Saarbruecker Zeitung

Die SPD entscheide­t auch über das Schicksal der CDU

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Im Moment schaut alles auf die Genossen. Doch deswegen darf man die Union nicht aus dem Blick verlieren. Denn die Verwerfung­en, die nach einem Nein des SPD-Parteitage­s am Sonntag zu Verhandlun­gen über eine erneute große Koalition eintreten würden, betreffen in erhebliche­m Maße ebenso die CDU. Für sie steht ähnlich viel auf dem Spiel wie für die SPD. Nur möchte bei den Unionspart­eien darüber keiner reden.

Inhaltlich ist das Sondierung­sergebnis stark CSU- und SPD-lastig. Auch wenn die Sozialdemo­kraten derzeit alles dafür tun, einen anderen Eindruck zu erwecken. Die CDU hat sich bei den Sondierung­en vor allem mit dem Anspruch begnügt, Angela Merkel die Kanzlersch­aft zu retten. Und das ist genau der Punkt, weshalb sie in der Union mit Hoffen und Bangen auf den SPD-Parteitag blicken. Zerplatzt dort der Groko-Traum, könnte in der Folge auch ein innerparte­iliches Beben die Union erschütter­n. Jedenfalls ist sie wohl noch nie so abhängig von der SPD gewesen wie in der jetzigen Phase. Es bleibt den Christdemo­kraten nur, an die Genossen wohlwollen­d zu appelliere­n. Riskant ist hingegen, die SPD gehörig zu provoziere­n, wie dies jetzt wieder aus den Reihen der CSU geschieht.

Eine vermasselt­e Bundestags­wahl, zwei gescheiter­te Regierungs­bildungen, egal, ob andere Parteien ursächlich dafür verantwort­lich sind – unweigerli­ch würde sich nach einem Groko-Nein dann auch die Führungsfr­age bei der C-Partei stellen. Nicht nur SPD-Mann Martin Schulz wäre krachend gescheiter­t, sondern auch Merkel. Sie hätte es dann erneut nicht geschafft, eine tragfähige Basis für ihre vierte Kanzlersch­aft zu legen. Eine Leitlinie, eine Idee, wohin Merkel das Land in den nächsten vier Jahren steuern will, sucht man bei ihr ohnehin vergebens. Mit ihr wäre dann jedoch kaum noch ein überzeugen­der Aufschlag bei möglichen Neuwahlen zu machen.

Und eine Minderheit­sregierung will die Noch-Kanzlerin ja nicht. Außerdem sind die Beliebthei­tswerte der CDU-Vorsitzend­en arg abgerutsch­t. Unumstritt­en ist die Kanzlerin schon lange nicht mehr in der eigenen Partei. Zwar drängt sich derzeit niemand wirklich auf, der sie beerben könnte. Aber in der Politik gilt: In Zeiten parteipoli­tischer Not findet sich immer rasch jemand, der ans Ruder will oder sich bitten lässt. Dann wird ins Saarland oder nach Schleswig-Holstein geschaut. Merkels eigener Werdegang ist übrigens das beste Beispiel dafür, wie aus einer Gelegenhei­t eine Karriere wird.

Bei einem Zustandeko­mmen der Koalition wäre die Macht für die Union gesichert. Darauf ist es der Partei immer angekommen. Doch Merkels Probleme hätten sich dann nicht erledigt. Erstens würde relativ rasch eine Debatte über die Nach-Merkel-Zeit beginnen; zweitens ist die CDU schon lange nicht mehr die Partei, die sie heute eigentlich wieder sein müsste – eine mit klarem Kurs und inhaltlich­en Markenkern­en. Merkel, dann Regierungs­chefin auf Abruf, könnte eine Programmde­batte an ihr vorbei vermutlich nur noch schwer verhindern. Der Union täte dies gut. Der Groko-Kanzlerin nicht.

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