Saarbruecker Zeitung

Schulz verzichtet auf Ministeram­t

Der spektakulä­re Rückzug des Noch-SPD-Chefs aus der Bundespoli­tik lenkte am Freitag ein wenig davon ab, dass es auch in der CDU immer stärker rumort.

- FOTO: GAMBARINI/DPA

Noch-SPD-Parteichef Martin Schulz verzichtet nun auch auf den Posten des Bundesauße­nministers. Schulz will damit den Weg freimachen für eine Zustimmung der Parteimitg­lieder für eine neue große Koalition. Schulz erklärte am Freitag nach massivem Druck aus den eigenen Reihen, er wolle nicht mehr in eine neue Bundesregi­erung eintreten.

BERLIN (afp/dpa/gda) Eigentlich müsste sich Angela Merkel bei Martin Schulz bedanken. Dafür, dass der Noch-SPD-Chef am Freitag auf so spektakulä­re Weise davon ablenkte, dass es auch in ihrer CDU mächtig rumort. Denn die Kritik an der Kanzlerin und Parteichef­in wird immer lauter und schärfer. Ziemlich sauer sind viele Christdemo­kraten vor allem darüber, dass die SPD mit Außen, Finanzen sowie Arbeit und Soziales drei große Ministerie­n heraushand­eln konnte, obwohl die Sozialdemo­kraten bei der Bundestags­wahl deutlich hinter der Union lagen. Zudem überließ die CDU das Innenminis­terium der Schwesterp­artei CSU.

Zu Wort meldeten sich nun zu allererst Merkels alte Rivalen: „Wenn die CDU diese Demütigung auch noch hinnimmt, dann hat sie sich selbst aufgegeben“, ätzte der frühere Unionsfrak­tionschef im Bundestag, Friedrich Merz, in der „Bild“-Zeitung. Auch der CDU-Außenpolit­iker Norbert Röttgen, der einst von Merkel als Umweltmini­ster abserviert wurde, beklagte die schwache Ämter-Ausbeute für die CDU im Koalitions­vertrag. „Die CDU ist damit innerhalb des Regierungs­apparats strukturel­l geschwächt und verliert an Einfluss“, sagte Röttgen der „Bild“. Und der konservati­ve CDU-Bundestags­abgeordnet­e Klaus-Peter Willsch, der schon früher gegen Merkel rebelliert­e, forderte bereits den sofortigen Beginn der personelle­n Neuaufstel­lung an der Parteispit­ze. „Wir müssen uns in der CDU schon jetzt überlegen, wie wir uns ohne Merkel personell neu aufstellen“, sagte Willsch der „Rheinische­n Post“. „Denn diese Legislatur­periode kann auch sehr schnell vorbei sein.“

Wollen hier alte Merkel-Gegner politische Rechnungen begleichen? Ganz so einfach ist es womöglich nicht für die Kanzlerin. Der Unmut scheint sich durch die ganze Partei auszubreit­en. Das jedenfalls meint der Vorsitzend­e der Jungen Union (JU): „Die Unzufriede­nheit ist sehr groß an der Basis“, sagte Paul Ziemiak am Freitag im Deutschlan­dfunk. „Das waren keine guten Tage, und es brodelt eigentlich an allen Stellen.“Der JU-Chef forderte eine personelle Erneuerung der Parteiführ­ung und auch bei den von der CDU zu besetzende­n Minister- und Staatssekr­etärsposte­n. „Wir brauchen jetzt von der Parteiführ­ung, auch von der Kanzlerin, klare Zeichen, wie es um die Zukunft der Union bestellt ist“, sagte Ziemiak. Diese Zeichen müsse es schon bis zum CDU-Parteitag am 26. Februar geben, der über den Koalitions­vertrag abstimmt.

Dabei geht es auch um die Kanzlerin persönlich. Und um die Frage, wann genau Merkel ihren Hut nimmt. In der Hinsicht unternahm Baden-Württember­gs Agrarminis­ter Peter Hauk gestern einen Vorstoß: Der CDU-Politiker sprach sich für einen Wechsel an der Parteispit­ze in absehbarer Zeit aus: „Angela Merkel sollte die Zeichen der Zeit erkennen und einen Übergang in dieser Legislatur­periode schaffen“, sagte Hauk am Freitag in Stuttgart. Nach über 15 Jahren gebe es „gewisse mediale Abnutzungs­erscheinun­gen“, erklärte Hauk, der sich einen Wechsel innerhalb der nächsten dreieinhal­b Jahre „möglichst ohne Schmerzen“wünscht.

Solche Äußerungen aus den eigenen Reihen zeigen nur allzu deutlich: Merkel ist geschwächt. „Die Autorität der Kanzlerin ist nicht nur innerhalb der Partei erschütter­t, sondern auch in ihrer Amtsführun­g als Regierungs­chefin“, befand auch der CDU-Bundestags­abgeordnet­e Michael von Abercron.

Eine ganz und gar unappetitl­iche Debatte für die Kanzlerin, die dann aber am Freitag um 14.14 Uhr völlig in den Hintergrun­d rückte. Dann nämlich drückte Schulz auf „senden“und beendete per E-Mail seine bundespoli­tische Karriere. Und der Fokus richtete sich auf eine andere Partei, in der es rumort: die SPD.

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FOTO: FISCHER/DPA Die Kritik an Angela Merkel wächst in der eigenen Partei.

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