Thilo Seidel macht mit seiner Kamera Kunst
Der junge Fotograf lässt scheinbar Vertrautes in einem neuen Licht erscheinen.
Ausbildung etwas mit Foto, Kamera und Film zu tun haben muss“, fügt er hinzu.
Bei der Suche nach der geeigneten Hochschule gefiel ihm die Interdisziplinarität des HBK-Fachbereichs „Media Art Design“. „Da ist der Name schon flexibel“, sagt Seidel lachend. 2011 beginnt er sein Studium, macht 2016 sein Diplom, ist derzeit Meisterschüler bei Professor Eric Lanz. Daneben arbeitet Seidel meist als Ausstellungsfotograf, in der Bildbearbeitung, bereitet Fotografien für den Druck vor und ist als künstlerischer und konzeptueller Betreuer sowie Lichttechniker an Theaterstücken beteiligt. Zurzeit nutzt er ein außergewöhnliches Atelier.
Denn Seidel hat für sechs Monate sein künstlerisches Zuhause in der ersten Etage eines Eckhauses an der Berliner Promenade, mit einer riesigen Fensterfassade und Blick auf die Saar. „Der Raum stand mehrere Jahre leer. Jetzt dürfen wir ihn nutzen, bevor er renoviert wird“, erzählt er. Mit „wir“meint er Martin Fell, Maria Seitz und Lucie Sahner, wie Seidel alle Absolventen der HBK.
Ihre gemeinsame Diplomarbeit „Tjurip“im Herbst 2016 war eine beachtete Gemeinschaftsausstellung, ebenfalls in einem Leerstand, deren Veranstaltungen viele Kunstinteressierte angelockt hatten. Thilo Seidel zeigte dort eine Video-Sound-Installation, die er nun auch in Metz aufführt. „Ich stelle meine Arbeit im Arsenal aus, muss in den nächsten Tagen die Präsentation aufbauen“, erzählt er. In dieser Video-Sound-Installation sind die Werkzeuge die Kamera und der Raum.
„Ich kundschafte gerne Räume aus, forsche darin und entdecke sie neu“, erklärt er. Und stellt dabei auch schon mal die Realität in Frage. Denn er zeigt in diesem Video ein großes Schwimmbecken, allerdings nur unterhalb der Wasseroberfläche, und er dreht die Aufnahmen um 180 Grad. So wird der Boden des Beckens zum Himmel, die Wasseroberfläche zum Boden. Eigentlich ist es nur der Blick in ein Schwimmbecken, aber trotzdem irritiert der Anblick dieses leeren Raums. Verstärkt wird dieser Eindruck vom Blubbern des Sounds und von einer unnatürlich langsamen Wellenbewegung.
„Es ist das Spiel mit der Kamera und der Kameratechnik, das mich begeistert“, sagt er dazu und lacht. Ob diese Arbeit mit minimalen Mitteln und maximaler Wirkung die Jury des Kunstpreises Robert Schuman in Metz überzeugen wird?
„Daran denke ich überhaupt nicht. Wichtig ist mir die Qualität der Arbeit und dass sie mir gefällt. Die Wertschätzung durch eine Auslobung schmeichelt mir natürlich. Den Rest blende ich total aus“, antwortet der Künstler.
Außerdem freut er sich gerade sehr über den großen, ungewöhnlichen Raum des Gemeinschaftsateliers, den er in den nächsten Monaten für intensive Arbeit nutzen will. „Das wird spannend. Da werden wir bestimmt auch noch eine gemeinsame Ausstellung im Frühjahr erarbeiten“, macht er jetzt schon neugierig.