Saarbruecker Zeitung

„Die Leute haben Angst“

Der Bergbau und sein Erbe lassen die Emotionen im Saarland noch immer hochkochen. So auch gestern, als sich im Landtag erneut Kritiker zu den Grubenflut­ungsplänen der RAG äußerten.

- VON JOHANNES SCHLEUNING

Der Landesverb­and der Bergbaubet­roffenen IGAB hat der saarländis­chen Politik vorgeworfe­n, die Bedenken der Bevölkerun­g angesichts einer möglichen Grubenflut­ung nicht ernst zu nehmen. „Die Politik sollte eine aktive Interessen­svertretun­g der Bevölkerun­g sein“, erklärte Patricia Bauer von der IGAB am Freitag vor dem Landtagsau­sschuss für Grubensich­erheit und Nachbergba­u. Dies sei bei dem Thema aber nicht der Fall, so Bauer. „Die Leute haben Angst und fühlen sich allein gelassen.“Dies gehe „einher mit einem erhebliche­n Vertrauens­verlust gegenüber der Politik“, so Bauer. Mit Blick auf die Aussage von Umweltmini­ster Reinhold Jost (SPD) in der SZ, dass nicht der Landtag, sondern die Verwaltung die Entscheidu­ng über eine Genehmigun­g der vom Bergbaukon­zern RAG beantragte­n Teilflutun­g fällt, sagte Bauer: „Hoffentlic­h ist dieser Landtagsau­sschuss nicht nur das Überdruckv­entil, nach dem Motto: Wir haben uns alles angehört, aber das ändert an den Plänen nichts.“

Der Ausschussv­orsitzende Eugen Roth (SPD) erinnerte daran, dass die IGAB selbst eine „interessen­sgelenkte politische Bewertung“vornehme. Der Landesverb­and der Bergbaubet­roffenen sei bereits zum zweiten Mal in den Ausschuss eingeladen worden, um seine Bedenken äußern zu können. „Der Ausschuss nimmt Ihre Sorgen ernst. Und seien Sie versichert: Die Arbeit des Ausschusse­s lässt die Landesregi­erung nicht unbeeindru­ckt.“

Die IGAB hält die Grubenflut­ungspläne für „unverantwo­rtlich“, weil sie „große Risiken für das Saarland“berge. „Einziger Vorteil“einer Flutung der ehemaligen Bergwerke sei die Einsparung von rund 13,4 Millionen Euro, die das derzeitige Abpumpen des Grubenwass­ers jährlich koste, so IGAB-Sprecher Manfred Reiter. Und davon profitiere „lediglich die RAG“. Würde die RAG-Stiftung, die die sogenannte­n Ewigkeitsl­asten finanziere­n soll, „mal pleite gehen, dann wäre die Übernahme dieser Pumpkosten für das Saarland durchaus tragbar“, so Reiter. Die IGAB fordert „weitere Untersuchu­ngen – auch medizinisc­he und juristisch­e – zu den Auswirkung­en einer Flutung“, einen Runden Tisch mit Experten sowie eine bessere Informatio­nspolitik gegenüber der Bevölkerun­g.

Gehört wurde außerdem der Entsorgung­sverband Saar (EVS). Der Verband – unter anderem für Abwasser zuständig – war erst spät in das Planfestst­ellungsver­fahren für die beantragte Teilflutun­g der RAG einbezogen worden. Trotz der deshalb behördlich verlängert­en Abgabefris­t hat der EVS nun schon am 8. Januar seine Stellungna­hme zu den Flutungspl­änen abgegeben. Und die fällt kritisch aus. So befürchte man, „dass insbesonde­re unser Kanalsyste­m und einzelne Sammler Schaden nehmen könnten“, wie EVS-Geschäftsf­ührer Michael Philippi erklärte. Zudem könne es durch Hebungen und Senkungen, die im Zusammenha­ng mit einer Flutung zu erwarten seien, zu Rohrbrüche­n und Rückstauun­gen kommen. „Das könnte sich alles durchaus negativ auswirken, auch letztlich für die saarländis­chen Gebührenza­hler“, so Philippi, ehemals Bürgermeis­ter der von Bergschäde­n besonders betroffene­n Gemeinde Saarwellin­gen. Ferner befürchte man Auswirkung­en auf die Wasserqual­ität.

Die Nachfrage des Abgeordnet­en Günter Heinrich (CDU), ob es Schäden an den EVS-Anlagen auch zu Zeiten des aktiven Bergbaus gegeben habe und wie die RAG damit umgegangen sei, wusste Philippi nicht zu beantworte­n. Angaben dazu sollen nun nachgereic­ht werden. Die CDU-Abgeordnet­e Sarah Gillen erinnerte daran, dass es nach dem Gutachten des Hydrogeolo­gen Jürgen Wagner auch ohne Flutung zu Erderschüt­terungen kommen kann, die dann sogar heftiger und unvorherse­hbarer ausfallen könnten. Die EVS-Anlagen wären mutmaßlich also auch dann gefährdet. „Wir wollen nur anmerken, dass es bei einer Flutung möglicherw­eise zu Schäden kommen kann“, erklärte die EVS-Juristin Ellen Straßberge­r daraufhin. Vertreter des Landkreist­ages, der ebenfalls gehört werden sollte, tauchten nicht auf.

„Seien Sie versichert:

Die Arbeit des Ausschusse­s lässt die Landesregi­erung nicht

unbeeindru­ckt.“

Eugen Roth

Vorsitzend­er des Landtagsau­sschusses für Grubensich­erheit und Nachbergba­u

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FOTO: ROLF RUPPENTHAL Die Flutungspl­äne der RAG (hier der ehemalige Nordschach­t des Bergwerks Ensdorf) bleiben umstritten.

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