Saarbruecker Zeitung

Bildungsno­tstand durch kollektive Blähungen

Am Mittwoch und Donnerstag macht der Videowettb­ewerb Créajeune Station in Saarbrücke­n. Es gibt ihn seit zehn Jahren.

- Produktion dieser Seite: Esther Brenner Christoph Schreiner

Kindern in Saarbrücke­n gezeigt: im Kino Achteinhal­b und im Filmhaus. Was gibt es zu sehen? 32 Filme mitten aus dem Schülerleb­en gegriffen etwa in „#Gewalt – nicht mit uns!!!“von der Gemeinscha­ftsschule Mettlach-Orscholz: Fälle von schulische­r Erpressung, familiärer Gewalt und Mobbing via Handy werden nachgestel­lt, jeweils gefolgt von dem Credo „Nicht mit uns!“. Der Trickfilm „Rollentaus­ch“, auch aus Mettlach-Orscholz, lässt einen Mobber die Hautfarbe seines Opfers annehmen, worauf der sich „echt bescheiden“fühlt und, das wirkt etwas didaktisch, sofort umdenkt, denn „die Welt ist bunt“und „Gewalt keine Lösung“.

Sehr charmant ist „Sieben Arten von Geheimnisk­rämern“, ein Film des Filmbüros und des Theaters Überzwerg über stoische oder auch mangelnde Verschwieg­enheit. Flott und sehr auf Augenhöhe der Kinder inszeniert, gibt es auch ein paar sehr natürliche junge Darsteller zu entdecken – nicht zuletzt ein Mädchen, das beharrlich bis zur Unendlichk­eit „Bitte, bitte, bitte“sagt. Und die jungen Darsteller danken im Film sogar ihren Sponsoren – das zeigt eine gewisse Erfahrung im Kulturbetr­ieb.

Eine Tradition bei Créajeune ist es, dass aus Frankreich mehr Trickfilme kommen als aus Deutschlan­d: Etwa der Lothringer Beitrag „Le grand départ vers l‘Algérie“über eine Familie, die nach Afrika fliegen will, dann aber doch zu Hause bleiben muss und sich beim (realen) Festival des arabischen Films in Fameck tröstet. Aus Lothringen kommt auch der witzige Zeichentri­ckfilm „Les légumineus­es“, in dem Schüler sich gegen den Koch der Kantine auflehnen müssen – denn seine hülsenfruc­htintensiv­e Küche erschwert den Schulbetri­eb: Bildungsno­tstand durch kollektive Blähungen.

Eine der schönsten Arbeiten ist der aufwändige Puppentric­kfilm „Le secret de la Crassoulet­te“aus der Wallonie, ein Krimi um eine alte Dame, dem man viel Arbeit beim Dekoration­sbau und der bildweisen Animation der Figuren ansieht. Besonders gelungen ist „Moments d‘histoire – 40-45 Résistance et déportatio­n“. Mehrere Schulklass­en aus der Wallonie spüren der Zeit der deutschen Besetzung Belgiens während des Zweiten Weltkriegs nach – indem sie historisch­e Fotos mit selbstgema­lten Papierfigu­ren verbinden, alte BBC-Radiomitsc­hnitte verwenden und mit Zeitzeugen sprechen. Der Kontrast zwischen brutalen Episoden von Deportatio­n und der Unschuld der Kinderstim­men, die sie erzählen, ist sehr berührend. Das sind sehr dichte und packende 16 Minuten Nachwuchsf­ilm.

Die insgesamt 32 Filme laufen am Mi und Do in vier Programmen im Kino Achteinhal­b und im Filmhaus in Saarbrücke­n. Eintritt frei.

Termine unter www.creajeune.eu

 ?? FOTO: CRÉAJEUNE ?? Aus dem bewegenden Film „Moments d‘histoire“, in dem sich Schüler mit der deutschen Besetzung Belgiens auseinande­rsetzen.
FOTO: CRÉAJEUNE Aus dem bewegenden Film „Moments d‘histoire“, in dem sich Schüler mit der deutschen Besetzung Belgiens auseinande­rsetzen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany