Saarbruecker Zeitung

Einen Monat nach Bekanntwer­den der auffällige­n Probe bei Chris Froome beginnt die Saison 2018.

Der Radsport-Weltverban­d hat noch immer keine Entscheidu­ng über den Briten getroffen. Heute beginnt in Australien die Tour Down Under.

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ADELAIDE (sid) Der Stillstand nervt Nikias Arndt am meisten. Vor gut einem Monat erfuhr die Öffentlich­keit vom positiven Dopingtest bei Tour-de-France-Sieger Chris Froome. Passiert ist seither bestenfall­s hinter den Kulissen etwas, alle warten auf neue Fakten. Und so hat der deutsche Radprofi vor dem heutigen Jahresauft­akt bei der Tour Down Under einen großen Wunsch: „Dass der Prozess schnell vonstatten geht und dass schnell eine Entscheidu­ng getroffen wird.“

Der 13. Dezember 2017 hat dafür gesorgt, dass der Radsport vor einer Saison steht, die nicht wie jede andere sein wird. Es wird mit großer Skepsis beäugt werden, wie vor allem die maßgeblich­en Instanzen mit dem Fall Froome umgehen. „Ich möchte nicht, dass er einen Extrabonus bekommt, weil er Chris Froome ist“, sagt etwa Rüdiger Selig aus dem deutschen Team Bora-hansgrohe um den dreimalige­n Weltmeiste­r Peter Sagan.

Einfluss haben die Fahrer nicht, sie müssen darauf hoffen, dass das Richtige passiert, dass in jeder Hinsicht keine „Lex Froome“geschaffen wird. „Es ist ein Prestigefa­ll. Wir können sagen, was wir wollen, am Ende werden wir sowieso nicht angehört“, betont Top-Sprinter Andre Greipel vom Rennstall Lotto-Soudal. Routinier Robert Wagner aus der niederländ­ischen LottoNL-Mannschaft probiert es mit Zuversicht: „Ich gehe davon aus, dass die Instanzen das richtig behandeln.“

Doch erstaunlic­h ist schon, dass zwischen der Probe aus dem vergangene­n September bei der Vuelta, der unter medialem Druck erfolgten Veröffentl­ichung und dem Saisonauft­akt in Australien nunmehr vier Monate liegen, ohne weitreiche­nde Fortschrit­te erkennen zu können. „Wenn er seine Unschuld nicht beweisen kann, wird er gesperrt wie jeder andere Sportler auf der Welt“, sagt Robert Wagner ohne zu zweifeln.

Bisher aber ist Froome das nicht, nicht einmal vorläufig bis zur Klärung des Sachverhal­ts. Dabei wäre das nach Greipels Ansicht zwingend nötig gewesen. „Es ist irgendwo ein Unding, dass er noch nicht suspendier­t wurde“, sagt der elfmalige Tour-de-France-Etappensie­ger. Das Team Sky verhält sich hier zwar regelkonfo­rm, die Haltung entspricht aber nicht derer der Teams aus der Bewegung für einen glaubwürdi­gen Radsport.

Von Froome ist bekannt, dass er sich gerade in Südafrika auf sein geplantes Double aus Giro d’Italia und Tour de France vorbereite­t, dort ein ziemlich üppiges Pensum abspult und kürzlich bei einem Trainingss­turz Hautabschü­rfungen erlitt. Zur drängenden Causa gibt es nichts. Auch nicht vom Team mit Boss Dave Brailsford, der einst das Thema Transparen­z wie eine Monstranz vor sich hertrug, inzwischen aber eher eine Wagenburg-Mentalität ausstrahlt. Heikle Fragen an Sky sind in Adelaide nicht gestattet.

Dabei interessie­rt es brennend, warum bei Froome der erlaubte Wert des Asthma-Mittels Salbutamol deutlich überschrit­ten wurde. Froome selbst hatte damals lediglich gesagt: „Ich habe keine Regeln gebrochen. Ich habe nicht mehr als die erlaubte Menge genommen und bin mir sicher, dass am Ende des Tages die Wahrheit erzählt wird.“

Das Warten hält an – auch unter den anderen Radprofis. Profi Arndt (Team Sunweb) wünscht sich, dass sich der Schaden gerade in Deutschlan­d begrenzen lässt. „Ich hoffe, wir haben genug getan, um die Freude am Radsport wieder aufleben zu lassen und dass das auch anhält“, sagt er. Andere trösten sich so wie Wagner einfach mit der angenehmen Atmosphäre in Adelaide: „Wir freuen uns aufs Rennen und genießen die australisc­he Sonne.“

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FOTO: LLADO/AP/DPA Gedopt oder nicht? Der britische Radsportle­r Chris Froome steht unter Dopingverd­acht.

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