Ein fliegender Holländer verhindert Holzdeppes Hattrick
Der Niederländer Menno Vloon gewinnt das Stabhochsprung-Meeting im Merziger Zeltpalast. Der geschlagene Lokalmatador hat trotzdem hohe Ziele.
MERZIG Vor Beginn des Neujahrsspringens gab er sich angriffslustig: Mit dem 15 Zentimeter tieferen Anlaufsteg und einer dadurch günstigeren Stabhaltung nahm Stabhochsprung-Ass Raphael Holzdeppe bei der vierten Auflage des Spektakels im Merziger Zeltpalast den Meeting-Rekord ins Visier: „5,71 Meter sind auf jeden Fall möglich – und mein Ziel für heute Abend“, schürte der Ex-Weltmeister bei der Athleten-Vorstellung vor dem Wettkampf die Erwartungen der 1000 Zuschauer im ausverkauften Rund.
Doch eine neue Bestmarke blieb am Samstag aus. Zweieinhalb Stunden später hielt Holzdeppe enttäuscht fest: „Ich weiß nicht, was genau schief gelaufen ist – ich weiß nur, dass ich viel mehr draufhabe.“ Der 28-Jährige kam im ganzen Wettkampf auf nur einen gültigen Versuch. Nach übersprungenen 5,51 Metern leistete sich der Zweibrücker drei Fehlversuche über die anvisierte Rekordhöhe. Und weil noch ein „fliegender Holländer“mitmischte, verpasste Holzdeppe auch den dritten Sieg in Folge in Merzig – Debütant Menno Vloon stahl ihm überraschend die Show.
Der 23-Jährige aus Krommenie nördlich von Amsterdam meisterte gleich im ersten Versuch als einziger 5,61 Meter. Weil sich die polnischen Top-Springer Piotr Lisek und Pawel Wojciechowski daran die Zähne ausbissen und Holzdeppe lieber auf 5,71 steigerte, glückte Vloon eine Überraschung. „Ich hätte mir vielleicht 5,40 Meter erhofft, aber mit 5,60 hätte ich nie gerechnet. Ich war sehr nervös, habe mich aber im Wettbewerb gesteigert“, verriet der niederländische Rekordhalter.
In Merzig stieg Vloon als einer von sechs Athleten schon bei 5,01 Metern ins Geschehen ein. Diese Höhe nahm er ebenso im zweiten Versuch wie die 5,21. Die zwei nächsten Prüfungen waren gar kein Problem, ehe er bei 5,51 Metern kurz wackelte, im dritten Anlauf aber über die Latte ging. Erst bei 5,71 Metern endete der Höhenflug des Holländers.
Zuvor war Holzdeppe ideal gestartet, nachdem er die Zuschauer im Zeltpalast mal wieder lange hatte warten lassen. Sieben der 14 Stabhochspringer waren noch im Wettbewerb, als der Zweibrücker anderthalb Stunden nach Beginn um 19.07 Uhr erstmals ins Scheinwerferlicht trat. „Der erste Wettkampf ist immer schwer, weil man seinen Rhythmus finden muss“, sagte Holzdeppe. Nach dem ersten Sprung musste er eine weitere halbe Stunde warten – der zweite Versuch, den eigenen Meeting-Rekord von 5,70 Meter aus 2016 zu toppen, war sein bester, Holzdeppe scheiterte denkbar knapp.
Nicht nur deshalb ist er guter Dinge, dass es nach zwei Seuchenjahren mit den Enttäuschungen bei Olympia 2016 und der WM 2017 bergauf geht: „Ich weiß, dass ich hoch springen kann. Es ist alles eine Frage der Zeit. Heute hat das Timing nicht gepasst, aber bis spätestens in zwei Wochen beim Istaf Indoor in Berlin kriege ich das hin – es geht definitiv hoch hinaus dieses Jahr.“
In Merzig klappte das nur bedingt, die Atmosphäre im Zeltpalast genoss er dennoch: „Das Publikum ist ganz nah dran, näher als bei normalen Hallen-Events. Es ist ein schönes Gefühl, wenn alles so kompakt ist. Das ist einzigartig.“Für ihn war es trotz Rang zwei ein ordentlicher Start in eine Saison mit zwei großen Zielen. „Hallen-Weltmeister und Europameister in Berlin“, ließ Holzdeppe keine Zweifel aufkommen. Mit Vloon hat er vielleicht neue Konkurrenz. „Natürlich, ich will der Beste der Welt werden und sechs Meter springen“, gab sich der Sieger nicht minder ehrgeizig.