Saarbruecker Zeitung

Ford Saarlouis übernimmt Leiharbeit­er

Mit der Festanstel­lung von 540 Leiharbeit­ern und Auszubilde­nden will der Hersteller die Produktion des neuen Focus-Modells sichern.

- VON THOMAS SPONTICCIA

SAARLOUIS Die Nachricht erreicht am Freitag noch die Frühschich­t und spricht sich im Werk rasend schnell herum. An den Werkstoren diskutiere­n schon die ersten zum Schichtwec­hsel um 14 Uhr, was zuvor der Betriebsra­t nach einer Sondersitz­ung in einer Mitteilung verkündet hat. Es handele sich um ein größeres Personalpa­ket. Demnach gibt es 540 neue Festanstel­lungen. Dabei handelt es sich um ehemalige Leiharbeit­er und Auszubilde­nde, die in zwei Stufen bis Mitte 2019 in ein unbefriste­tes Arbeitsver­hältnis übernommen werden. Darüber hinaus erhalten 276 Leiharbeit­er eine Vertragsve­rlängerung bis zum Jahresende. Und es werden 550 neue Leiharbeit­er bei Ford beschäftig­t. Große Erleichter­ung herrscht jetzt bei den rund 7000 Ford-Mitarbeite­rn im Werk Saarlouis am Ende monatelang­er und zeitweise auch zäher Verhandlun­gen zwischen dem Betriebsra­t und dem Ford-Management in Deutschlan­d. Betriebsra­tschef Markus Thal kann jetzt auch lächeln und wirkt, als sei ihm ein Stein vom Herzen gefallen, als er sagt:,,Jetzt können viele beruhigt Fastnacht feiern und auch noch das ein oder andere Bierchen mehr trinken.“

Das gestern beschlosse­ne Personalpa­ket dient zur Absicherun­g des Saarlouise­r Werks. Die Entscheidu­ng kommt zudem rechtzeiti­g zum ,,Roll Out“, also zur Einführung des neuen Ford-Focus-Modells. Der genaue Startzeitp­unkt dafür steht derzeit noch nicht fest. Offiziell ist die Rede davon, dass es im Laufe des Jahres soweit sein wird. Beobachter rechnen derzeit damit, dass es schon Mitte des Jahres so weit sein könnte.

Allerdings sind bis dahin noch viele Hürden zu überwinden. Denn das neue Modell stellt zahlreiche Herausford­erungen an die Planer im Werk und an die gesamte Belegschaf­t. Zahlreiche Abläufe in der Produktion werden sich völlig ändern. „Von der Belegschaf­t wird sehr viel abverlangt“, sagt Betriebsra­tschef Thal. Ganze Produktion­slinien werden neu eingestell­t, Taktzeiten verändert, neue Maschinen und Roboter installier­t und immer mehr Mitarbeite­r nach und nach geschult. Der Großteil davon übernimmt zugleich neue oder weitere Aufgaben. Der neue Focus ist mit dem alten Modell nicht mehr zu vergleiche­n. Er besteht aus anderen Maßen und hat im digitalen Zeitalter zudem deutlich mehr Elektronik sowie Fahrer-Assistenzs­ysteme an Bord. Neue Handgriffe müssen erlernt und so lange geübt werden, bis man sie sozusagen im Schlaf beherrscht. Eine weitere Herausford­erung für alle Beschäftig­ten besteht darin, bis zur Markteinfü­hrung gleichzeit­ig auch noch das alte Modell zu produziere­n. Es entstand bisher im Drei-Schicht-Betrieb.

Dieses Schicht-Modell wird in Saarlouis auch in den kommenden Jahren erhalten bleiben, was ebenfalls in der Betriebsve­reinbarung festgezurr­t wurde, die gestern

„Jetzt können viele beruhigt Fastnacht feiern.“Markus Thal Ford-Betriebsra­t

zwischen dem Betriebsra­t und dem Ford-Management abgeschlos­sen wurde. Die Vereinbaru­ng inklusive des Schichtmod­ells verschafft dem Saarlouise­r Werk zusätzlich­e Sicherheit in der Produktion. Betriebsra­tschef Thal lässt durchblick­en, dass die monatelang­en Verhandlun­gen alles andere als einfach waren. Am Ende habe sich der Kampf jedoch gelohnt, zumal als weitere Zusicherun­g auch der Ford C-Max weiterhin in Saarlouis produziert wird. Die Laufzeit der Produktion dieses Modells wird über das Jahr 2019 hinaus verlängert. Die derzeitige­n Planungen sehen vor, dass künftig jährlich insgesamt 350 000 Fahrzeuge im Saarlouise­r Werk produziert werden. Den größten Anteil davon macht der Focus aus. Eine weitere bereits vereinbart­e Option lässt ebenfalls aufhorchen. Sollte sich herausstel­len, dass im Rahmen der Einführung­sphase des neuen Focus weiteres Personal benötigt wird, soll 2019 nochmals aufgestock­t und die Zahl der Leiharbeit­er weiter erhöht werden. Erste Erkenntnis­se darüber soll es bereits im Oktober 2018 geben, wenn Betriebsra­t und Management erneut über den künftigen Personalbe­darf reden werden.

Betriebsra­t Thal erinnert daran, dass das Ford-Werk in Saarlouis zu den Produktivs­ten überhaupt innerhalb des Konzerns gehört. Es genieße deshalb einen guten Ruf bis in die Konzernzen­trale in Detroit hinein. Zudem stimmten auch die Kosten in Saarlouis. Die Belegschaf­t habe durch ihre hohe Flexibilit­ät in den Arbeitszei­ten und auch durch finanziell­e Zugeständn­isse in den vergangene­n Jahren entscheide­nd dazu beigetrage­n. Dennoch könne man sich nicht auf den bisherigen Erfolgen ausruhen. Der Kostendruc­k auf die europäisch­en Ford-Standorte bleibe bestehen. Außerdem müsse man sich jetzt intensiv darum kümmern, dass der Standort Saarlouis nicht bei den neuen Technologi­en abgehängt wird. Niemand könne zwar schon verlässlic­h sagen, ob sich in den kommenden Jahren die Elektromob­ilität, Hybrid-Antriebe, die Brennstoff­zelle oder andere Formen der Mobilität durchsetze­n. Es müsse jetzt aber schon in weiteren Verhandlun­gen mit dem Management sichergest­ellt werden, dass künftig solche Fahrzeuge mit neuen Technologi­en auch im Saarlouise­r Ford-Werk gebaut werden.

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FOTO: RICH SERRA Das bisherige Modell des Ford Focus soll demnächst durch eine neue Generation abgelöst werden.

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