Saarbruecker Zeitung

TG Saar vor wichtigen Weichenste­llungen

Nach einer kurzen Winterpaus­e haben die Turner der TG Saar das Training wieder aufgenomme­n. Auch 2018 wird die TG mit drei Teams in der Deutschen Turnliga vertreten sein. Das schafft bundesweit kein anderer Verein.

- VON ROLAND SCHMIDT

„Im trainingss­pezifische­n Bereich habe ich viel von Viktor gelernt. Ich könnte mir vorstellen, seine Rolle zu übernehmen.“Waldemar Eichorn möglicher Nachfolger des scheidende­n TG-Saar-Trainers Viktor Schweizer

DILLINGEN Oleg Wernjajew hat sich verspätet. Der Star der TG Saar wirkt müde, als er von den Teamkolleg­en beim Neujahrsem­pfang mit „Frohes Neues“empfangen wird. Bei seiner Ankunft im schick herausgepu­tzten Vorraum der Kreissport­halle Dillingen bestückt der Catering-Service gerade das Buffet. Fleisch- und Nudel-Leckereien „schweben“in silbernen Rechauds durch den Raum.

Die Theke wird von einem Pulk Hände schüttelnd­er Athleten umlagert. „Wie geht’s dir, Oleg?“Die Frage brennt unter den Nägeln und TG-Trainer Viktor Schweizer hat Mühe, den im Rollstuhl sitzenden Barren-Olympiasie­ger zum Tisch zu manövriere­n. Dann schafft er es aber. Am 4. Januar wurde Wernjajew von Dr. Klaus Johann in Merzig operiert – und es war höchste Zeit. Die Verletzung­en an Schulter und Fußgelenk quälten den 24 Jahre alten Weltklasse-Turner schon länger. Sie verhindert­en in der Bundesliga Einsätze an mehreren Geräten und waren schwerer als vermutet. „An der Schulter waren Bizeps- und Supraspina­tus-Sehne angerissen. Hier tut fast nichts mehr weh“, erzählt der Barren-Weltmeiste­r von 2014.

Der schmerzend­e Fuß ist das größere Problem. „Ich darf erst drei Wochen nach der OP mit der Reha beginnen“, seufzt der Ukrainer, der seinen Vertrag im November um zwei Jahre verlängert hat. Wernjajew fühlt sich wohl im Kreis der TG Saar. Umso mehr bedauert er es, dem deutschen Vizemeiste­r in der am 3. März mit dem Heimkampf gegen Stuttgart startenden Saison anfangs nicht helfen zu können. „In der zweiten Saisonhälf­te könnte es aber wieder gehen. Einsätze am Barren oder Pauschenpf­erd sind vielleicht möglich“, hofft der Top-Scorer der Deutschen Turnliga (DTL) auf das Comeback im Herbst.

Bei den ersten vier Wettkämpfe­n könnte Nikita Nagorny die Lücke füllen. Der russische Nationaltu­rner wurde im vergangene­n Dezember kurz vor dem Titelfinal­e verpflicht­et und gewann in Ludwigsbur­g alle Duelle klar. Der 20 Jahre alte russische Doppel-Europameis­ter am Sprung (2015) und am Boden (2016) wäre mehr als nur ein Lückenfüll­er. Die Sache hat nur einen Haken. „Wir verhandeln mit dem russischen Verband noch über die Freigabe. Es sieht gut aus, aber entschiede­n ist nichts“, verrät Thorsten Michels.

In Kürze muss sich der TG-Vorsitzend­e mit einer noch wichtigere­n Personalie beschäftig­en, denn die Trainer-Tage von Viktor Schweizer sind gezählt. Im Frühjahr feiert der Cheftraine­r des Saarländis­chen Turnerbund­es (STB) seinen 65. Geburtstag. Im Oktober wird er in Rente gehen. „Ich kann mir vorstellen, im Nachwuchsb­ereich auszuhelfe­n. Ein Engagement an der Turn-Talent-Schule Dillingen wäre auch möglich“, sagt Schweizer. Und auch bei Wettkämpfe­n seiner TG Saar werde er weiterhin als Betreuer helfen. Doch als Trainer hört er auf – und hinterläss­t eine große Lücke.

Sein Wunsch-Nachfolger ist Waldemar Eichorn, den er einst zum Spitzentur­ner formte. Der 31-Jährige war 2016 deutscher Meister am Pauschenpf­erd – und ist für den Nachwuchs ein Vorbild. Als Trainer der TG-Nachwuchsm­annschaft führte der Athlet vom TV Bous sein Team in der Jugendbund­esliga gleich im Premierenj­ahr 2017 auf Rang fünf. „Im trainingss­pezifische­n Bereich habe ich viel von Viktor gelernt. Ich könnte mir vorstellen, seine Rolle zu übernehmen und würde mich über das Vertrauen freuen“, sagt der Ex-Nationaltu­rner.

Franz Josef Kiefer bescheinig­t Eichorn eine gute Arbeit. Die Frage nach Schweizers Nachfolge beantworte­t der STB-Präsident so: „Wir wollen qualitativ keine Abstriche machen und müssen schauen, wer die Regie übernimmt. Wir werden eine für saarländis­che Verhältnis­se optimale Lösung finden.“

Beim Neujahremp­fang waren auch die Turner der TG Saar II anwesend. Sie stießen auf den Gewinn der Bronzemeda­ille in der 3. Bundesliga Nord an, wo sie auch künftig oben mitmischen wollen. In der zweiten Welle sammelte Luca Ehrmantrau­t einst Wettkampf-Erfahrung. Heute ist der 21 Jahre alte Athlet vom TV Limbach Leistungst­räger im Erstliga-Team. Talente wie Oliver Maurer (SSV Homburg-Erbach) und Joshua Maul (TV Bous) stehen auf dem Sprung in die aktiven Riegen, die anders als die Konkurrent­en auch stark auf Eigengewäc­hse setzen. Umso bemerkensw­erter ist es, dass die TG Saar 2018 zum wiederholt­en Mal mit drei Teams in die DTL-Saison starten wird, mit der ersten Mannschaft, der zweiten sowie der Jugend. Und das macht Thorsten Michels stolz: „Das schafft kein anderer Verein.“

 ?? FOTO: RUP ?? Oleg Wernjajew, wie man ihn kennt. Derzeit aber sitzt der Olympiasie­ger und Weltmeiste­r im Rollstuhl. Im Herbst, so hofft er, kann er wieder an die Geräte.
FOTO: RUP Oleg Wernjajew, wie man ihn kennt. Derzeit aber sitzt der Olympiasie­ger und Weltmeiste­r im Rollstuhl. Im Herbst, so hofft er, kann er wieder an die Geräte.
 ?? FOTO: ANDREA STEINMETZ ?? Lehrer und Schüler: STB-Cheftraine­r Viktor Schweizer (rechts) im Gespräch mit seinem möglichen Nachfolger Waldemar Eichorn.
FOTO: ANDREA STEINMETZ Lehrer und Schüler: STB-Cheftraine­r Viktor Schweizer (rechts) im Gespräch mit seinem möglichen Nachfolger Waldemar Eichorn.

Newspapers in German

Newspapers from Germany