Saarbruecker Zeitung

Die Geduld mit Gisdol ist am Ende

Der Hamburger SV trennt sich nach der Pleite im Kellerduel­l gegen Köln von seinem Trainer. Hollerbach übernimmt.

- VON KRISTOF STÜHM

HAMBURG (sid) Sein unausweich­liches Ende als Trainer des Hamburger SV verkündete Markus Gisdol schneller als der Verein selbst. „Ich möchte jetzt erst einmal heim und das sacken lassen. Ich hätte gern weitergema­cht“, sagte der 48-Jährige, ließ die Seitensche­ibe seines Noch-Dienstwage­ns vor rund 30 Journalist­en wieder hochsurren und räumte ein letztes Mal seinen reserviert­en Parkplatz vor dem Volksparks­tadion.

Eine knappe halbe Stunde später bestätigte der Fußball-Bundesligi­st mit einer dürren Mitteilung die Trennung, das „uneingesch­ränkte Vertrauen“war nach nur einer Woche schon wieder aufgebrauc­ht – rund 14 Stunden nach dem ernüchtern­den 0:2 gegen den Tabellenle­tzten 1. FC Köln. Es war das sechste Spiel in Serie ohne Sieg, die vierte Niederlage in Folge für den HSV.

„Vorzeitige Trennungen von Trainern sind grundsätzl­ich nicht gewollt, aber wir glauben, dass neue Impulse zwingend notwendig sind, um das nach wie vor angestrebt­e Ziel Klassenerh­alt zu erreichen“, erklärte Hamburgs Vorstands-Chef Heribert Bruchhagen. Das erneut harmlose Auftreten gegen Köln ließ die Verantwort­lichen an der Elbe endgültig umdenken. Zusammen mit Gisdol müssen auch dessen bisherige Co-Trainer Frank Fröhling und Frank Caspari den HSV verlassen. Das sonntäglic­he Vormittags­training leitete Athletikco­ach Daniel Müssig, unterstütz­t von Torwarttra­iner Stefan Wächter.

Gestern Nachmittag meldete die „Bild“-Zeitung, dass Bernd Hollerbach der Nachfolger des glücklosen Schwaben werden soll. Hollerbach gehörte neben Felix Magath und Thomas Doll zu den ehemaligen HSV-Heroen, die in der Hansestadt immer gehandelt werden. Auch Markus Weinzierl und der zweimalige Ex-Trainer Bruno Labbadia, direkter Gisdol-Vorgänger, waren angeblich Thema. Die Wahl fiel auf Hollerbach, der die Würzburger Kickers von den Amateuren in die 2. Liga geführt hatte. Der Drittliga-Aufstieg war ihm 2015 gegen den 1. FC Saarbrücke­n gelungen. Heute um 15 Uhr leitet der neue Hoffnungst­räger das erste Training. Ob ihm die Wende gelingt? Angesichts einer fehlenden sportliche­n Entwicklun­g und nur 15 Punkten aus 19 Spielen regiert im Norden die Panik.

Ende September 2016 hatte Gisdol den HSV von Labbadia übernommen und in der Folge am letzten Spieltag der Vorsaison den direkten Klassenver­bleib geschafft – doch aus dem dauerhafte­n Krisenmodu­s fand der Schwabe an der Waterkant nie heraus. Mit dem oft wiederholt­en Verweis, mit diesem Team sei nicht

„Vorzeitige Trennungen von Trainern sind grundsätzl­ich nicht gewollt, aber wir glauben, dass neue Impulse zwingend notwendig sind.“

Heribert Bruchhagen Vorstands-Chef des Hamburger SV

mehr drin als Existenzka­mpf, versuchte Gisdol, die schwachen Spiele und Ergebnisse zu rechtferti­gen. Kritiker bemängelte­n zuletzt hingegen, Gisdol habe nie einen Plan B zu seinem nicht funktionie­renden System des schnellen Umschaltsp­iels entwickelt. Bruchhagen wies in den vergangene­n Wochen stets stolz daraufhin, möglichst lange an seinen Trainern festgehalt­en zu haben. Doch auch in der Führungset­age wuchs offenbar die Anzahl der Zweifler, die Gisdol eine Wende zum Guten nicht mehr zutrauten.

Auf Nachfolger Hollerbach kommt nun eine extrem schwierige Mission zu. Die Mannschaft ist nach den vielen Rückschläg­en der Vergangenh­eit verunsiche­rt, es gibt unzufriede­ne Spieler wie Walace, der mit seinen Gedanken längst bei einem anderen Club ist. Und die nächsten Gegner heißen Leipzig, Hannover, Dortmund, Leverkusen und Bremen. Ein leichtes Startprogr­amm für den Neuen sieht sicher anders aus.

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FOTO: GEBERT/DPA Trainer Markus Gisdol (rechts) beobachtet das ideen- und leblose Spiel seines HSV gegen den 1. FC Köln (0:2), im Hintergrun­d ist Sportchef Jens Todt zu sehen.

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