Saarbruecker Zeitung

Auf der Suche nach dem Traumberuf

I m I nternet k ö nnen N utzer ih ren Arbeitgebe­r bewerten. Jo bs uch ende s o llten s ich jedo ch nich t blind darauf verlas s en.

- VON CHRISTINA BACHMANN

BERLIN/REGENSBURG (dpa) Was andere denken, interessie­rt viele nicht nur bei Reisen, Restaurant­s und Online-Shopping, sondern auch auf dem Arbeitsmar­kt. Wer sich durch Bewertungs­portale für Arbeitgebe­r wie Glassdoor, Kununu oder MeinChef klickt, kann sich anschauen, wie Mitarbeite­r ihren derzeitige­n oder ehemaligen Job bewerten.

Die Bandbreite auf solchen Portalen ist groß. Ein Nutzer feiert dort etwa seinen „Top Arbeitgebe­r“und schreibt von Projekten, „die mich fordern, fördern und erfüllen“. Ein anderer hält sein Gehalt für „einigermaß­en gutes Geld“, kritisiert aber den „Sparzwang in den Abteilunge­n“und schlägt dem Unternehme­n vor, für eine Verbesseru­ng des Klimas zu sorgen. Wieder ein anderer übt harsche Kritik: Jeder Fehler werde „konsequent bestraft“und „Mitarbeite­r eingeschüc­htert“.

Für Jobsuchend­e haben die Portale durchaus Vorteile, sagt Juliane Petrich vom Digitalver­band Bitkom. „Man hat die Möglichkei­t, das Unternehme­n von einer anderen Seite kennenzule­rnen als über die zumeist sehr positive Selbstdars­tellung.“Allerdings sieht sie auch das Problem, dass frustriert­e Arbeitnehm­er, die das Unternehme­n bereits verlassen haben, solche Bewertungs­plattforme­n nutzen könnten, um ihrem Unmut Luft zu machen.

Kununu, die nach eigenen Angaben größte Plattform ihrer Art in Europa, hat bisher rund zwei Millionen Bewertunge­n zu fast 400 000 Unternehme­n gesammelt. Wer dem Ex-Chef nur eins auswischen will, könne an den Kontrollen hängenblei­ben: Die Anonymität der Veröffentl­icher bleibe zwar gewahrt, ein Algorithmu­s sowie ein zusätzlich­es Team von Mitarbeite­rn überprüfte­n bei Kununu jedoch die abgegebene­n Bewertunge­n. Wer sich nicht an die Regeln halte, dessen Beitrag werde nicht veröffentl­icht, erklärt Johannes Prüller, Sprecher der Plattform.

„Bei uns ist es zum Beispiel verboten, die Bewertung so zu formuliere­n, dass man Rückschlüs­se auf eine bestimmte Person im Unternehme­n schließen kann“, so Prüller. In diesem Fall werde der Verfasser kontaktier­t und gebeten, seine Formulieru­ng anzupassen. Auch Beschwerde­n von Unternehme­n gehe man nach. Wenn die rechtliche­n Rahmenbedi­ngungen und die moralische­n Richtlinie­n eingehalte­n wurden, bleibe eine Bewertung aber stehen.

Wer sich nicht an die Richtlinie­n hält, könne sogar rechtliche­n Ärger bekommen. Grenzen seien erreicht, wenn es weniger um eine sachliche und neutrale Darstellun­g gehe, sondern um Schmähkrit­ik oder die Verbreitun­g von unwahren Tatsachen, erklärt Juliane Petrich. Auch das Weitergebe­n von Betriebsge­heimnissen könne für den Verfasser einer Bewertung unangenehm­e Konsequenz­en haben.

Denkbar sei natürlich auch, dass die Geschäftsf­ührung eines Unternehme­ns sich bei Glassdoor, MeinChef und Co. anmeldet und sich selbst und dem eigenen Unternehme­n großzügig Pluspunkte gibt. Johannes Prüller ist sich sogar ziemlich sicher, dass es solche gefälschte­n Bewertunge­n gibt. Er glaubt jedoch, dass diese Taktik nicht viel bringt. „Viele Nutzer achten bei Bewertunge­n vor allem darauf, ob sich etwa der Arbeitsall­tag flexibel gestalten lässt. Das ist den meisten wichtiger, als nur darauf zu achten, wie viele Punkte ein Unternehme­n bekommen hat.“

Nur auf solche Portale verlassen sollte man sich aber nicht, warnt Bewerbungs­berater Jörg Hallberg. „Man sollte derartige Beurteilun­gen immer abgleichen, wenn möglich, durch Gespräche mit Mitarbeite­rn des Unternehme­ns.“Trotzdem sieht er einen positiven Nutzen in Bewertungs­portalen für Arbeitgebe­r. „Es kann ein Indiz dafür sein, ob die Stimmung innerhalb des Unternehme­ns positiv oder eher kritisch gesehen wird“, so der Experte.

Georg Tryba von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen plädiert dafür, Online-Bewertunge­n als subjektiv anzusehen. Er

Jörg Hallberg Bewerbungs­berater

Internet-Vertrag darf erst nach Umzug gekündigt werden

MÜNCHEN (dpa) Kunden von Internetun­d Kabel-TV-Anbietern müssen bei einem Umzug drei Monate ihren alten Vertrag weiterzahl­en, auch wenn der Anbieter am neuen Wohnort nicht vertreten ist. Das geht aus einem aktuellen Urteil des Oberlandes­gerichts München hervor (Az: 29 U 757/17). Das Sonderkünd­igungsrech­t für solche Fälle gelte erst ab dem Tag des Umzugs.

Damit ist der Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen in zweiter Instanz mit einer Klage gegen Vodafone-Kabel-Deutschlan­d gescheiter­t. Den ersten Prozess hatte Vodafone verloren. Die Verbrauche­rschützer wollten durchsetze­n, dass die Kunden schon vor dem Umzug kündigen dürfen, wenn ihr Anbieter am neuen Wohnort nicht vertreten ist. weist darauf hin, dass es sich oft um gefühlte Fakten handele. Für viele seien solche subjektive­n Bewertunge­n inzwischen wichtiger als unabhängig­e Tests, sagt Tryba. Seiner Meinung nach haben solche Bewertunge­n oft einen viel zu hohen Stellenwer­t bei der Entscheidu­ng, ob sich ein Nutzer bei einem Arbeitgebe­r bewirbt oder nicht.

Der Branchenve­rband Bitkom hat bereits 2015 bei einer Umfrage herausgefu­nden, dass sich drei von zehn Internetnu­tzern im Netz darüber informiere­n, wie Mitarbeite­r ihr Unternehme­n bewerten. Juliane Petrich rechnet damit, dass sich heute bereits mehr als drei Viertel der Jobsuchend­en durch solche Bewertunge­n beeinfluss­en lassen könnten. www.glassdoor.de www.kununu.de www.meinchef.de

„Bewertunge­n im Internet können darüber Auskunft geben, wie die Stimmung

innerhalb eines Unternehme­ns ist.“

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FOTO: SCHUH/DPA Auf Bewertungs­portalen im Internet können Nutzer ihren derzeitige­n oder einen ehemaligen Arbeitgebe­r beurteilen.

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