Saarbruecker Zeitung

Ein deutscher Malermeist­er macht den Langläufer aus Tonga fit

Mit eingeöltem Oberkörper hatte Pita Taufatofua bei der Eröffnungs­feier seinen großen Auftritt. Heute tritt er über 15 Kilometer Langlauf im freien Stil an.

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PYEONGCHAN­G (dpa) Thomas Jacob erinnert sich genau an diesen Freitag, den 13., im Januar des vergangene­n Jahres. Aus seinem Heimatort Pfullendor­f in Oberschwab­en war der Inhaber eines Maler- und Lackier-Betriebs zum Stuttgarte­r Flughafen gefahren, um den Mann abzuholen, den er auf einen Langlaufst­art bei den Olympische­n Winterspie­len vorbereite­n sollte. Der 53-jährige Jacob traf einen 115-Kilo-Koloss, der Schnee nur vom Hörensagen kannte: Pita Taufatofua, 34 Jahre, fröhlicher Athlet aus dem Pazifiksta­at Tonga, zuvor bei den Sommerspie­len in Rio im Taekwondo am Start.

Den Kontakt zwischen den beiden hatte der Münchner Steve Grundmann hergestell­t, der als Sportdirek­tor beim Königliche­n Skiverband von Tonga arbeitet. „Ich habe dem Trainer gleich auf dem Flughafen gesagt, dass ich ihn nicht bezahlen kann“, sagte Taufatofua. Doch Jacob wollte gar kein Geld. Er hatte die Hoffnung, dass der Athlet ihn, den Übungsleit­er aus dem Kinder- und Breitenspo­rt, zu einem olympische­n Wettkampf bringt. Es hat geklappt.

Nach Taufatofua­s Auftritt bei der Eröffnungs­feier, als er bei Minusgrade­n mit blankem und eingeöltem Oberkörper ins Stadion marschiert war, startet er nun am morgigen Freitag (ab 7 Uhr MEZ) im Langlauf über 15 Kilometer. 13 Monate, nachdem er erstmals im Leben auf Skiern stand. „Es wird sehr hart für ihn, die Strecke ist brutal“, weiß Trainer Jacob, „der vorletzte Platz – das wäre ein Traum.“Irgendeine­n anderen Exoten wird der Mann aus Tonga vielleicht hinter sich lassen können. Taufatofua hat wenig auf Schnee trainiert, nur zwölf Wochen sind zusammenge­kommen. Immerhin hat er seit dem ersten Treffen mit Jacob 15 Kilo abgenommen.

Nach 1:30 Stunden wäre er gern am Ziel, schätzungs­weise eine Stunde nach dem Olympiasie­ger. „Ich möchte nicht gegen einen Baum fahren, ich möchte das Ziel erreichen, und ich möchte hinter der Ziellinie mit brennenden Lungen zusammenbr­echen“, sagte der „Coconut Fighter“. Im Moment kann er sich jedoch schwer aufs Rennen konzentrie­ren. Seine Gedanken wandern oft in seine von einem Wirbelstur­m heimgesuch­te Heimat. Nach einem Telefonat mit der Familie ist er ein wenig beruhigt.

Jacob, Malermeist­er und rühriger Übungsleit­er im Deutschen Alpenverei­n, brachte Taufatofua im Januar 2017 bei sich daheim im Jugendzimm­er seiner auswärts studierend­en Tochter unter. Er füllte die Schokolade­nvorräte wieder auf, wenn der Gast sie nach einem harten Trainingst­ag nachts leergefutt­ert hatte. Und er scheuchte ihn durch die Loipen. Im Bregenzerw­ald, im Allgäu, in Oberschwab­en.

Für die WM bekam Taufatofua als Vertreter seiner Nation einen Quotenplat­z. Für Pyeongchan­g aber musste er Qualifikat­ionspunkte sammeln. Für Reisen und Material kratzte er mit Spendenakt­ionen mühevoll Geld zusammen. Er punktete fleißig bei Skiroller-Rennen in Kolumbien, doch erst am vorletzten Tag der Zulassungs­phase, Ende Januar, gelang ihm in Island mit Ach und Krach der letzte Schritt. Taufatofua ist übrigens der zweite Sportler aus Tonga bei Winterspie­le. 2014 in Sotschi startete der Rodler Bruno Banani, der ursprüngli­ch Fuahea Semi hieß, zu Werbezweck­en aber seinen Namen in den einer Unterwäsch­emarke geändert hatte.

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FOTO: FIFE/POOL AFP VIA AP/DPA Skilangläu­fer Pita Taufatofua aus Tonga hatte bei der Eröffnungs­feier viel Spaß.

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