Saarbruecker Zeitung

IOC kündigt Reform des Anti-Doping-Rechts an

Weitere 32 russische Athleten ziehen vor den Sportgeric­htshof CAS. Pound kritisiert „komfortabl­en Kokon“im Olympische­n Komitee.

-

PYEONGCHAN­G (dpa) Das Internatio­nale Olympische Komitee will nach der bitteren Lehre aus dem russischen Doping-Skandal die Regeln und das Rechtssyst­em im Anti-Doping-Kampf umfassend reformiere­n. „Die Herausford­erung wird sein, wie wir die Integrität einer Organisati­on wie das IOC mit seinen

Richard Pound 206 Mitglieder­n managen und schützen können“, sagte Präsident Thomas Bach am Dienstag bei der IOC-Session in Pyeongchan­g. Dazu gehöre auch, wie man der „wachsenden Macht individuel­ler Rechte“begegnen könne.

Das Urteil des Internatio­nalen Sportgeric­htshofs CAS in der Berufungsv­erhandlung von 39 Athleten aus Russland, die gegen ihren vom IOC als Folge des Doping-Skandals in ihrem Land verhängten lebenslang­en Olympia-Bann klagten, hatte viel Kritik ausgelöst. In 28 Fällen hob das CAS die Sperre auf, in elf reduzierte es die IOC-Sanktionen.

Mitten in die IOC-Debatte über die Causa Russland platzte die Nachricht, dass 32 russische Sportler auf dem juristisch­en Weg den Start bei den Winterspie­len erreichen wollen. Die Athleten reichten Klage beim Schweizer Bundesgeri­cht und beim Internatio­nalen Sportgeric­htshof CAS gegen ihren Olympia-Ausschluss ein. Dies bestätigte das Ad-hoc-Gericht des CAS in Pyeongchan­g, das am heutigen Mittwoch das Urteil verkünden will. Neben Shorttrack-Star Viktor Ahn und Biathlet Anton Schipulin wehren sich die Top-Langläufer Sergej Ustjugow und Ruslan Sacharow sowie Eiskunstla­uf-Olympiasie­gerin Xenia Stolbowa gegen den Olympia-Bann.

Bisher sind 169 Athleten aus Russland zu den Spielen eingeladen worden. Aus dem Kreis der 28 Russen, deren Sperren vom CAS aufgehoben wurden, hatten 15 nachträgli­ch die Teilnahme beantragt. Sie wurde vom IOC abgelehnt. Bach betonte, man könne „daraus lernen, und es kann der Beginn von Veränderun­gen werden in der Welt-Anti-Doping-Agentur, im CAS und auch im IOC. Wir haben die Diskussion begonnen.“

Mit einer harten Kritik am Umgang mit der Causa Russland löste IOC-Mitglied Richard Pound eine ungewöhnli­ch scharfe Kontrovers­e unter seinen 100 Kollegen aus. „Ein großer Teil der Welt glaubt, dass das IOC versagt und die Athleten sauber gemacht hat“, sagte der frühere Wada-Präsident. Bisher habe man im IOC mehr geredet als bewegt. „Unsere Zukunft hängt davon ab, was wir tun, aber nicht, was wir sagen“, sagte Pound und nannte die Welt des IOC einen „komfortabl­en Kokon“.

Noch vor Ende der 23. Winterspie­le muss das IOC eine weitere große Entscheidu­ng fällen. In Pyeongchan­g sind einzelne Sportler als „Olympische Athleten aus Russland“ohne Fahne und Hymne am Start. Das Nationale Olympische Komitee des Landes wurde vom IOC in Folge des Doping-Skandals suspendier­t, aber mit der Möglichkei­t, vor der Schlussfei­er wieder als Mitglied aufgenomme­n zu werden.

Eine entspreche­nde Empfehlung für die Wiederaufn­ahme wird das Einladungs­komitee unter der Leitung von Nicole Hoevertsz an das IOC-Exekutivko­mitee geben. Es wird während der Spiele beobachten, ob sich die russischen Athleten, aber auch die Fans oder die Medien entspreche­nd des olympische­n Geistes verhalten. „Es ist unmöglich, jeden einzelnen russischen Teilnehmer und jeden Vorfall zu beobachten“, erklärte sie. „Wir schauen auf das generelle Verhalten.“Falls ein Athlet die russische Fahne irgendwo tragen sollte, hieße dies nicht, der Bann werde aufgehoben oder nicht.

„Ein großer Teil der Welt glaubt, dass das IOC

versagt hat.“

IOC-Mitglied

 ?? FOTO: DI NOLFI/DPA ?? Der Kanadier Richard Pound, früher Chef der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada und selbst IOC-Mitglied, kritisiert­e seine IOC-Kollegen deutlich.
FOTO: DI NOLFI/DPA Der Kanadier Richard Pound, früher Chef der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada und selbst IOC-Mitglied, kritisiert­e seine IOC-Kollegen deutlich.

Newspapers in German

Newspapers from Germany