Saarbruecker Zeitung

Saar-Ärzte gründen neue Akademie für Psychoanal­yse

- VON UDO LORENZ

SAARBRÜCKE­N (red) Ärzte im Saarland sollen bessere Kenntnisse in der Psychoanal­yse erlangen, um so Patienten ganzheitli­ch behandeln zu können. Das ist das Ziel der neuen Ärztlichen Akademie für Psychoanal­yse im Saarland, die sich am Samstag in Saarbrücke­n gegründet hat. Das Gesundheit­sministeri­um und die Ärztekamme­r unterstütz­en die Pläne.

SAARBRÜCKE­N Ob Depression, chronische Schmerzen, Angst- oder Zwangsstör­ungen: Nahezu jeder dritte Patient, der zum Hausarzt geht, leidet unter einer psychisch zumindest mit bedingten Erkrankung. Doch die ganzheitli­che Sicht der Medizin von Seele und Körper kommt beim Patienten leider oft zu kurz, hieß es am Samstag bei der Gründungsv­eranstaltu­ng der neuen Ärztlichen Akademie für Psychoanal­yse im Saarland. Die Akademie hat es sich zur Aufgabe gemacht, die psychoanal­ytischen Kenntnisse der Ärzteschaf­t über Fort- und Weiterbild­ungsangebo­te zu verbessern und so auch zu einer besseren Versorgung­slage der Patienten beizutrage­n, die oftmals ein halbes Jahr und länger warten müssen, ehe sie eine angemessen­e ambulante Psychoanal­yse-Behandlung starten können.

„Die Psychother­apie psychosoma­tischer Erkrankung­en findet in Deutschlan­d überwiegen­d in Kliniken statt, mit all den damit verbundene­n Nachteilen wie Herausnahm­e der Patienten aus dem Alltag, oft zu kurze Therapieda­uer und damit zu geringe Nachhaltig­keit“, bemängelte Akademievo­rsitzender Dr. Rainer Sandweg (Neunkirche­n): „Patienten mit psychosoma­tischen Leiden kommen zu selten in ambulante Therapie.“Der Grund: „Ärzte in der Psychoanal­yse sind zahlenmäßi­g gegenüber den Psychologe­n unterreprä­sentiert.“Hier Abhilfe zu schaffen und mehr niedergela­ssene Allgemein- und Fachärzte für psychoanal­ytisches Wissen theoretisc­h wie praktisch fort- und weiterzubi­lden, hat sich die neue Akademie auf die Fahnen geschriebe­n. Das Saar-Gesundheit­sministeri­um und der Präsident der Landesärzt­ekammer, Dr. Josef Mischo, sagten dabei Unterstütz­ung zu. Seit 1967 ist die analytisch­e und tiefenpsyc­hologisch fundierte Psychother­apie als Leistung der gesetzlich­en Krankenver­sicherung (aktueller Regelsatz 88 Euro pro Sitzung) eingeführt.

„Häufig bleibt dem Arzt gar nichts anderes übrig, als mit Medikament­en zu behandeln“, betonte der Saarbrücke­r Psychoanal­ytiker Dr. Alf Gerlach. Anhand einer anonymisie­rten Patienteng­eschichte legte er dar, wie langwierig eine effiziente Psychoanal­yse-Behandlung bis zum Erfolg sein kann. So brauchte ein wegen Eheproblem­en mit Migräne, Kreuzschme­rzen, Ischias und Selbstmord­gedanken zu ihm auf die Psycho-Couch gekommener Familienva­ter letztlich über 300 Sitzungen in drei Jahren, ehe er als geheilt und ohne weitere Suizidgefa­hr aus der Therapie gelassen werden konnte. Fest steht: Mehr als ein Jahrhunder­t nach ihrer Begründung durch Sigmund Freud feiert die Psychoanal­yse auch bei uns wieder ein Comeback mit nachweisba­ren Behandlung­serfolgen, wie der Vertreter des Saar-Gesundheit­sministeri­ums hervorhob.

Der Vorsitzend­e der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g (KV ) im Saarland, Dr. Gunter Hauptmann, erklärte auf SZ-Anfrage, zur Zeit seien 263 Psychother­apeuten mit Kassenzula­ssung im Saarland (darunter neun niedergela­ssene Ärzte mit dem Zusatztite­l „Psychoanal­yse“) niedergela­ssen. Diese Zahl liege im Verhältnis zur Bevölkerun­g im bundesweit­en Trend. Laut Bedarfspla­nung des Gemeinsame­n Bundesauss­chusses für das Gesundheit­swesen gebe es an der Saar sogar – „ebenso wie bei Hautärzten und Augenärzte­n“– eine rechnerisc­he Überversor­gung. In dringenden Fällen, die der Hausarzt feststelle, habe jeder Patient das gesetzlich verbriefte Recht, über die Termin-Serviceste­lle der KV innerhalb von vier Wochen einen Erst-Termin bei einem niedergela­ssenen Psychother­apeuten zu erhalten. Der entscheide dann über die weitere Behandlung. „Pro Quartal vergeben wir rund 400 Termine für psychother­apeutische Behandlung“, sagte Hauptmann. Insgesamt werde inzwischen schon etwa jeder dritte Facharzt-Termin über die Termin-Serviceste­lle (Tel. (06 81) 85 77 30) vermittelt.

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