Das teure Studium über Gebühr
Die Universität des Saarlandes erwägt die Einführung neuer Studiengebühren. Sie sollen für ein Zweitstudium und für Langzeitstudenten fällig werden. Studentenvertreter schlagen Alarm, auf dem Campus ist das Interesse eher gering.
„In Zeiten, in denen mehr als 60 Prozent der Studierenden arbeiten müssen, um sich ihr Studium zu finanzieren, kann das eine Menge Leute betreffen“, so die Vorsitzende weiter.
Die SZ-Hochschulredaktion hat auf dem Saarbrücker Campus Studenten nach ihrer Meinung zu möglichen Überziehungsgebühren befragt. Dort ergibt sich ein anderes Bild. „Mich betrifft das sowieso nicht“, ist eine der häufigsten Reaktionen der Studenten auf die Gebührenpläne. „Wenn jemand 20 Jahre studieren will, kann er das ruhig selbst bezahlen“, sagt ein Student der Wirtschaftswissenschaften. Eine Chemiestudentin hält dagegen wenig von den Überlegungen: „Das Geld kommt am Ende sowieso nicht der Lehre zugute. Wir haben bereits in der Vergangenheit gesehen, dass die Einnahmen aus den Gebühren an anderen Stellen versickern.“
Das vergleichsweise geringe Interesse in der Studentenschaft überrascht Katharina Waller jedoch nicht. „Teilweise kommen die Studenten ja mittlerweile schon mit 17 Jahren an die Uni“, so die AStA-Vorsitzende. „Und je jünger man ist, desto weniger hinterfragt man solche Dinge.“Die heutige Studentengeneration sei schon in der Schule einem starken Leistungsdruck ausgesetzt, der sich an der Uni nahtlos fortsetze. „Heute sind es die Studenten gewohnt, sich abgeschnitten von der Welt und der Situation von anderen nur auf sich selbst zu fokussieren.“Die Erkenntnis, dass auch sie einmal von den geplanten Gebühren betroffen sein könnten, werde dann für viele zu spät kommen. „Ich würde dennoch sagen, dass viele Studenten unzufrieden sind“, sagt Waller.
Der AStA stützt sich für seine Argumentation auf Zahlen des Deutschen Studentenwerks (DSW). Dieses hat in einer Sozialerhebung ermittelt, dass 2016 knapp 70 Prozent der Studenten neben dem Studium gearbeitet haben. Von diesen gaben wiederum 60 Prozent an, dass die Nebentätigkeit notwendig sei, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Unter den Studenten aus sozial schwachen Familien waren es rund 73 Prozent. „Neben dem Studium erwerbstätig zu sein, gehört seit Mitte der 1990er Jahre zum Alltag einer Mehrheit der Studierenden“, so der DSW. Dennoch müsse jeder fünfte Student mit weniger als 670 Euro im Monat auskommen.
Völlig kostenlos war ein Studium in Deutschland indes nie. Den sogenannten Semesterbeitrag, der sich unter anderem aus Beiträgen für das Studentenwerk, den AStA und für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs zusammensetzt, mussten und müssen Studenten ohnehin zahlen. Er beträgt an der Universität des Saarlandes aktuell 224 Euro pro Semester für ein Erststudium und wird nur in besonderen Härtefällen zurückerstattet. Dazu soll nach jüngsten Plänen der Saar-Uni künftig noch eine obligatorische Verwaltungsgebühr kommen, die laut AStA weitere 50 Euro betragen soll. Eventuelle Studiengebühren müssten somit zusätzlich zu den genannten Beiträgen gezahlt werden.
In der Bundesrepublik gab es Studiengebühren bis zum Jahr 1970. Massive Studentenproteste führten dann letztlich zu ihrer Abschaffung. Das bundesweit geltende Hochschulrahmengesetz verhinderte in der Folge eine erneute Einführung. Die unionsgeführten Bundesländer sahen darin einen Eingriff in ihre Hoheit über den Bildungssektor und klagten schließlich 2002 erfolgreich vor dem Bundesverfassungsgericht. Zwischen 2006 und 2007 wurden allgemeine Studiengebühren zuerst in fast allen westdeutschen Bundesländern eingeführt, um dann infolge von Regierungswechseln oder Volksbegehren sukzessive wieder abgeschafft zu werden.