Saarbruecker Zeitung

Die Ära Jacob Zuma neigt sich in Südafrika dem Ende entgegen

Seine Partei ANC will, dass der Präsident seinen Rücktritt erklärt. Doch noch klammert sich der 75-Jährige weiter an die Macht.

- VON JÜRGEN BÄTZ

(dpa) Bis zur letzten Minute hat Südafrikas Regierungs­partei ANC den umstritten­en Präsidente­n Jacob Zuma angefleht, sein Amt aus freien Stücken aufzugeben. Die Parteifunk­tionäre wollten ihm die „Peinlichke­it“eines erzwungene­n Abgangs ersparen. Doch sie hatten die Rechnung ohne den sturen Staatschef gemacht. Zumas bisherige neun Jahre im Amt waren von Korruption­sskandalen und Prozessen überschatt­et, die der 75-Jährige mit seinem kehligen Lachen oft einfach beiseite wischte – bis jetzt.

Der regierende Afrikanisc­hen Nationalko­ngress (ANC) hat offiziell seinen raschen Rücktritt gefordert. Ihm soll der Parteivors­itzende Cyril Ramaphosa (65) an der Staatsspit­ze nachfolgen. Noch in der Nacht zu gestern hatte Zuma einen sofortigen und freiwillig­en Rücktritt abgelehnt. Stattdesse­n pokerte Zuma: Er wolle noch drei bis sechs Monate im Amt bleiben, erklärte er dem seit Stunden über seine Zukunft beratenden ANC-Vorstand. Wieso ein späterer Rücktritt besser für ihn wäre, blieb unklar. Wollte er nur sein Gesicht gegenüber der Partei wahren, die ihm undankbar erscheint? Oder wollte er, wie böse Zungen mutmaßen, noch Beweise vernichten, Geld beiseite schaffen oder letzte lukrative Aufträge an seine Gefolgsleu­te vergeben?

Das Ende von Zumas politische­r Karriere begann im Dezember, als seine Nachfolge im Amt des Parteichef­s bestimmt wurde. Die von ihm favorisier­te Kandidatin, seine Ex-Frau Nkosazana Dlamini-Zuma, eine frühere Chefin der Kommission der Afrikanisc­hen Union, unterlag. Damit wurde Ramaphosa Zumas designiert­er Nachfolger und Kandidat für die Wahl 2019. Dann wurden die Messer gewetzt, um Zuma abzulösen.

Der ist jedoch ein hartnäckig­er Überlebens­künstler. Er hat zehn Jahre Gefängnis, den bewaffnete­n Kampf gegen das rassistisc­he Apartheid-Regime, zahlreiche Skandale und Intrigen überstande­n. Er könnte auch jetzt noch weiter kämpfen: Die Rücktritts­aufforderu­ng des ANC-Vorstands ist ein politische­r Todesstoß, aber sie ist juristisch nicht bindend. Der Staatschef kann nur mit einem Misstrauen­svotum des Parlaments abgelöst werden. Dort hat der ANC eine satte Mehrheit. Wird Zuma es auf eine Abstimmung ankommen lassen? Der Präsident werde sich voraussich­tlich heute erklären, so ANC-Generalsek­retär Ace Magashule.

Der seit 2009 amtierende Zuma steht im Zentrum massiver Korruption­svorwürfe. Er ließ in seiner ersten Amtszeit seinen Familiensi­tz unter dem Vorwand nötiger Sicherheit­smaßnahmen mit Staatsgeld­ern in Höhe von rund 250 Millionen Rand (derzeit rund 17 Millionen Euro) ausbauen. Zumas 2014 begonnene zweite Amtszeit wurde überschatt­et von Vorwürfen, er habe einer befreundet­en Unternehme­rfamilie Geschäfte zugeschust­ert und ihr unzulässig Einfluss auf die Politik gewährt – bis hin zur Ernennung von Ministern und Managern staatliche­r Unternehme­n. „Zuma muss weg!“skandierte­n daraufhin Demonstran­ten im ganzen Land. Trotz zahlreiche­r belastende­r Enthüllung­en wurde Zuma bisher nicht angeklagt. Er bestreitet alle Vorwürfe.

Ramaphosa ist seit 2014 Vizepräsid­ent, hat es jedoch geschafft, nicht von Zumas Skandalen belastet zu werden. Er genießt den Ruf, ein pragmatisc­her und effektiver Manager zu sein. Sobald Zuma seinen Rücktritt erklärt, warten auf Ramaphosa große Herausford­erungen. Als Präsident muss er Südafrika mit seinen rund 55 Millionen Einwohnern wieder auf Kurs bringen. Südafrika ist der am meisten entwickelt­e Staat des Kontinents, doch Zumas Skandale, die krasse Kluft zwischen Arm und Reich, ein desolates Bildungssy­stem und eine Arbeitslos­enquote von fast 28 Prozent haben für großen Unmut gesorgt.

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FOTO: NIC BOTHMA/AFP Jacob Zumas Amtszeit war immer wieder von Korruption­sskandalen überschatt­et.

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