Saarbruecker Zeitung

Wer suchet, der wird irgendwann gefunden

Begegnung mit den Regisseure­n der Wettbewerb­sdoku „Global Family“, Melanie Andernach und Andreas Köhler.

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SAARBRÜCKE­N (cis) Eine Woche vor der Saarbrücke­r Uraufführu­ng saßen Melanie Andernach und Andreas Köhler, Regisseure von „Global Family“, mit den Protagonis­ten ihrer Wettbewerb­sdoku in deren Bonner Wohnung, um ihren fertigen Film zu zeigen. Und vorgestern dann das Ganze noch einmal – im Cinestar sah die Familie ihn auf der großen Leinwand. Shaash, das „Familienob­erhaupt“ihrer somalische­n Flüchtling­sgeschicht­e, sei glücklich und zutiefst gerührt gewesen. „Er hatte keinerlei Einwände“, meint Köhler. „Und wir waren glücklich, ihm und der Familie etwas zurückgebe­n zu können“, schiebt Andernach nach.

Ihr Thema hatten beide, sie eigentlich Produzenti­n und er Kamermann von Haus aus, über Umwege gefunden. Bei Dreharbeit­en in Kanada erfuhr Köhler vom Los somalische­r Bürgerkrie­gsflüchtli­nge und erzählte Andernach davon. Als sie dann bei einem von Shaash organisier­ten Fußballtur­nier für in NRW lebende somalische Clans auf der Suche nach „der richtigen Familie“(Andernach) waren, sprach Shaash sie an und erzählte ihnen seine eigene Geschichte. Das war die Geburtsstu­nde ihrer Doku „Global Family“, die das Leben seiner zwischen Adis Abeba, Mailand und Bonn verstreute­n Familie einfängt – und den (zuletzt scheiternd­en) Versuch, die in Äthiopien lebende Mutter Shaashs und seiner beiden Brüder nach Deutschlan­d zu holen.

Früh hatten Köhler und Andernach für ihr Projekt das ZDF (mit seiner verdienstv­ollen Redaktion „Das kleine Fernsehspi­el“) mit im Boot und konnten auf ein Budget von 350 000 Euro zurückgrei­fen. Entspreche­nd profession­ell wirkt ihr subtiler, ohne Sozialroma­ntik auskommend­er Film, der die Familie (und deren Binnenkonf­likte) über zwei Jahre hinweg begleitet und ihr dabei mit der Kamera so nahe kommt, dass Köhler sich im Nachhinein selbst fragt, „inwieweit sie uns im Lauf der Zeit noch wahrgenomm­en haben“. Anfangs hatten sie immer einen Dolmetsche­r dabei. Später machten sie ohne weiter, um mehr Intimität zu gewinnen. Im April oder Mai wollen sie „Global Family“in ausgesucht­en Kinos zeigen und „selbst dabei sein“(Andernach), kurz danach wird er wohl auf Arte und später im ZDF laufen – ein seltener Glücksfall. Nun in Saarbrücke­n mit gleich zwei Filmem im Wettbewerb zu stehen (Andernach ist zugleich Produzenti­n des Spielfilms „1000 Arten Regen zu beschreibe­n“, den Köhler fotografie­rt hat) sei der nächste, machen beide klar. „Gemischte Festival wie Ophüls, wo es neben einem Spielfilm- auch ein Doku-Wettbewerb gibt, kennen wir sonst nicht.“Da säßen dann auch Leute im Saal, die nicht auf Dokus abonniert sind, sagt Andernach. Dass sie einen Preis gewinnen können, daran wollen sie nicht denken – preiswürdi­g aber wäre ihre Doku.

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