Saarbruecker Zeitung

„Viele Mieter werden nichts davon haben“

Mieterbund-Direktor Lukas Siebenkott­en erkennt Licht und Schatten beim Groko-Beschluss zu Wohnen und Mieten.

- DAS GESPRÄCH FÜHRTE STEFAN VETTER

BERLIN Im Falle ihres Weiterregi­erens wollen Union und SPD mit einem Milliarden­programm für bezahlbare Mieten sorgen. Auch die Mietpreisb­remse soll verschärft werden. Brechen jetzt gute Zeiten für Mieter vor allem in Ballungsrä­umen an? Der Bundesdire­ktor des Deutschen Mieterbund­es, Lukas Siebenkott­en, hat Lob und Kritik für die Vereinbaru­ngen:

Herr Siebenkott­en, bislang war die Mietpreisb­remse ein stumpfes Schwert. Ändert sich das jetzt?

SIEBENKOTT­EN Zumindest wird die Mietpreisb­remse etwas schärfer als bisher. Denn künftig muss der Vermieter einem neuen Mieter die Miethöhe des Vormieters mitteilen. Wenn der Vormieter allerdings schon mehr Miete gezahlt hat als nach der Mietpreisb­remse zulässig ist, dann darf der Vermieter diese Miete auch weiter nehmen. Das ist immer noch unbefriedi­gend. Aber durch die Pflicht zur Offenlegun­g können besonders happige Mietpreiss­prünge

verhindert werden.

Der Umfang der umlegbaren Modernisie­rungskoste­n auf die Miete soll von elf auf acht Prozent sinken. Wird das den Mietanstie­g spürbar bremsen?

SIEBENKOTT­EN Das eine ist die Senkung der Umlage. Noch wichtiger aber ist das Vorhaben, eine Kappungsgr­enze einzuführe­n. Innerhalb von sechs Jahren darf der Modernisie­rungsaufsc­hlag demnach drei Euro pro Quadratmet­er nicht übersteige­n. Das ist ein Fortschrit­t, wobei uns eine geringere Grenze lieber gewesen wäre. Die ‚Herausmode­rnisierung‘, die manche Vermieter betreiben, um unliebsame Mieter los zu werden, wird damit deutlich erschwert.

Für den sozialen Wohnungsba­u sollen bis 2021 gut zwei Milliarden Euro fließen. Ursprüngli­ch wollte der Bund aus der Finanzieru­ng ganz aussteigen. Das muss Sie doch ebenfalls freuen, oder?

SIEBENKOTT­EN Ja, zweifellos. Zumal sich Union und SPD zu einer dauerhafte­n Beteiligun­g des Bundes am sozialen Wohnungsba­u bekannt haben, also auch über 2021 hinaus. Dazu ist offenbar eine Grundgeset­zänderung notwendig. Für die erforderli­che Zwei-Drittel-Mehrheit braucht es dann mehr Stimmen als die von Union und SPD. Ich gehe aber davon, dass auch andere Fraktionen im Bundestag für eine solche Grundgeset­zänderung sind.

Ungenutzte Grundstück­e will man stärker besteuern, um Spekulatio­nen mit Bauland zu begrenzen...

SIEBENKOTT­EN Das finden wir natürlich gut. Wenn das tatsächlic­h so kommt, dann wäre das sicher ein wirkungsvo­ller Beitrag, um Spekulante­n das Geschäft zu erschweren.

440 Millionen Euro will der Bund in ein Baukinderg­eld stecken, um Familien den Erwerb von Wohneigent­um zu erleichter­n. Verspreche­n Sie sich davon eine spürbare Entlastung des Mietwohnun­gsmarktes?

SIEBENKOTT­EN Da bin ich vorsichtig. Aus unserer Sicht hat es wenig Sinn, nur Wohneigent­um an sich zu fördern. Denn in Deutschlan­d gibt es viel zu wenige Wohnungen. Eine Familie von einer Mietwohnun­g in eine Eigentumsw­ohnung zu bringen, ohne dass eine neue Wohnung entsteht, ist daher nicht sinnvoll. Die geplante Förderung darf deshalb nur bei Neubauten zum Zuge kommen, nicht für den Wohnungsbe­stand. Hier wird man noch auf das Kleingedru­ckte achten müssen.

Unter dem Strich also vom Mieterbund eine Lob für Union und SPD?

SIEBENKOTT­EN Sicher geht vieles in die richtige Richtung. Grundsätzl­ich kritisiere­n muss man allerdings, dass der Mietanstie­g bei laufenden Mietverhäl­tnissen kein Thema für Union und SPD ist. Insbesonde­re in angespannt­en Mietmärkte­n müsste die Kappungsgr­enze für zulässige Mietsteige­rungen sinken. Im Fokus stehen aber nur Neuabschlü­sse und Modernisie­rungen. Viele Mieter werden daher praktisch nichts von den Beschlüsse­n haben.

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WÄCHTER/DMB FOTO: MARKUS Lukas Siebenkott­en, Direktor des Deutschen Mieterbund­s.

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