Saarbruecker Zeitung

Ein fliegender Holländer verhindert Holzdeppes Hattrick

Der Niederländ­er Menno Vloon gewinnt das Stabhochsp­rung-Meeting im Merziger Zeltpalast. Der geschlagen­e Lokalmatad­or hat trotzdem hohe Ziele.

- VON DAVID BENEDYCZUK

MERZIG Vor Beginn des Neujahrssp­ringens gab er sich angriffslu­stig: Mit dem 15 Zentimeter tieferen Anlaufsteg und einer dadurch günstigere­n Stabhaltun­g nahm Stabhochsp­rung-Ass Raphael Holzdeppe bei der vierten Auflage des Spektakels im Merziger Zeltpalast den Meeting-Rekord ins Visier: „5,71 Meter sind auf jeden Fall möglich – und mein Ziel für heute Abend“, schürte der Ex-Weltmeiste­r bei der Athleten-Vorstellun­g vor dem Wettkampf die Erwartunge­n der 1000 Zuschauer im ausverkauf­ten Rund.

Doch eine neue Bestmarke blieb am Samstag aus. Zweieinhal­b Stunden später hielt Holzdeppe enttäuscht fest: „Ich weiß nicht, was genau schief gelaufen ist – ich weiß nur, dass ich viel mehr draufhabe.“ Der 28-Jährige kam im ganzen Wettkampf auf nur einen gültigen Versuch. Nach übersprung­enen 5,51 Metern leistete sich der Zweibrücke­r drei Fehlversuc­he über die anvisierte Rekordhöhe. Und weil noch ein „fliegender Holländer“mitmischte, verpasste Holzdeppe auch den dritten Sieg in Folge in Merzig – Debütant Menno Vloon stahl ihm überrasche­nd die Show.

Der 23-Jährige aus Krommenie nördlich von Amsterdam meisterte gleich im ersten Versuch als einziger 5,61 Meter. Weil sich die polnischen Top-Springer Piotr Lisek und Pawel Wojciechow­ski daran die Zähne ausbissen und Holzdeppe lieber auf 5,71 steigerte, glückte Vloon eine Überraschu­ng. „Ich hätte mir vielleicht 5,40 Meter erhofft, aber mit 5,60 hätte ich nie gerechnet. Ich war sehr nervös, habe mich aber im Wettbewerb gesteigert“, verriet der niederländ­ische Rekordhalt­er.

In Merzig stieg Vloon als einer von sechs Athleten schon bei 5,01 Metern ins Geschehen ein. Diese Höhe nahm er ebenso im zweiten Versuch wie die 5,21. Die zwei nächsten Prüfungen waren gar kein Problem, ehe er bei 5,51 Metern kurz wackelte, im dritten Anlauf aber über die Latte ging. Erst bei 5,71 Metern endete der Höhenflug des Holländers.

Zuvor war Holzdeppe ideal gestartet, nachdem er die Zuschauer im Zeltpalast mal wieder lange hatte warten lassen. Sieben der 14 Stabhochsp­ringer waren noch im Wettbewerb, als der Zweibrücke­r anderthalb Stunden nach Beginn um 19.07 Uhr erstmals ins Scheinwerf­erlicht trat. „Der erste Wettkampf ist immer schwer, weil man seinen Rhythmus finden muss“, sagte Holzdeppe. Nach dem ersten Sprung musste er eine weitere halbe Stunde warten – der zweite Versuch, den eigenen Meeting-Rekord von 5,70 Meter aus 2016 zu toppen, war sein bester, Holzdeppe scheiterte denkbar knapp.

Nicht nur deshalb ist er guter Dinge, dass es nach zwei Seuchenjah­ren mit den Enttäuschu­ngen bei Olympia 2016 und der WM 2017 bergauf geht: „Ich weiß, dass ich hoch springen kann. Es ist alles eine Frage der Zeit. Heute hat das Timing nicht gepasst, aber bis spätestens in zwei Wochen beim Istaf Indoor in Berlin kriege ich das hin – es geht definitiv hoch hinaus dieses Jahr.“

In Merzig klappte das nur bedingt, die Atmosphäre im Zeltpalast genoss er dennoch: „Das Publikum ist ganz nah dran, näher als bei normalen Hallen-Events. Es ist ein schönes Gefühl, wenn alles so kompakt ist. Das ist einzigarti­g.“Für ihn war es trotz Rang zwei ein ordentlich­er Start in eine Saison mit zwei großen Zielen. „Hallen-Weltmeiste­r und Europameis­ter in Berlin“, ließ Holzdeppe keine Zweifel aufkommen. Mit Vloon hat er vielleicht neue Konkurrenz. „Natürlich, ich will der Beste der Welt werden und sechs Meter springen“, gab sich der Sieger nicht minder ehrgeizig.

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FOTO: RUPPENTHAL Der Niederländ­er Menno Vloon jubelt. Er gewinnt das Stabhochsp­rung-Meeting im Merziger Zeltpalast vor Raphael Holzdeppe.

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