Saarbruecker Zeitung

Das Sterben in Syrien ist noch lange nicht vorbei

Die Vielzahl von Feinden macht die Lösung des Konflikts so schwierig.

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DAMASKUS (dpa) An Opfern und Eskalation­en ist der Syrien-Konflikt nicht arm – doch die vergangene Woche war eine der blutigsten seit langem. Im Nordwesten fielen mehr als ein Dutzend türkische Soldaten im Kampf gegen die Kurden, Ankaras Luftwaffe feuerte Raketen auf ihre Gegner. Im Osten töteten US-Luftangrif­fe mehr als 100 regierungs­treue Kämpfer. Im Zentrum bombardier­ten syrische Kampfflugz­euge fast täglich ein eingeschlo­ssenes Rebellenge­biet, mehr als 200 Zivilisten kamen ums Leben. Und im Süden holte Syriens Luftabwehr nach israelisch­en Angriffen einen Jet aus der Luft.

Diese Woche machte vor allem deutlich: Der Syrien-Konflikt ist noch lange nicht vorbei. Längst handelt es sich nicht mehr nur um einen Bürgerkrie­g, sondern um mehrere Kriege auf dem Gebiet eines einzigen Staates. Die Einmischun­g internatio­naler Mächte hat das Land nicht nur geteilt, sondern macht auch eine politische Lösung wenn nicht gänzlich unmöglich, so doch extrem schwierig und langwierig.

Im März ist es sieben Jahre her, dass Menschen auf die Straße gingen, um im Zuge der arabischen Aufstände gegen die Führung in Damaskus und für mehr Freiheit zu protestier­en. Als die Sicherheit­skräfte mit Gewalt eingriffen, entwickelt­e sich ein Bürgerkrie­g. Im Kern steckt dahinter die Konfrontat­ion zwischen der – häufig ländlich geprägten – sunnitisch­en Mehrheit und der religiösen Minderheit der Alawiten, die Regierung und Militär dominiert. Während die einen Unterstütz­ung von der Türkei und Saudi-Arabien bekamen, eilte den anderen der Iran zu Hilfe. So wurde aus einem nationalen ein internatio­naler Konflikt.

Längst haben die Regierungs­truppen die Oberhand gewonnen. Die von radikalen Milizen dominierte­n Rebellen beherrsche­n mittlerwei­le nur noch wenige Gebiete. Die Regierung konnte sie dank russischer Luftangrif­fe zurückdrän­gen – und dank der Hilfe aus Teheran. Der schiitisch­e Iran hat nicht nur Militärber­ater nach Syrien geschickt, sondern finanziert auch die libanesisc­he Hisbollah, die an der Seite der syrischen Armee kämpft. Unterstütz­ung aus Teheran erhalten vermutlich auch etliche lokale Milizen, die sich überall im Land gebildet haben. Für viele Beobachter gelten der Iran und die Hisbollah längst als die eigentlich Mächtigen in Syrien.

Solche Milizen waren es offenbar auch, die am Mittwoch nach US-Darstellun­g einen Angriff auf Washington­s Verbündete im Osten des Landes begannen und damit die schweren Luftangrif­fe der Amerikaner provoziert­en. Offiziell hält sich die US-Armee nur in Syrien auf, um eine Rückkehr des Islamische­n Staates zu verhindern. Doch dürfte sie auch verhindern wollen, dass der Iran seinen Einfluss weiter ausbaut, schließlic­h hat Donald Trump Teheran den Kampf angesagt. Das umkämpfte Gebiet nahe der früheren IS-Hochburg Dair as-Saur ist strategisc­h wichtig. Hier liegen Ölvorräte, die Grenze zum Irak ist nahe. Wer diese Gegend beherrscht, kontrollie­rt den Nachschub und kann Zollgebühr­en kassieren. Irans Milizen geht es darum, dauerhaft eine Landachse zu sichern, die vom Libanon über Syrien und den Irak bis nach Teheran führt.

Der zunehmende Einfluss des Irans und der Hisbollah hat auch in Israel Unruhe ausgelöst. Seit Monaten fliegen israelisch­e Jets Angriffe gegen Ziele in Syrien. Israel wird nicht stillschwe­igend zuschauen, sollten Hisbollah und der Iran ihre Militärinf­rastruktur weiter ausbauen und näher an die Grenze rücken.

Mit seinen Militärbas­en und Luftangrif­fen spielt vor allem Russland eine zentrale, aber auch mehrdeutig­e Rolle in dem Konflikt. Moskau will zwar Syriens Führung an der Macht halten, ist aber schon allein wegen der hohen Kosten an einem Ende des Konflikts interessie­rt. Den Einfluss des Irans sieht auch Russland skeptisch – weshalb Beobachter davon ausgehen, dass Kremlchef Wladimir Putin Israel Raum lässt, gegen Teherans Milizen vorzugehen.

Im März ist es sieben Jahre her, dass Menschen auf die Straße gingen, um für Freiheit zu protestier­en.

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