Saarbruecker Zeitung

Nur „warme Worte“zum Stellenauf­bau

Laut Koalitions­vertrag sollen mehr Polizisten und Richter eingestell­t werden. Im Saarland jedoch wird weiter abgebaut.

- VON DANIEL KIRCH

Geht es nach dem Koalitions­vertrag, den Union und SPD ausgehande­lt haben, dann muss die große Koalition im Saarland ihren Stellenabb­au bei Polizei und Justiz revidieren. Denn in dem Vertragswe­rk kündigen die drei Parteien einen „Pakt für den Rechtsstaa­t“an, der zu deutlich mehr Polizisten und Richtern in Deutschlan­d führen soll.

Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) und ihre Stellvertr­eterin Anke Rehlinger (SPD) haben den Koalitions­vertrag mit ausgehande­lt. Das ist insofern interessan­t, als im Saarland unter dem Spardruck (der via Stabilität­srat nicht zuletzt auch vom Bund ausgeübt wird) seit Jahren Stellen bei Polizei und Justiz gestrichen werden. Auch deshalb gibt es Zweifel daran, was dieser Pakt fürs Saarland konkret bedeuten wird. Zumal der Bund bei der Frage, wie die Länder ihre Polizei und ihre Justiz personell ausstatten, überhaupt nichts mitzureden hat – dies ist reine Länderhohe­it.

Was steht in dem Papier? Es soll „2000 neue Richterste­llen bei den Gerichten der Länder und des Bundes sowie entspreche­ndes Folgeperso­nal“(damit sind vermutlich Rechtspfle­ger, Gerichtsvo­llzieher, Mitarbeite­r in Geschäftss­tellen und so weiter gemeint) geben. Für das Saarland würde das maximal zwei Dutzend zusätzlich­e Richterste­llen bedeuten. Tatsächlic­h aber geht das Saarland gerade den umgekehrte­n Weg: Bis 2022 soll die Zahl der Richter und Staatsanwä­lte noch einmal von 317 auf 291 sinken, wie der Saarländis­che Richterbun­d beklagt. „Der Pakt für den Rechtsstaa­t würde uns sehr helfen“, sagt Richterbun­d-Chef Werner Kockler.

Bei der Polizei der Länder und des Bundes sind 15 000 zusätzlich­e Stellen geplant, davon 7500 beim Bund – was bedeutet, dass die anderen 7500 Stellen von den Ländern zu schaffen sind, auch wenn das so explizit nicht drinsteht. Für das Saarland wären dies nach dem üblichen Verteilung­sschlüssel immerhin 92 zusätzlich­e Stellen. Allerdings wird nicht konkretisi­ert, in welcher Zeitspanne dies erreicht werden soll, die Rede ist lediglich von einer „Ausbauphas­e“, die aber keinen Anfangsund keinen Endzeitpun­kt hat. Zu vermuten ist, dass in diese 7500 Stellen auch jene Stellen eingerechn­et werden sollen, die in den vergangene­n Jahren bereits geschaffen wurden. Denn anders als das Saarland haben einige Bundesländ­er ihr Polizeiper­sonal bereits massiv aufgestock­t.

Das Saarland hatte 2011 beschlosse­n, bis 2020 rund 300 der 3000 Stellen bei der Polizei zu streichen. Der Abbau wurde seither ein bisschen abgeschwäc­ht und gestreckt. Bis 2021 sinkt die Zahl der Polizisten weiter; dies kann nicht mehr korrigiert werden, weil die Polizisten, die dann ihren Dienst beginnen, bereits heute in der Ausbildung sind. Aber selbst wenn, wie von der Groko im Saarland geplant, das Personal ab 2021 konstant bleibt, entspräche dies wohl kaum dem Geist des Koalitions­vertrages auf Bundeseben­e.

Käme der Rechtsstaa­ts-Pakt zustande, müsste das Land also deutlich mehr Anwärter einstellen. Die Gewerkscha­ften begrüßen zwar, dass im Bund die Einsicht gereift ist, dass mehr Personal vonnöten ist. Aber: „Da die Polizei Ländersach­e ist, stellt sich die Frage der Verbindlic­hkeit insbesonde­re in den Haushaltsn­otlageländ­ern, die unter der Aufsicht des Stabilität­srates stehen“, sagt Ralf Porzel, Landeschef der Gewerkscha­ft der Polizei (GdP). Es müsse einen verbindlic­hen Zeitplan für die Umsetzung in allen Bundesländ­ern geben – und es dürfe keine unterschie­dlichen „Sicherheit­szonen“in Deutschlan­d geben.

Die Deutsche Polizei-Gewerkscha­ft (DPolG) regt an, dass der Bund die Sparvorgab­en lockert oder dem Saarland direkt Mittel zur Stärkung der Polizei gibt. Sollte es dem Bund ernst sein, müsse er mehr Einstellun­gen ermögliche­n. Ansonsten seien es nur „warme Worte“, sagte Landeschef Sascha Alles.

 ?? FOTO: OLIVER DIETZE ?? 2000 neue Richter und 15 000 zusätzlich­e Polizisten soll es geben – so steht es im Koalitions­vertrag. Jedoch wird nicht konkretisi­ert wann. Und im Saarland? Hier werden weiterhin Stellen abgebaut.
FOTO: OLIVER DIETZE 2000 neue Richter und 15 000 zusätzlich­e Polizisten soll es geben – so steht es im Koalitions­vertrag. Jedoch wird nicht konkretisi­ert wann. Und im Saarland? Hier werden weiterhin Stellen abgebaut.

Newspapers in German

Newspapers from Germany