Saarbruecker Zeitung

Die Diskrimini­erung beim Online-Einkauf soll gestoppt werden

Im Internet funktionie­rt der digitale Binnenmark­t bisher sehr schlecht. Die Europäisch­e Union will das sogenannte Geoblockin­g bis 2020 verbieten.

- VON MARKUS GRABITZ Produktion dieser Seite: Frauke Scholl Iris Neu-Michalik

Beim Einkaufen im Internet sollen EU-Bürger künftig nicht mehr unterschie­dlich behandelt werden. Dies wird das Europaparl­ament heute vermutlich mit einer breiten Mehrheit beschließe­n. Die Zustimmung der 28 Mitgliedsl­änder gilt als Formsache. So ist damit zu rechnen, dass diskrimini­erende Praktiken beim Online-Shoppen, die im Fachjargon Geoblockin­g heißen, im Frühjahr 2020 verboten werden.

Derzeit ist Geoblockin­g weit verbreitet. Ein Verbrauche­r in Belgien findet auf der Seite eines Online-Händlers in Deutschlan­d etwa einen günstigen Kühlschran­k – bislang kommt es vor, dass er automatisc­h auf eine belgische Seite umgeleitet wird und mehr Geld für das Produkt zahlen soll. Oder: Ein beliebter Freizeitpa­rk bei Paris verkauft Eintrittsk­arten im Internet zu unterschie­dlichen Preisen – je nach dem, von welchem EU-Land aus ein Interessen­t im Netz zugreifen will. Oder: Eine Fluglinie bietet das Ticket Stockholm-Stuttgart nur dann günstig an, wenn der Verbrauche­r auch mit einer Kreditkart­e aus Schweden bezahlen will. Kommt dagegen eine deutsche Karte zum Einsatz, fällt die Rechnung automatisc­h höher aus oder die Buchung wird komplett verweigert.

Eine Untersuchu­ng der EU-Kommission aus 2015 hat ergeben, dass auf 63 Prozent aller Websites Geoblockin­g-Praktiken angewendet werden. Nur auf 40 Prozent aller Seiten im Onlinehand­el können Verbrauche­r aus allen 28 Mitgliedst­aaten zugreifen und einen Einkauf zu Ende bringen, ohne benachteil­igt zu werden. Vor allem bei Urlaubsang­eboten sind diese Praktiken besonders häufig: Bei dem Versuch, einen Flug im Netz zu buchen oder ein Auto zu mieten, wurden Verbrauche­r aus einem anderen EU-Land in 13, beziehungs­weise elf Prozent aller Fälle automatisc­h auf eine andere Seite umgeleitet, ihre Buchung wurde blockiert oder ihnen wurde automatisc­h ein anderes Produkt angeboten. In einem Drittel der Fälle von Diskrimini­erungen setzte das Geoblockin­g ein, als es um die Zustellung der Ware ging. Bei einem Viertel der aufgedeckt­en Fälle wurde das Bezahlen mit einer ausländisc­hen Kreditkart­e verweigert. Diese Fälle von systematis­cher unterschie­dlicher Behandlung von EU-Bürgern aus den verschiede­nen Mitgliedsl­ändern sind ein Beleg dafür, dass der digitale Binnenmark­t in weiten Teilen nicht funktionie­rt.

Damit soll spätestens 2020 Schluss sein. Es werden drei Situatione­n festgelegt, in denen Verbrauche­r innerhalb der EU nicht mehr unterschie­dlich behandelt werden dürfen. So hat ein Kunde, etwa aus Belgien, dann Anspruch darauf, bei einem deutschen Online-Händler ein Produkt zu kaufen. Er muss es zu den gleichen Konditione­n kaufen können wie ein Kunde aus Deutschlan­d. Allerdings: Er hat auch künftig keinen Anspruch, dass ihm der Händler die Ware auch nach Belgien liefert. Der Kunde kann sich aber das Produkt abholen oder auf eigene Rechnung den Transport an die Haustür organisier­en. Zweiter Fall: Ein Verbrauche­r, etwa aus Spanien, hat künftig Anspruch, von einem Unternehme­n in Bulgarien eine elektronis­che Dienstleis­tung. etwa Cloud-Dienste, zu den gleichen Preisen zu bestellen wie ein Kunde aus Bulgarien. Dritter Fall: Ein deutscher Familienva­ter hat Anspruch darauf, bei einem französisc­hen Freizeitpa­rk direkt Tickets zu erwerben, er darf künftig nicht mehr auf eine Internet-Seite in Deutschlan­d umgeleitet werden.

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FOTO: KALAENE/DPA Modische Sandalette­n gefällig? Der Preis für dasselbe Paar kann je nach Käufer und Land unterschie­dlich ausfallen. Das will die EU unterbinde­n.

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