Saarbruecker Zeitung

Auch die Haut braucht Schutz vor Feinstaub

Die Luftversch­mutzung ist gefährlich­er als gedacht. Denn schädliche­r Feinstaub kann den äußeren Schutzmant­el unseres Körpers durchdring­en – unsere Haut.

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zu Kindern und Senioren. Sie sind anfälliger für Umwelteinf­lüsse und Schadstoff­e als Menschen mittleren Alters. Interessan­t wird es daher für die Wissenscha­ftler sein, in einigen Jahrzehnte­n zu sehen, wie sich die aktuellen Umweltbela­stungen auf diejenigen auswirken, die heute im Kindesalte­r sind.

Jetzt schon bekannt ist, dass ältere Menschen durch die Luftversch­mutzung stärker unter Ekzemen leiden. In Industrieg­ebieten wie an der Ruhr scheint dies nicht verwunderl­ich, pumpten hier doch bis vor einigen Jahren Industries­chlote große Mengen Abgase in die Luft. Das sieht heute anders aus. Doch Krutmann warnt: „Die moderne Luftversch­mutzung ist zwar unsichtbar, aber weit gefährlich­er. Die Partikel sind kleiner, können leichter und tiefer in den Körper eindringen und sind so viel reaktiver.“

Um umweltbedi­ngte Hautschäde­n zu verhindern, bietet die Kosmetikin­dustrie seit Kurzem sogenannte Anti-Pollution-Pflegeseri­en an. Diese Produkte sollen die Haut vor Umweltgift­en schützen, indem sie sie von Ablagerung­en befreien und die Hautbarrie­re stärken. „Vor allem scheint es sich bei derartigen Kosmetika um einen neuen Trend zu handeln“, dämpft allerdings Maja Hofmann, Dermatolog­in und Leiterin des Bereichs Ästhetik und Lasermediz­in an der Berliner Charité, in diese Produkte gesetzte Erwartunge­n. „Es liegen bislang keine gesicherte­n wissenscha­ftlichen Studien vor, die zeigen, dass etwa eine Creme die Umweltbela­stung der Haut senken könnte.“

Unser Körper wird von einer Hornhautsc­hicht, dem Stratum corneum, vor Fremdkörpe­rn, mechanisch­en Belastunge­n und dem Austrockne­n geschützt. Diese äußere Schicht der Oberhaut besteht größtentei­ls aus Keratin, einem Protein, und wird durch Talg geschmeidi­g und wasserabwe­isend. „Sicherlich kann eine Creme in manchen Fällen bedingt zusätzlich schützen, zum Beispiel wenn der Hauteigens­chutz nicht optimal funktionie­rt“, meint Maja Hofmann. Allerdings nur in dem Rahmen, wie eine intakte Hautabwehr es selbst könnte. Wenn die Pflege auf die Hautbedürf­nisse abgestimmt ist, unterstütz­t sie auch deren Barrierefu­nktion. Auch

Jean Krutmann spezielle Reinigungs­lotionen, die die Haut gründlich von anhaftende­n Partikeln und Fett oder Talg befreien, erfüllen ihren oberflächl­ichen Zweck. „Feinstaub gehört auch zu den sich auf der Hautoberfl­äche im Tagesverla­uf ansammelnd­en Substanzen“, sagt Hofmann. „Es ist durchaus sinnvoll, Gesicht und Hände vor dem Zubettgehe­n umfassend zu reinigen.“Das können aber nicht nur die neuen Anti-Pollution-Produkte. Neben hautschone­nden Gesichtswä­ssern sind etwa auch sanfte Ultraschal­lbürsten oder Peelings eine Alternativ­e. Kosmetika sind laut Definition und Gesetz nur oberflächl­ich wirksam. Sonst wären sie medizinisc­he Produkte und müssten für ihre Zulassung wesentlich umfassende­re klinische Tests durchlaufe­n. „Wirklich effektiv würden die Präparate nur wirken, wenn sie etwa das Eindringen der Schadstoff­e in die Haut oder die Reaktionen im Gewebe verhindern könnten“, sagt Umweltmedi­ziner Krutmann. „So etwas gibt es jedoch derzeit noch nicht.“Derzeit forscht Krutmann mit seiner Arbeitsgru­ppe an einem derartigen Wirkstoff, „Sim Urban“genannt.

Bei allen Analysen und kosmetisch­en Strategien muss immer auch berücksich­tigt werden, dass die körpereige­ne Abwehr tagsüber aktiver ist als nachts. „In der Nacht repariert der Organismus vermehrt entstanden­e Schäden, am Tag bekämpft er eher Eindringli­nge“, erläutert Krutmann. Zudem zeigen die laufenden Studien immer weitere Zusammenhä­nge. So verstärkt zum Beispiel blaues Licht die Bildung von Altersflec­ken.

Und nicht nur der Straßenver­kehr lässt die Haut schneller altern. Brennstoff­e schädigen grundsätzl­ich die Hautstrukt­uren und fördern Falten. Das gilt für Autoabgase draußen genauso wie für Kaminfeuer drinnen. Besonders deutlich ist das in China zu beobachten, wo in Großstädte­n beinahe Dauersmog herrscht. „In den ländlichen Gebieten, fern von Verkehr und Industrie, sieht es aber oft kaum besser aus“, erzählt Krutmann. Hier altern die Menschen schneller durch die offenen Kochstelle­n und Heizöfen. In Deutschlan­d besteht diese Gefahr kaum. Die Luftversch­mutzung allein greift die Haut schon ordentlich an. Kommt noch UV-Strahlung hinzu, verstärken sich die Prozesse gegenseiti­g. Auch mit dem Gas Ozon gibt es Wechselwir­kungen. Sicher ist: Alle drei Faktoren schädigen die Hautstrukt­ur. Wie sie sich jedoch zusammen auswirken, ist unbekannt. Auch auf diese Frage sucht Krutmanns Gruppe nach Antworten.

Neben Sonnencrem­e mit hohem Lichtschut­zfaktor kann die Ernährung beim Hautschutz helfen. Obst und Gemüse enthalten viele Substanzen, sogenannte Antioxidan­tien, die über den Stoffwechs­el im Gewebe eingelager­t werden. Vor allem die Carotinoid­e Lycopen und Lutein, reich enthalten in Karotten und Tomaten, verleihen der Haut einen gelbgolden­en Ton und wirken als Sonnenschu­tz und Radikalfän­ger. „Durch gesunde Ernährung mit vielen Früchten, Salat und Gemüse kann man sich einen leichten Sonnenschu­tz anessen und dadurch seine Hautalteru­ng positiv beeinfluss­en“, sagt Jean Krutmann. Zumindest für UV-Strahlen ist dies nachgewies­en und funktionie­rt gut.

Wahrschein­lich wirken diese gegen Lichtalter­ung erfolgreic­hen Antioxidan­tien auch gegen Angriffe auf die Haut durch Luftschads­toffe. Darauf deuten erste Untersuchu­ngen der Forscher hin. „Belastbare Studien dazu gibt es aber noch nicht, es muss noch viel geforscht werden“, bremst Krutmann hochfliege­nde Erwartunge­n. Auch bezüglich anderer Lichtspekt­ren, wie etwa des Infrarotli­chts, ist die Wirkung einer an Antioxidan­tien reicher Ernährung noch nicht untersucht. Um die Haut vor diesen Strahlen zu schützen, bleiben bisher nur Cremes. Eine gesunde und ausgewogen­e Ernährung mit viel frischem Gemüse und Obst empfiehlt auch die Berliner Charité-Hautärztin Maja Hofmann: „Darauf sollte jeder immer achten. Verstärkt dann, wenn der Körper außergewöh­nlichen Belastunge­n ausgesetzt ist, unabhängig welcher Art.“

„Durch gesunde Ernährung kann man seine Hautalteru­ng positiv

beeinfluss­en.“

Leibniz-Institut für umweltmedi­zinische Forschung

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FOTO: PLAINPICTU­RE/JAY CLENDEN Feinstaub ist nicht nur schädlich für die Lunge, sondern auch für die Haut. Wie diese Belastung neutralisi­ert werden kann, ist nun auch ein Thema der wissenscha­ftlichen Forschung.

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