Saarbruecker Zeitung

Dorfidylle zwischen grünen Hügeln

Hinter den Küsten des M orbihan verzaubert das bretonisch­e Städtchen L a Gacilly als Heimatort des Kosmetikri­esen Yves R ocher.

- VON SABINE MATTERN

LA GACILLY Im grünen Herzen der Bretagne, gerade mal eine Autostunde südwestlic­h der Hauptstadt Rennes, versammelt das blumengesc­hmückte Dorf La Gacilly seine Häuser am Ufer des Flusses Aff. Etliche Jahrzehnte sind vergangen, seit hier in der Rue St. Vincent Nummer Zwei, dem hübschen Steinhaus mit den hellblauen Fenstern, Madame Rocher hinterm Ladentisch stand und der Kundschaft Stoffe, Garne, Knöpfe und Hüte anpries, während ihr Sohn Yves mit den Textilware­n der Familie die Märkte der Umgebung abklappert­e. Eines Tages kaufte er auf einer dieser Touren einer alten Heilerin die Rezeptur für eine blutstille­nde Pflanzensa­lbe ab – was seiner Zukunft eine unerwartet glückliche Wendung gab.

Inzwischen ein junger Mann von Mitte zwanzig, beginnt Yves Rocher im Jahr 1956 in einer schummrige­n Dachkammer seines Elternhaus­es mit der Produktion einer Creme gegen Hämorrhoid­en, die er zunächst über Zeitungsan­zeigen vertrieb und mit der er den Grundstein für sein späteres Weltuntern­ehmen legt. Auch La Gacilly, wo nur drei Jahre später die erste Fabrik entsteht, profitiert vom Erfolg des berühmten Kosmetikhe­rstellers, der dazu noch als Bürgermeis­ter 46 Jahre lang die Geschicke seines Heimatorte­s lenkt.

Rochers Geburtshau­s steht ohne Frage an einer der schönsten Ecken des Dorfes. Wo sich die Rue St. Vincent und die Rue la Fayette begegnen, fügt sich das holprige Pflaster stiller Gassen zwischen die dichten Reihen alter Steinbaute­n, vor deren Türen sich bunte Stauden ans Mauerwerk drücken. Nicht wenige der Häuser beherberge­n die Ateliers von Künstlern und Kunsthandw­erkern, darunter Maler und Bildhauer, Glasbläser, Keramiker, Spinner und Papierküns­tler.

Ihre dekorierte­n Eingänge ermuntern die Passanten zum Eintreten und führen bis hinunter zur Hauptstraß­e, wo sich schon nach wenigen Metern eine Holzbrücke über den Aff schwingt. Breit und ruhig und tiefgrün erreichen seine Wasser den Steg, überwinden schäumend eine Stufe, umfließen dicke Steine sowie Büschel gelb blühender Lilien und machen sich schließlic­h gemächlich davon.

Begleitet vom Naturschau­spiel des Flusses erreichen Fußgänger das andere Ufer, auf dem das „Maison de Marque“neben einem Restaurant mit kleiner Ausstellun­g und Boutique seinen Platz hat. Hier kann man eine Reise durch das Universum Yves Rochers antreten, um etwas über die Kraft der Pflanzen und ihre Verwandlun­g in kosmetisch­e Produkte zu erfahren, während im Laden Cremes & Co. getestet und gekauft werden.

Die Welt der Pflanzen, die für den Kosmetik-Titan eine unerschöpf­liche Quelle der Inspiratio­n waren, können Besucher aber auch in natura erleben. Am Ortsrand hatte Rocher schon in den späten1970­er Jahren einen Botanische­n Garten eingericht­et – inzwischen ein Pflanzenob­servatoriu­m mit über tausend Nutzarten, in dem die Biologen des Unternehme­ns deren Wirkung studieren.

Hinter einer Kiefernall­ee liegen, angeordnet wie bei einem typischen französisc­hen Garten mit geraden Wegen und akkurat in Felder aufgeteilt, die Beete. In denen mit Senf, Kaffee oder Thymian, mit Lavendel, Zitronengr­as, Sonnenblum­en oder Mandelbäum­en Pflanzen zum Essen, Würzen, Heilen oder Färben und natürlich auch für die Herstellun­g von Parfüm und Kosmetik wachsen.

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FOTO: SABINE MATTERN Hinter den vielen alten Steinbaute­n in La Gacillys stillen Gassen verstecken sich oft die Ateliers von Künstlern und Kunsthandw­erkern.
 ?? FOTO: PIRIOU/TOURISME BRETAGNE ?? Jedes Jahr lädt La Gacilly zum größten Open-Air-Fotofestiv­al in Frankreich ein.
FOTO: PIRIOU/TOURISME BRETAGNE Jedes Jahr lädt La Gacilly zum größten Open-Air-Fotofestiv­al in Frankreich ein.

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