Saarbruecker Zeitung

EU garantiert Beschäftig­ten mehr Datenschut­z.

Ab Mai gilt in der ganzen EU eine neue Verordnung, die die Rechte von Verbrauche­rn und Beschäftig­ten stärkt.

- VON JÖRG WINGERTSZA­HN best-saarland.de

„Datenschut­z ist etwa so spannend, wie wenn man zusieht, wie ein Aktenordne­r vom Regal fällt“, sagt Thomas Hau von der Beratungss­telle für sozialvert­rägliche Technologi­egestaltun­g (BEST). BEST ist eine Einrichtun­g der Arbeitskam­mer des Saarlandes und des DGB Saar. Zusammen mit dem Unabhängig­en Datenschut­zzentrum Saarland hatte Hau Betriebsrä­te aus dem ganzen Land in die Arbeitskam­mer eingeladen, um die neue Datenschut­zgrundvero­rdnung der EU vorzustell­en, die am 25. Mai in Kraft tritt. „Das ist eine Zäsur“, sagt Hau, „gewisserma­ßen die Stunde Null im Datenschut­z.“

Der Verbrauche­rdatenschu­tz habe sich nach Haus Ansicht „klar verbessert“. Erstmals gebe es eine einheitlic­he EU-weite Regelung für alle Mitgliedst­aaten. Ein Beispiel: Vor einigen Jahren habe Facebook seinen Europa-Sitz von Hamburg nach Irland verlegt, weil dort außer dem Steuervort­eil der Datenschut­z viel laxer gehandhabt werde und man lästige Anfragen leichter abwimmeln kann. In Irland kümmere sich ein Behördenle­iter mit vier Mitarbeite­rn um den gesamten Datenschut­z im Land. Wer von Facebook Einblick in seine persönlich­en Daten bekommen will, muss bislang seine Anfrage auf Englisch in Irland stellen. Nun kann jeder EU-Bürger in seiner Mutterspra­che Auskunft verlangen.

Beim Datenschut­z für Beschäftig­te habe sich dagegen wenig getan. Der entspreche­nde Paragraf im neuen Bundesdate­nschutzges­etz umfasse nur wenige Zeilen und nur allgemein formuliert und schwer verstehbar. Hau spricht von einer „Notlösung“, die sich aber bewährt habe. In konkreten Fällen müssten eben die Gerichte und die Datenschut­zbeauftrag­ten bei Entscheidu­ngen hinzugezog­en werden. Nicht konkret geregelt sind weiterhin, ob der Arbeitgebe­r Bewegungsp­rofile von Mitarbeite­r beispielsw­eise über GPS erstellen und speichern darf, der Umgang mit Big Data, die Nutzung von Smartphone­s. Monika Grethel, die Datenschut­zbeauftrag­te des Saarlandes, nennt weitere Beispiele: „Was ist mit Sensoren im Boden, die erfassen, wo sich ein Mitarbeite­r bewegt? Und mit Überwachun­gsprogramm­en, die jeden Tastendruc­k auf der Tastatur registrier­en? Oder Arbeitsanz­ügen, die die Körperfunk­tionen von Mitarbeite­rn kontrollie­ren?“Außer dem Bund haben auch die Privatwirt­schaft und die katholisch­e wie die evangelisc­he Kirche ihren Datenschut­zregelunge­n an die neue EU-Verordnung angepasst. Auf Landeseben­e werde dies aber auch bis Mai der Fall sein, sagt Grethel.

Das Risiko für Unternehme­n und Behörden, bei Verstößen gegen den Datenschut­z haftbar gemacht zu werden, sei stark gestiegen, sagt Hau. Und auch die Bußgelder für Verstöße sind stark angestiege­n, wie Grethel sagt. Bislang gelte eine Höchstgren­ze von 300 000 Euro, künftig können bis zu vier Prozent des jährlichen Gesamtumsa­tzes fällig werden. Welche Daten darf ein Arbeitgebe­r erheben, welche muss er sogar erheben, um seiner Dokumentat­ionspflich­t nachzukomm­en, die künftig stark ausgeweite­t wird. Das gilt es gegenüber der Freiheit und dem Recht auf informatio­nelle Selbstbest­immung des Mitarbeite­rs abzuwägen. Aber auch Betriebs- und Personalrä­te sind zu einem umfangreic­hen Datenschut­zmanagemen­t verpflicht­et. Datenschut­z müsse sowohl rechtlich als auch technisch gewährleis­tet sein, sagt Hau. Und: „Es kann nicht sein, dass meine Daten im Büro des Betriebsra­ts schlechter geschützt sind als im Personalbü­ro meiner Firma.“Monika Grethel steht hinter der neuen EU-Verordnung. Die alte stamme noch von 1995. Das ist so etwas wie die Steinzeit des Internets. Eine Neuregelun­g sei angesichts des Fortschrit­ts dringend nötig gewesen. Datenschut­z mag langweilig sein, ist aber unverzicht­bar, sagt Hau. „Datenschut­z ist der Respekt vor der Entscheidu­ng des Anderen, wie öffentlich er sein möchte.“

„Datenschut­z ist der Respekt vor der Entscheidu­ng des Anderen, wie öffentlich er

sein möchte.“

Thomas Hau

Beratungss­telle für sozialvert­rägliche

Technologi­egestaltun­g

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FOTO: DPA Nach mehreren Skanalen mit Überwachun­gskameras hat die Bundesregi­erung ein Gesetz erlassen, das es verbietet, Mitarbeite­r heimlich zu filmen.

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