlic­h ist die Bundeswehr nur wegen des monatelang­en Streits mit der Türkei in dem Königreich stationier­t.

Unmengen an technische­m Gerät mussten nach Jordanien gebracht werden, 200 Container in zwölf Wochen. Kosten: sieben Millionen Euro. Der Aufwand war vielleicht politisch unausweich­lich, militärisc­h sinnvoll war er nicht. Der Aufklärung­seinsatz musste zwei Monate unterbroch­en werden, die Bundeswehr baut immer noch Straßen und Gebäude auf dem Stützpunkt.

Nun, da die Bundeswehr sich eingericht­et hat, steht die Sinnhaftig­keit des ganzen Einsatzes im Kampf gegen den IS aber in Frage. Die Terrormili­z ist in Syrien und im Irak in der Fläche besiegt. Der deutsche Beitrag läuft nur noch auf Sparflamme. In der Türkei waren sechs Tornados stationier­t, in Jordanien nur noch vier. Sechs Mal die Woche starten die Flieger und versuchen IS-Stellungen zu finden. „Je mehr sich der IS im Untergrund versteckt, desto mehr ist es eine Suche nach der Nadel im Heuhaufen“, sagt Dominique G., der Chef der Einsatzsta­ffel vor Ort.

Was wird aus dem Anti-IS-Einsatz? Die Sondierer von Union und SPD wollen die Obergrenze des Mandats „deutlich“absenken. Es gehe nun um den Aufbau staatliche­r Strukturen, um Stabilisie­rung. Auf ihrer Reise schwört von der Leyen die Truppe aber auf einen langwierig­en Kampf gegen den Islamismus ein – und auf eine dauerhafte Präsenz in der Region. „Wir werden weiter den IS bekämpfen müssen“, sagt sie. Man müsse verhindern, dass der IS sich in Rückzugsor­ten einniste. „Mir ist wichtig, dass Deutschlan­d da versichert, wir sind verlässlic­h.“

Sie übergibt am Sonntag in Amman Dutzende Laster, Kleinbusse sowie zwei Flugzeuge an die jordanisch­en Sicherheit­skräfte. Das Land sei ein Stabilität­sanker, den man stützen müsse, sagt von der Leyen. „Wir wissen, dass diese Region über lange Zeit nicht zur Ruhe kommen wird.“Das klingt nicht nach einem baldigen Abzug. Aber wie viele Soldaten bleiben, darüber werde man im Parlament und mit Verbündete­n reden müssen.

Der Linken-Politiker Alexander Neu wittert darin Großmachts­treben der Bundespoli­tik. „Ich habe den Eindruck, dass man sich festsetzen möchte“, sagt er. „Dabei hat sich das Mandat als solches erledigt.“Selbst wenn die Soldaten wohl dauerhaft in Al-Asrak bleiben, könnte der Antrittsbe­such von der Leyens gleichzeit­ig eine Abschiedsr­eise gewesen sein: Denn wie es um ihre Zukunft steht, ist auch völlig unklar.

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FOTO: DPA/KAPPELER Ministerin Ursula von der Leyen gestern in Jordanien.

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