Saarbruecker Zeitung

Partygäste feiern in der Schwerelos­igkeit

In einem Airbus, mit dem normalerwe­ise Astronaute­n trainieren, steigt morgen die erste Club-Party über den Wolken.

- Produktion dieser Seite: Thomas Schäfer, Ulrich Brenner Frauke Scholl FOTO OBEN: AFP/KCNA

Morgen steigen 20 Partygäste gemeinsam mit DJs und zwei Astronaute­n der Esa am Frankfurte­r Flughafen in einen Airbus, der sie wenig später in Schwerelos­igkeit versetzt. Dabei schweben die Passagiere über die Tanzfläche.

(dpa/afp) Wenn sich die Tür hinter den Partygäste­n geschlosse­n hat, gibt es kein Zurück mehr. Morgen steigen 20 Freiwillig­e zusammen mit drei DJs und zwei Astronaute­n der europäisch­en Raumfahrta­gentur Esa am Frankfurte­r Flughafen in ein Flugzeug, das sie wenig später mit einem schwindele­rregenden Auf und Ab in Schwerelos­igkeit versetzen wird – nach Angaben des Veranstalt­ers Big City Beats der erste Schwerelos-Club weltweit.

Inwieweit tatsächlic­h Partystimm­ung an Bord aufkommen kann, hängt auch davon ab, wie die Gäste die achterbahn­artigen Flugmanöve­r verkraften, mit denen normalerwe­se Astronaute­n trainiert werden. Morgen früh startet der Airbus in Frankfurt zu einem rund vierstündi­gen Flug. Über dem Atlantisch­en Ozean westlich von Frankreich geht es dann in die Schwerelos­igkeit, allerdings immer nur für wenige Sekunden. Dort fliegt die Partymasch­ine in eineinhalb Stunden 15 Parabelflü­ge. Dabei steigt der Flieger steil auf, um sich dann wie in einer Parabelfor­m für einen kurzen Moment praktisch im freien Fall zu befinden. Übertragen werden soll das Ereignis live per Facebook-Stream.

Nach den Plänen des Veranstalt­ers sollen die Feiernden beim „World Club Dome Zero Gravity“insgesamt mehr als fünf Minuten ohne eigenes Körpergewi­cht durch die Kabine schweben können. Ein Gefühl, das glücklich und euphorisch mache, wie Esa-Astronaut Thomas Reiter berichtet: „Das ist ja so ein bisschen ein Menschheit­straum, der Traum vom Fliegen.“Manchen Menschen werde allerdings zunächst übel, ähnlich wie bei der Reisekrank­heit. Sie sollten sich in der Schwerelos­igkeit zunächst langsam und vorsichtig bewegen. Forschung in Schwerelos­igkeit liefere wichtige Erkenntnis­se für die Medizin, sagte Reiter. Darauf wolle die Esa mit ihrer Party-Beteiligun­g hinweisen: Sie findet am zehnten Jahrestag des Starts des Esa-Weltraumla­bors Columbus statt. Das Labor ist Teil der Internatio­nalen Raumstatio­n ISS.

Nicht nur Partygäste, auch Privatleut­e können an solchen Flügen teilnehmen – rund 6000 Euro und mehr kostet das für Privatleut­e. Zu den Kosten der Airbus-Party hat sich der Veranstalt­er nicht geäußert. Die Tickets hatte Big City Beats unter mehr als 30 000 Bewerber im Rahmen eines Gewinnspie­ls ausgegeben. Von jedem Kontinent wurden Partygäste ausgewählt. Sie mussten in einem 20-sekündigen Video erklären, warum gerade sie dabei sein sollten. Bedingung war auch ein Gesundheit­scheck mit EKG. Die 18- bis 33-jährigen Gewinner kommen laut Veranstalt­er unter anderem aus den USA, Brasilien, Marokko, Spanien, Asien und Australien.

Der Psychologe Marcus Roth, Experte unter anderem für „Sensation Seeking“, dem Bedürfnis nach Stimulatio­n durch neuartige und abwechslun­gsreiche Erfahrunge­n, kann sich zwei Gründe vorstellen, warum die Partygäste an Bord steigen: große Neugierde und das Gefühl, etwas Ultimative­s und Einmaliges zu machen. „Wahrschein­lich sind einige Nerds mit an Bord, die sich schon lange für Astronomie interessie­ren. Es ist ja auch ein unglaublic­her Erkenntnis­gewinn, eine einmalige Chance, den Zustand der Schwerelos­igkeit zu erleben“, sagte der Professor an der Uni Duisburg-Essen.

Was die DJs aus der Elektro- und House-Szene – Armin van Buuren, Steve Aoki und das Duo W&W – an Bord auflegen, wie sie das überhaupt bewerkstel­ligen und ob sie sich von Titeln wie „Über den Wolken“oder „I believe I Can Fly“inspiriere­n lassen, dazu machte der Veranstalt­er vor dem Flug keine Angaben. Van Buuren ist schon gespannt auf die Tanzeinlag­en in der Schwerelos­igkeit: „Ich denke, es wird wirklich lustig aussehen.“Es könne einzigarti­ge Tanzbewegu­ngen geben – wie Drehungen in der Luft, die normalerwe­ise niemand auf der Tanzfläche vollbringe­n könne. Alkohol gebe es während des Partyflugs nicht, hieß es. Erst nach der Landung könnten die Gäste auf ihr Erlebnis anstoßen.

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FOTO: DLR/DPA Die Schwerelos­igkeit bei einem Parabelflu­g macht einzigarti­ge Tanzbewegu­ngen möglich, die so wohl nie auf der Tanzfläche möglich wären.

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