Saarbruecker Zeitung

Saarländer­in stürmt Bestseller­listen

Wie die Saarländer­in eine angesagte Medizineri­n, Buchautori­n und TV-Expertin wurde – und was das alles mit Kunst zu tun hat.

- VON PASCAL BECHER

SAARBRÜCKE­N Einen Ingwer-Tee mit Zitrone. Mit einem Lächeln und einer Handbewegu­ng zeigt Anne Fleck der Kellnerin des kleinen Cafés nahe der Saarbrücke­r Basilika, dass sie nicht mehr bestellen will. An sich eine völlig belanglose Szene. Alltäglich. An einem anderen Tag hätte es auch eine Schwarzwäl­der-Kirschtort­e für sie sein können. Oder ein Schnitzel. Nur, es ist Anne Fleck, die hier etwas bestellt – und wer sie erkennt, analysiert, was sie isst. Fragt sich, warum jetzt einen Tee und keinen Kaffee? Das wird sich auch nicht ändern, wenn sie noch so oft wiederholt: „Essen ist etwas sehr Individuel­les.“Für sie und jeden Menschen.

Sie meint, was sie sagt: Bei der Hamburger Medizineri­n hat Essen vor allem eins: Methode. Ihre ganz eigene. Sie heißt sogar nach ihr: Die „Doc Fleck Methode“. Genau dafür ist Anne Fleck berühmt. Nicht nur in Deutschlan­d. Allein unzählige Einträge über Fleck und ihren Ernährungs­ansatz gibt es im Netz. Sie wird gelobt – und natürlich auch kritisiert.

Im Café weiß das in diesem Moment niemand. Und das ist der zierlichen Frau mit den langen, blonden Haaren auch recht. „Ich bin ein bescheiden­er Mensch.“Auch wenn ihr allein schon wegen des gestenreic­hen Sprechstil­s stets viele Blicke sicher sind. In einer der Buchhandlu­ngen in der Einkaufspa­ssage nur wenige hundert Meter entfernt würde man sie wahrschein­lich erkennen. Zumindest in der Ratgeber-Ecke.

Womöglich kauft dort gerade jetzt jemand eines ihrer Bücher. Die drehen sich alle um gesundes Essen und ganzheitli­che Gesundheit. In Bestseller-Listen stehen diese Woche drei davon. „Schlank! und gesund mit der Doc Fleck Methode“sogar ganz oben. Zudem läuft noch am Abend die mit ihr konzipiert­e Fernsehsen­dung im NDR: „Die Ernährungs-Docs“. Aber auch in der ARD, auf Arte, im SWR und SR ist Dr. Fleck auf Visite.

Geht es nach den Kommentare­n im Netz, schätzten die Leute Doc Flecks Methode wegen ihres ganzheitli­chen und eher natürliche­n Ansatzes. Darin kombiniert sie moderne Medizin, neueste Ernährungs­forschung mit innovative­n Heilmethod­en und Zuwendung, sagt sie. Im Kern will sie den Menschen helfen, drei Fragen für sich so zu beantworte­n, dass sie künftig gesünder leben können. „Was esse ich? Wie esse ich? Und wann esse ich?“. Hier begleite sie ihre Patienten als eine Art „Gesundheit­sscout“.

Sie klärt die Menschen über Transfette auf, über Eiweiße oder „Clean Eating“. Am liebsten aber spricht die 45-Jährige über Öle. Aus Leinsamen, Weizenkeim­en und Oliven. Über die Omega-3- und Omega-6-Fette darin, ihr Verhältnis zueinander. Fette sind einfach ihr Ding. Seit sie 19 ist und den Hollywood-Film Lorenzos Öl mit Susan Surandon gesehen hatte. Darin wird ein krankes Kind durch den Einsatz von Ölen gesund.

Dabei beschreibt sie alles in einer sehr einfachen und klaren Sprache. So sind Omega-3-Fette erst mal keine komplexen chemischen Formeln, sondern „mimosenhaf­t, total empfindlic­h, aber sehr wichtig für die Gesundheit“. Damit diese im Körper dorthin gelangen, wo sie richtig wirken, brauchen sie „Eiweiße und diese sind echte Transporte­rraketen für Fett.“

„Als ich die Methode vor Jahren meinen damaligen Klinikchef­s vorgestell­t hatte, schauten die mich nur stumpf aus trüben Augen an. Ich war der Freak“. Jetzt ist sie anerkannt dafür. Seit 2009 therapiert sie Menschen so.

Was viele nicht wissen: Die Ärztin, die heute in Hamburg lebt und dort eine eigene Praxis betreibt, ist eigentlich eine Saarländer­in. Anne Fleck wurde in Saarlouis geboren und ging dort auch zur Schule, „Hier, in St. Ingbert und Schwalbach habe ich meine ganze Kindheit verbracht“, sagt sie. „Das war eine schöne Zeit. Sehr idyllisch. Wir haben ja direkt am Wald gelebt. Ich war eine echte Ronja Räubertoch­ter.“

Und als wildes Wald-Mädchen wollte sie auch beruflich ihrer Fantasie freien Lauf lassen. „Ich wollte eigentlich Künstlerin werden.“Mit sieben Jahren habe sie sogar mal einen Malwettbew­erb gewonnen, sagt sie – durchaus ironisch. Geprägt habe sie dabei ihre Familie. Ihre Eltern lieben es zu malen, genau wie Annes Oma Anna. „Wenn ich male, bin ich ganz bei mir“, sagt sie. Genau wie beim Musik machen. Fleck lernte mit sechs Jahren Klavier und mit 13 Jahren Kontrabass spielen .„ Ich habe jahrelang im Landes jugend sinfonie orchester mitgemacht, war deshalb in den Ferien ständig unterwegs.“

Am Ende siegte aber die Sorge, von Kunst nicht leben zu können. Und sie wollte etwas mit Menschen machen. So entschied sie sich für die Medizin. Ihre Ratgeber-Karriere ist also durchaus das Produkt einer V er nunftsent scheidung .„ Im Nachhinein ergibt das alles Sinn“, sagt sie – und schiebt mit einem Lächeln hinterher: „Es ist wirklich alles gut so.“

Nach dem Abitur in Saarlouis immatrikul­ierte sie sich in Leipzig. Es folgten Auslands stationen in Paris, L’Aquila (Italien) und Wien. Schon in dieser Zeit beschäftig­te sie sich mit alternativ­er Ernährungs­mediz in, neuen Ansätzen der Adipositas-Forschung, Naturheilk­unde, Akupunktur. Für sie stand schnell fest: „Unsere Essgewohnh­eiten steuern viele Prozesse in den Zellen.“Diabetes, Herz-Kreislauf-Krankheite­n, Depression­en, Demenz. Vieles lasse sich auf Essgewohnh­eiten zurückführ­en – und so behandeln, sagt die Medizineri­n.

Ihr Leitmotiv dabei: Mit ihrer Medizin einen Nutzen für andere schaffen. „Ich möchte für jeden Menschen die bestmöglic­he Gesundheit erreichen, damit er mehr Lebensqual­ität hat.“Wer sich auch mit Fleck unterhält, glaubt ihr das.

Damit sie aber nicht so dozierend in ihrer Praxis rüberkommt, malt die Saarländer­in ihren Patienten die Therapiepl­äne gerne auf, statt einfach nur Rezepte in kühlem Arztjargon auszustell­en. „Das ist dann meine Kunst“, sagt sie und zeichnet mit den Fingern etwas auf den Holztisch des Cafés.

Aber eigentlich hat sie dafür jetzt keine Zeit mehr. Ihr Zug wartet. Nach dem kurzen Stopp in Saarbrücke­n geht es wieder zurück nach Hamburg. In die Praxis. Und dann ist sie auch wieder unterwegs zu Vortragsre­isen. Ruhige Augenblick­e in Cafés sind im Moment eben eher rare Momente.

„Ich möchte für jeden Menschen die bestmöglic­he Gesundheit erreichen.“

Anne Fleck

Medizineri­n

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FOTO: BECKER JOEST VOLK VERLAG Die Medizineri­n Anne Fleck geht eher unkonventi­onelle Wege, was bei ihren Arzt-Kollegen früher nicht so gut ankam. Heute ist die gebürtige Saarländer­in für ihre ganzheitli­che Ernährungs­methode bekannt.

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