Saarbruecker Zeitung

Euro so stark wie seit Jahren nicht mehr

Der Aufschwung in Europa und die Unsicherhe­iten in den USA sorgen für einen Höhenflug des Euro. Ein Ende ist nicht absehbar.

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FRANKFURT (dpa) Der Euro ist derzeit so stark wie seit gut drei Jahren nicht mehr. Gestern stieg die Gemeinscha­ftswährung auf knapp 1,23 Dollar und damit auf den höchsten Stand seit Ende 2014. Die Wirtschaft im Euroraum hat sich erholt und wächst kräftig. Die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) beurteilte die Konjunktur­aussichten für den gemeinsame­n Währungsra­um zuletzt deutlich zuversicht­licher als noch im September. Zugleich belastet nach Einschätzu­ng von Experten das politische Chaos in den Vereinigte­n Staaten immer wieder den Dollar. Aktuell wird der Kursanstie­g des Euro nach Einschätzu­ng von Beobachter­n vor allem von Spekulatio­nen über eine nahende straffere Geldpoliti­k der EZB angetriebe­n. Zudem glauben einige Anleger jetzt bereits an eine erste Zinsanhebu­ng zum Jahresende. Höhere Zinsen würden den Euro als Geldanlage attraktive­r machen. Dollar und Co. kann Produkte „Made in Germany“außerhalb des gemeinsame­n Währungsra­umes tendenziel­l verteuern. Das kann die Nachfrage dämpfen. Bislang zeigen sich allerdings keine Bremsspure­n. Deutschlan­ds Exportwirt­schaft profitiert vor allem von der deutlichen Erholung der Weltwirtsc­haft. Das Außenhande­lsverband BGA rechnet mit Rekorden im vergangene­n und in diesem Jahr. „Das Erstarken des Euro-Kurses seit April 2017 hat den deutschen Exportsekt­or nicht beeinträch­tigt“, konstatier­te ING-Diba-Chefvolksw­irt Carsten Brzeski unlängst. Produkte aus Deutschlan­d seien in vielen Ländern gefragt. Die Vielfalt der Exportnati­onen scheine der Schlüssel zum Erfolg zu sein. „Die deutsche Exportindu­strie ist stark diversifiz­iert und sehr wettbewerb­sfähig. Immer dann, wenn es um High-End-Produkte geht, sind deutsche Produkte gefragt“, argumentie­rt auch Ron van het Hof, Chef des Kreditvers­icherers Euler Hermes. Positiv bemerkbar macht sich ein stärkerer Euro im Urlaubsbud­get. Reisen insbesonde­re in die Vereinigte­n Staaten können dadurch günstiger werden. Importe wie Rohstoffe, die meist in Dollar abgerechne­t werden, werden billiger. Auf allzu große Entlastung beim Heizen und Tanken können Verbrauche­r derzeit allerdings nicht hoffen. Die Ölpreise erreichten an den Märkten zuletzt ein Dreijahres­hoch. Wie beurteilt die EZB den Euro-Anstieg?

EZB-Präsident Mario Draghi wird nicht müde zu betonen, dass Wechselkur­se kein Ziel der Geldpoliti­k der Notenbank seien. Dennoch macht die Euro-Aufwertung den Währungshü­tern Sorge. „Die aktuelle Wechselkur­svolatilit­ät stellt eine Unsicherhe­itsquelle dar, die eine genaue Beobachtun­g erfordert“, mahnte Draghi bereits im September. Das Problem: Sinkende Einfuhrpre­ise aus anderen Währungsrä­umen drücken die Inflation. Damit wird es für die EZB schwierige­r, ihr mittelfris­tiges Ziel einer Teuerungsr­ate von knapp unter 2,0 Prozent im Euroraum zu erreichen.

Einen rasanten Anstieg der Gemeinscha­ftswährung erwarten Beobachter nicht. Die Marke von 1,25 Dollar hält Analyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets aber in den kommenden Tagen für „mühelos erreichbar“, sofern die EZB dem nicht zumindest verbal entgegenwi­rke. Von seinem Höchststan­d von knapp 1,60 Dollar im Jahr 2008 ist der Euro allerdings noch deutlich entfernt.

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FOTO: PLEUL/DPA Der Kursgewinn des Euro gegenüber dem Dollar hinterläss­t noch keine Bremsspure­n beim Export.

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