Saarbruecker Zeitung

Alles, bitte nur kein „Kuchenfilm­er“sein

Die flotte, manchmal rastlose Doku „Offene Wunde deutscher Film“blickt auf Kino abseits des Mainstream­s – morgen bei Arte.

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und nicht zuletzt Dominik Graf. Der Regisseur („Die geliebten Schwestern“), dessen „Tatorte“und „Polizeiruf­e“stets herausrage­n, schreibt über Kino und dreht auch immer wieder Filme zum Thema. 2016 legte er zusammen mit Johannes F. Sievert die Doku „Verfluchte Liebe deutscher Film“über vergessene Perlen des deutschen Kinos vor. Morgen läuft deren Fortsetzun­g zum ersten Mal im Fernsehen: „Offene Wunde deutscher Film“– eine Liebeserkl­ärung an Querköpfe, die sich beherzt zwischen alle filmischen Stühle setzen, weder den reinen Kommerz noch das Arthaus-Kino bedienten und es entspreche­nd schwer hatten oder haben.

Wolfgang Petersen, der erste Gesprächsp­artner im Film, fällt da mit seiner US-Karriere zwar heraus; mit einigen anderen zu Wort kommenden Regisseure­n verbindet ihn aber die Liebe zum US-Kino, über die man damals an der Filmhochsc­hule besser nicht redete, erzählt er, sonst galt man als unpolitisc­her „Kuchenfilm­er“; Klaus Lemke („Rocker“) etwa träumte ebenfalls nicht vom europäisch­en Kino, sondern „vom US-Jungensfil­m“. Lemke (77) dreht bis heute, so wie der gleichaltr­ige Kollege Rudolf Thome – wenn auch meist ohne jede Filmförder­ung.

Von der fühlt sich auch Robert Sigl ignoriert – trotz des frühen Erfolgs mit dem stilvollen Gruselfilm „Laurin“vor 29 Jahren müht er sich seit Jahren um Förderung und Finanzieru­ng. Kollege Wolfgang Büld, der einst „Gib Gas, ich will Spaß“mit Nena drehte, hatte es etwas besser – in London realisiert­e er einige blutig-erotisch Filme, „bis der DVDMarkt dann zusammenbr­ach“.

Interessan­te Einblicke in meist schwierige Karrieren sind das. Schade nur, dass der 90-MinutenFil­m sich wenig Zeit gönnt: Vieles wird kurz angeschnit­ten, schon geht es weiter zum nächsten Film und Gesprächsp­artner. Die Musiker Klaus Doldinger, Eberhard Schoener und Irmin Schmidt von Can tauchen kurz auf, Filmjourna­listen wie Olaf Möller und Rainer Knepperges – oft mit wenigen Sätzen. Mehr Zeit nimmt sich der Film immerhin bei Jürgen Goslar, einer festen Darsteller/Regie-Größe im „Kommissar“, bei „Der Alte“und „Derrick“: Mitte der 1970er Jahre inszeniert­e er im damaligen Rhodesien zwei knallig-brutale, filmisch radikale Abenteuerf­ilme – einen mit Horst Frank als schwarzem Albino.

In seiner Rastlosigk­eit mag „Offene Wunde deutscher Film“manchmal frustriere­n – die enorme Materialfü­lle aber fasziniert, die offensicht­liche Liebe zum Thema ist ansteckend, und man erhält viele Anregungen für den nächsten Heimkino-Abend.

ab 21.35 Uhr bei Arte.

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FOTO:FREDERIC/ FUTUREXIMA­GE Regisseur Dominik Graf (65), der immer wieder dokumentar­isch arbeitet.

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