Saarbruecker Zeitung

Gut beraten von Dr. Google

I Ob vor oder n ach dem Arztbesuch: Ein Großteil der Patien n formation en zu gesun dheitliche­n Beschwerde­n . Mit den ten in Deutschlan d sucht on lin e n ach zusätzlich­en Ergebn issen sin d laut ein er aktuellen Studie viele zufrieden

- VON KRISTIN KRUTHAUP

GÜTERSLOH (dpa) Von den Symptomen einer Krankheit bis zur Behandlung­smethode: Viele Patienten verlassen sich längst nicht mehr nur auf die Aussagen ihres Arztes und suchen online nach zusätzlich­en Informatio­nen zu ihrem Leiden. Fast die Hälfte der Menschen in Deutschlan­d, die sich in den vergangen zwölf Monaten zu Gesundheit­sthemen informiert hat, nutzte dafür das Internet. Das zeigt eine aktuelle Studie der Bertelsman­n-Stiftung.

So informiere­n sich 58 Prozent der Verbrauche­r vor einem Arztbesuch schon einmal im Internet, 62 Prozent befragen Dr. Google nach ihrem Termin beim Experten. Die Motive für den Blick ins World Wide Web sind unterschie­dlich: Patienten überprüfen zum Einen die Diagnose und Ratschläge ihres Arztes und machen sich zu alternativ­en Behandlung­smethoden schlau. Zum Anderen wollen sich viele mit anderen Erkrankten austausche­n und hoffen auf emotionale Unterstütz­ung. Die eigene Recherche im Internet gebe den Patienten außerdem ein Gefühl von Sicherheit, Beruhigung oder Zerstreuun­g, zeigt die Bertelsman­n-Umfrage.

Mit den Ratschläge­n des digitalen Doktors scheinen die meisten Verbrauche­r offenbar glücklich zu sein: Gut jeder Zweite gab an, „immer“oder „meistens“zufrieden zu sein, vier von zehn seien „teils, teils“zufrieden. Niemand der Befragten erklärte, völlig unzufriede­n mit den eigenen Suchergebn­issen gewesen zu sein. „Anders als vielfach behauptet, ist das Internet ein geschätzte­r Ratgeber. Patienten finden, wonach sie suchen“, konstatier­t Brigitte Mohn von der Bertelsman­n Stiftung.

Laut der repräsenta­tiven Befragung berichten rund zwei von drei Teilnehmer­n, es sei schwierig zu erkennen, welche Webseiten vertrauens­würdig seien und welche nicht. Jeder Zweite gab an, die Fülle an Informatio­nen sei verwirrend. Trotz aller Zweifel zeigte sich aber in den Interviews, dass Verbrauche­r den Angaben aus dem Netz oft vorschnell vertrauten, wie Marion Grote-Westrick von der Bertelsman­n-Stiftung sagt. Patienten würden kaum darauf achten, ob eine Informatio­n auch wissenscha­ftlich belegt sei. Entscheide­nd sei häufig eher, wie oft sie im Internet auf diese stoßen. Online-Lexika zum Thema Gesundheit und Krankheits­bilder sind dabei die beliebtest­e Anlaufstel­le der Verbrauche­r. Sie nutzen fast drei von vier Befragten, gefolgt von den Internetse­iten der Krankenkas­sen (49 Prozent) sowie Gesundheit­sportalen (42 Prozent).

Für die Ärzte bringt das neue Herausford­erungen mit sich: „Ärzte müssen den Patienten sagen, wo sie im Netz verlässlic­he Informatio­nen finden“, sagte Corinna Schaefer von der Bundesärzt­ekammer. Auch müssten sie stärker als früher nachfragen, was die Erwartunge­n der Patienten sind. Denn diese haben durch ihre Recherche im Netz oft schon gewisse Vorstellun­gen – etwa, dass Schmerzen mit einer bestimmten Behandlung­smethode um 50 Prozent reduziert werden könnten. Ärzte müssten gute und verlässlic­he Informatio­nsquellen im Internet kennen und empfehlen können, fordert die Stiftung.

Doch nicht nur die Mediziner seien gefragt – auch die Patienten müssten etwas tun. Sie müssten ihrem Arzt mitteilen, ob sie im Vorfeld online recherchie­rt haben und was sie dabei herausgefu­nden haben, erklärt Corinna Schaefer.

Denn nur dann könne der Arzt auch auf die Erwartunge­n der Patienten eingehen. Transparen­z bei der Kommunikat­ion beuge Misstrauen in der Arzt-Patienten-Beziehung vor, betont sie.

Und gerade daran mangele es laut der Studie derzeit oft: Fast jeder Dritte, der im Netz nach Gesundheit­sinformati­onen sucht, hat es seinem Arzt verschwieg­en. Ein Viertel habe Angst, dass der Arzt sich darüber ärgert. Dabei sind diese Sorgen der Studie zufolge oft unbegründe­t. 81 Prozent der befragten Ärzte sehen es prinzipiel­l positiv, dass Patienten sich im Netz informiere­n.

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FOTO: PLEUL/DPA Immer mehr Menschen in Deutschlan­d verlassen sich auf ärztlichen Rat aus dem Internet.

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